Montag, 17. Dezember 2018

Weihnachtserzählung

Selbst wenn Christus nur das Sujet einer großen Erzählung wäre - die Tatsache, daß diese Erzählung von ungefiederten Zweibeinern, die nur wissen, daß sie nichts wissen, erdacht und gewollt werden konnte, wäre ebenso wunderbar (wunderbar geheimnisvoll), wie daß der Sohn eines wirklichen Gottes wahrhaftig Mensch geworden sein soll. Dieses natürliche und irdische Mysterium würde nicht aufhören, die Herzen der Nichtgläubigen zu verwirren und zu veredeln.
Umberto Eco

Samstag, 15. Dezember 2018

Alles Symbole

   Und so wird denn im allgemeinen auch das Göttliche symbolisiert mit Hilfe von etwas, das es nicht ist: Die göttlichen Attribute sind und bleiben bloß menschliche Eigenschaften - wo nicht gar allzu menschliche Eigenschaften. Gott bleibt es nicht erspart, auf eine mehr oder weniger anthropomorphe Art und Weise symbolisiert zu werden. Sollten wir daraufhin das Recht haben, alles Religiöse aufgrund all der anthropomorphen Zutaten in Bausch und Bogen zu verwerfen? Ist es nicht vielmehr so, daß die (sowieso asymptotische) Annäherung an das Geheimnis und Rätsel der letzten Wahrheit eher auf dem symbolischen Wege als auf einem bloß abstrakten etwas hergibt? Konrad Lorenz - jawohl, Konrad Lorenz! - war es, der im Rahmen eines Fernsehinterviews wörtlich sagte: » Wenn Sie global den Wahrheitsgehalt einer Weltanschauung betrachten, den Wahrheitsgehalt der Hinterhuberbäuerin in Grünau und den Wahrheitsgehalt der Weltanschauung von B. F. Skinner, so kommen Sie drauf, daß die Bäuerin, die an die unbefleckte Empfängnis Mariens und an den lieben Gott und alle Heiligen glaubt, der Wahrheit näher ist als der Behaviorist.«!
…..
So ergibt sich denn, daß sich die Religion sehr wohl als ein System von Symbolen definieren ließe - von Symbolen für etwas, das sich nicht mehr in Begriffen einfangen und dann in Worten ausdrücken läßt; aber ist nicht das Bedürfnis, Symbole zu prägen beziehungsweise zu gebrauchen, ein fundamentales Merkmal und Kennzeichen der condition humaine? Oder ist nicht die Fähigkeit zu sprechen beziehungsweise die Fähigkeit, das Gesprochene zu verstehen, ein konstitutives Charakteristikum des Menschseins? Es mag also durchaus legitim sein, die einzelnen Sprachen, wie sie die Menschheit im Laufe ihrer Geschichte entwickelt hat, als je ein »System von Symbolen« zu definieren.
…..
Unsere Auffassung von Religion - Religion im weitesten Sinne des Wortes - hat nur noch herzlich wenig zu tun mit konfessioneller Engstirnigkeit und deren Folge, religiöser Kurzsichtigkeit, die in Gott anscheinend ein Wesen sieht, das im Grunde nur auf eines aus ist, und das ist: daß eine möglichst große Zahl von Leuten an ihn glaubt, und überdies noch genau so, wie eine ganz bestimmte Konfession es vorschreibt. »Glaubt nur«, sagt man uns, »und alles wird okay sein.