Mittwoch, 10. März 2010

Jenseits

Falls die Freuden, die du mir für das künftige Leben versprichst, von gleicher Art sind, wie ich sie hienieden empfunden habe, sind sie nicht unvergänglich. Selbst wenn all meine fünf Sinne vor Wonne überflössen und meine Seele von aller Glückseligkeit ergriffen würde, die sie sich zu wünschen und zu erhoffen vermag, wäre das immer noch nichts (denn wir wissen ja, wie schwach und unzulänglich ihre Kräfte letztlich sind).
Bleibt darinnen etwas nur, das mein,
kann nichts Göttliches darinnen sein.
Wenn es sich um nichts anderes handelt als das, was uns auch unsre jetzige Seinsweise ermöglicht, zählt es nicht.
Alles Glück der Sterblichen ist sterblich.
Solang uns etwa das Wiedersehn mit unseren Eltern, unseren Kindern und unsren Freunden im Jenseits noch zu rühren noch zu ergötzen vermag - solang wir noch an solchen Freuden hängen, bleiben wir im Bereich der irdischen und endlichen Güter.

Montaigne, Essais II/12

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