« Ich kann mir aber nicht vorstellen, daß es sinnvoll ist, wenn eine Kirche von mir verlangt, daß ich glaube. Ich kann doch nicht glauben wollen - ebensowenig wie ich lieben wollen, also zur Liebe mich zwingen kann, und ebensowenig, wie ich mich zur Hoffnung zwingen kann, nämlich gegen besseres Wissen. Es gibt nun einmal Dinge, die sich nicht wollen lassen - und die sich daher auch nicht auf Verlangen, auf Befehl herstellen lassen. Um ein einfaches Beispiel beizubringen: Ich kann nicht auf Befehl lachen. Wenn jemand will, daß ich lache, dann muß er sich schon dazu bequemen, mir einen Witz zu erzählen. Analog verhält es sich aber auch mit der Liebe und dem Glauben; sie lassen sich nicht manipulieren. Als intentionale Phänomene, die sie sind, stellen sie sich vielmehr erst dann ein, wenn ein adäquater Inhalt und Gegenstand aufleuchtet. Wollen Sie jemanden dazu bringen, daß er an Gott glaubt, dann müssen Sie ihm Gott glaubhaft (» believable«) machen - und vor allem müssen auch Sie selbst glaubwürdig (»credible«) wirken.
…..
Sprach ich nicht von einer Religiosität, aus der heraus jeder zu seiner persönlichen Sprache findet, wenn er sich an Gott wendet? Tatsächlich gipfelt die Ich-Du-Beziehung, in der Martin Buber bekanntlich das Wesen der geistigen Existenz sieht, im Gebet, im besonderen in dessen dialogischer Struktur. Nur daß wir berücksichtigen müssen, daß es nicht nur ein inter-personales, sondern auch ein intra-personales Sprechen gibt, nämlich die Zwiesprache mit sich selbst, das Selbstgespräch. … Gott ist der Partner unserer intimsten Selbstgespräche. Das heißt praktisch: Wann immer wir ganz allein sind mit uns selbst, wann immer wir in letzter Einsamkeit und in letzter Ehrlichkeit Zwiesprache halten mit uns selbst, ist es legitim, den Partner solcher Selbstgespräche Gott zu nennen - ungeachtet dessen, ob wir uns nun für atheistisch oder gläubig halten. Diese Differenzierung wird eben im Rahmen einer operationalen Definition irrelevant. Unsere Definition verbleibt im Vorfeld der Aufgabelung in die theistische beziehungsweise in die atheistische Weltanschauung. Eine Differenz macht sich erst bemerkbar, sobald das eine Lager darauf besteht, daß es sich eben um Selbstgespräche und nichts als Selbstgespräche handelt, während das andere Lager zu wissen glaubt, daß der Mensch  - mag er sich nun dessen bewußt sein oder nicht - eben »Zwie«-Sprache hält mit jemandem, und zwar jemand anderem als seinem Selbst. Aber ist es denn wirklich so wichtig, ob die »letzte Einsamkeit« eine bloße Schein-Einsamkeit ist oder nicht? Ist nicht vielmehr das einzig Wichtige, daß sie eben die »letzte Ehrlichkeit« zustande bringt? Denn sollte es Gott geben, so bin ich sowieso davon überzeugt, daß er es nicht weiter übelnehmen wird, wenn ihn jemand mit dem eigenen »Selbst« verwechselt und ihn daraufhin einfach umbenennt.
…..
Solches Denken ist jedoch allemal auf Symbole angewiesen, und die einzelnen Religionen beziehungsweise Konfessionen sind je ein System von Symbolen. Insofern gleichen sie den einzelnen Sprachen.

V. E. Frankl

♬♬♬♬ Eine Antwort auf eine lange offene Frage! ♫♫♫♫

Montag, 10. Dezember 2018

Die Weiden

Ja, es gab politische Opern, die das Volk aufrüttelten und etwas bewirkten, wie die vom frühen Verdi und von D. Auber. Diese hier (in der Wiener Staatsoper) ist eine arrogant/larmoyante Klage der saturierten linken Eliten über eine ihnen mißliebige Entwicklung, die sie selber angestoßen haben. Aber das können sie nie zugeben, weil ihnen die Selbstbeweihräucherung die Sicht vernebelt.

Sonntag, 2. Dezember 2018

Gstanzl

Gestern auf d Nacht
hab i lacha müassn,
hab gmoant, i habs Mensch
war aber d' Katz bein Füaßn.

Innviertler G'stanzl

Dienstag, 20. November 2018

Meta Physik

Schopenhauer-Metaphysik

Die kosmogonischen Betrachtungen geben uns zunächst zu zwei metaphysischen Anlaß. Erstlich, daß im Wesen aller Dinge eine Zusammenstimmung begründet ist, vermöge welcher die uranfänglichsten, blinden, rohen, niedrigsten Naturkräfte, von der starrsten Gesetzlichkeit geleitet, nichts Geringeres zustande bringen als das Grundgerüst einer Welt, mit bewunderungswürdiger Zweckmäßigkeit zum Entstehungsort und Aufenthalt lebender Wesen eingerichtet, in der Vollkommenheit, wie es die besonnenste Überlegung, unter Leitung des durchdringendsten Verstandes und der schärfsten Berechnung, nur irgend vermocht hätte. Die zweite durch jene Kosmogonie veranlaßte metaphysische Betrachtung ist eben, daß selbst eine so beträchtlich weit reichende physische Erklärung der Entstehung der Welt dennoch nie das Verlangen nach einer meta physischen aufheben, oder die Stelle derselben einnehmen kann. Im Gegenteil, je weiter man der Erscheinung auf die Spur gekommen ist, desto deutlicher merkt man, daß man es nur mit einer solchen und nicht mit dem Wesen der Dinge an sich selbst zu tun hat. Damit meldet sich denn das Bedürfnis einer Metaphysik.

Vielmehr werden die größten Fortschritte der Physik das Bedürfnis einer Metaphysik immer fühlbarer machen.

Die Physik vermag nicht auf eigenen Füßen zu stehen, sondern bedarf einer Metaphysik, sich darauf zu stützen, so vornehm sie auch gegen diese tun mag. 

A. Schopenhauer


            Heute müsste man das Wort "vornehm" wohl durch "überheblich" ersetzen.

Samstag, 10. November 2018

Die Besseren

Eines will mir - aus gegebenen Anlass - nicht aus dem Sinn: Es waren die gebildeten, akademischen, urbanen Eliten, welche 1914 den Ausbruch des Krieges frenetisch bejubelt (und später dann die Propaganda besorgt) haben, und weniger die Bauern und Arbeiter. So was kann nicht wieder vorkommen? Nun, in Ermangelung äußerer Feinde nimmt man eben innere. Und diesmal wird die Presse  die Waffen segnen.
Allenthalben wird von diesen Eliten der Rechtsruck beklagt. Die Frage nach dem WARUM darf man nicht stellen, am wenigsten jenen, die am lautesten lamentieren. Hier  eine mögliche Erklärung

Die Wiener Soziologin Laura Wiesböck analysiert in ihrem eben erschienenen Buch ,,In besserer Gesellschaft" unter anderem die wahren Toleranzgrenzen des gebildeten akademischen Milieus.

Donnerstag, 1. November 2018

Ad Merkel

"Zuviel Gutes schadet der Welt".
Charles Chaplin als M. Verdoux

More precisely:
Reporter: What's all this talk about good and evil?

Henri Verdoux: Arbitrary forces, my good fellow. Too much of either will destroy us all.

Samstag, 20. Oktober 2018

Fiaker

WZ 18.10.2018

Montag, 15. Oktober 2018

Misstraut den Grünen!


"Also aber rate ich euch, meine Freunde:
      Mißtraut allen denen, die viel von ihrer Gerechtigkeit reden!

          Mißtraut allen, in welchen der Trieb zu Strafen mächtig ist!"
F. Nietzsche


Die Gundelhuber


… festgestellt, er sei „im Grunde ein guter Mensch“, und die Entgegnung wischt diese Entschuldigung beiseite: ,,Das will wenig sagen, es gibt wenig böse Menschen, und doch geschieht so viel Unheil auf der Welt; der größte Teil dieses Unheils kommt auf Rechnung der vielen, vielen guten Menschen, die weiter nichts als gute Menschen sind.“

Dienstag, 9. Oktober 2018

Priority


Leserbrief in der WZ vom 9.10.2018
🤔

Nire euskal ametsa.








Mittwoch, 3. Oktober 2018

der Glaube an Schutzzölle

 Wenn ich eine Ware produziere und verkaufe, dann sind zwei Klassen der Menschheit für mich besonders wichtig, nämlich meine Konkurrenten und meine Kunden. Meine Konkurrenten schaden mir, und meine Kunden nützen mir. Meine Konkurrenten sind erkennbar und vergleichsweise gering an Zahl, während meine Kunden weit verstreut und mir größtenteils unbekannt sind.  Ich neige daher dazu, mir meiner Konkurrenten stärker bewußt zu werden als meiner Kunden. Das mag innerhalb meiner eigenen Gruppe nicht zutreffen, wird aber nahezu bestimmt der Fall sein, wenn es sich um eine ausländische Gruppe handelt, so daß die Auffassung entsteht, ausländische Gruppen hätten Wirtschaftsinteressen, die unseren eigenen zuwider laufen. Hier hat der Glaube an Schutzzölle seinen Ursprung. In fremden Völkern sieht man eher Konkurrenten auf dem Gebiet der Produktion als mögliche Kunden, so daß die Menschen bereit sind, ausländische Absatzmärkte preiszugeben, um die ausländische Konkurrenz zu verhindern. In einer kleinen Stadt gab es einmal einen Fleischer, der in Wut geriet, weil ihm die anderen Fleischer die Kundschaft entzogen. Um sie zu ruinieren, bekehrte er die ganze Stadt zum Vegetarismus und wunderte sich, als er schließlich sich selbst auch ruiniert sah. Die Torheit dieses Mannes wirkt unglaubhaft, und doch handelte er nicht törichter als alle Großmächte. Sie haben alle gemerkt, daß der Außenhandel andere Nationen bereichert, und haben durchwegs Zölle erhoben, um den Außenhandel zu unterbinden. Und es hat sie alle überrascht, daß sie sich mit selbst ebenso schädigten wie ihre Konkurrenten. Keiner hat sich daran erinnert, daß der Handel ein wechselseitiges Geschäft ist und daß eine fremde Nation, die an unsere eigene kauft, von ihr mittelbar oder unmittelbar auch kauft. Und konnten sich nicht daran erinnern, weil sie vor Haß auf die anderen Nationen unfähig sind, klar zu denken, wenn es um Handelsverkehr mit dem Ausland geht. 

B. Russell, "Lob des Müßiggangs".

Montag, 24. September 2018

Kunst des Alterns

Aus  »Die Kunst des Alterns«  von Betrand Russell: 
»Man sieht alte Menschen, die sich von der Furcht vor dem Tod bedrücken lassen. Bei den Jungen ist diese Furcht gerechtfertigt. Junge Menschen, die sich mit gutem Grund vor dem Tod im Krieg fürchten, haben recht, wenn sie mit Bitterkeit daran denken, daß sie des Besten, was das Leben zu bieten hat, beraubt werden könnten. Aber bei einem alten Menschen, der alle Freuden und Leiden kennengelernt und sein Werk, so gut er konnte, vollbracht hat, mutet die Todesfurcht irgendwie verächtlich und unwürdig an. Die beste Möglichkeit, sie zu überwinden, ist - so jedenfalls will es mir scheinen -, seinen Interessenkreis stetig zu erweitern, die Grenzen des Ichs langsam hinauszurücken, bis schließlich das persönliche Leben in dem des gesamten Universums aufgeht. Eine individuelle Existenz ist wie ein Fluß, der, noch klein an der Quelle, eng in seinem Bachbett fließt, sich über Felsen wirft und in Wasserfällen hinunterstürzt. Langsam wird der Fluß breiter, die steilen Ufer verschwinden, das Wasser strömt ruhiger, vereint sich schließlich ohne offensichtlichen Wechsel mit dem Meer und verliert unspürbar die eigene Existenz. Wer im Alter sein Schicksal so betrachten kann, wird den Tod nicht mehr fürchten. « 
Das sind die schönsten Sätze über das Alter, die ich kenne.

https://kumpfuz.blogspot.com/2010/11/alter-nativen.html
http://kumpfus.blogspot.com/2008/01/neige.html

Sonntag, 23. September 2018

Polgar-Findlinge


 »Ich habe nur eine idée fixe: es gibt nur eine idée flexible!«
 °°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°
  » ... auch  das Dämonische und das Gewaltige verführen; und auch der Schrecken, ins Großartige gesteigert, hat seine Anziehungskraft. Vielleicht ist es zum Zweck des  "Nie wieder Krieg" besser, von der Erbärmlichkeit, der erstickenden Dummheit und Dumpfheit, der grenzenlosen, infernalischen Lächerlichkeit jener räudigen Zeit (die die  »große« genannt wurde) zu sprechen, als von ihren Greueln.«
...gefunden in der Polgar-Biographie von U. Weinzierl. 

Philosophie

»Es ist weder gut, die von der Philosophie aufgeworfenen Fragen zu vergessen, noch uns einzureden, daß wir zweifelsfreie Antworten dafür gefunden haben.  Leben, ohne Gewißheit zu besitzen und sich von der Unsicherheit dennoch nicht lähmen zu lassen, das ist vielleicht das Wesentliche, was die Philosophie ihren Jüngern heutzutage beibringen kann.«
B. Russell.


Siehe auch:  https://kumpfuz.blogspot.com/search?q=Zweifel und http://kumpfus.blogspot.com/2008/01/hheres.html#links

Vorteile

An die Moral zu appellieren fällt dabei niemandem schwer. Und es hat viele Vorteile. Es kostet nichts, und es lässt einen selbst in gutem Licht erscheinen.
R. D. Precht

Freitag, 14. September 2018

Freitag, 7. September 2018

Mediezin

Duach di
Medizinischn
Adikln in da
zeidung
waas i jeztn
daas scho es
gebuanwean
ausgeschbrochn
schedlich is 

Ernst Kein, Weana Schbrüch

Mittwoch, 5. September 2018

Der wahre Wagner

Zitate zu Wagner-Biographen aus: Rudolph Sabor "Der wahre Wagner".
"So kann er, wenn er will - und manche wollten das - Richard Wagner als bedeutenden Künstler und unbedeutenden Menschen, oder als bedeutenden Künstler und bedeutenden Menschen, oder als unbedeutenden Künstler und unbedeutenden Menschen sehen. Oder er kann sein Steckenpferd satteln und Wagner als Nationalisten oder Sozialisten, als Judenfeind oder Judenfreund, als treuen oder ungetreuen Ehegatten, als Bahnbrecher Lenins oder Hitlers sehen.
Die Sackgassengefahr ist offensichtlich, und mancher Biograph hat wissentlich oder unwissentlich die ungeheure Masse der Dokumente dazu benutzt, Lorbeerkränze zu winden oder dem Wagner eins auszuwischen. Einseitige Materialauswahl und Materialauswertung ist Glatteis für Autor und Leser. Dort tummelt sich auch die Schar der Besserwisser. Das sind jene Quacksalber, die uns lehren, was Wagner zwar nicht geschrieben, was er aber in Wirklichkeit gemeint hat." 
In diese Schar reiht sich auch ein Urenkel Wagners, Gottfried W. ein, aber auch viele andere. Meine ziemlich umfangreiche Wagneriana-Bibliothek besteht zu mehr als der Hälfte aus Abhandlungen über Antisemitismus, die sich als Biographie tarnen.  >>> https://kumpfuz.blogspot.com/2013/05/wagners-antisemitismus.html#links
...und einige andere, unter dem Stichwort "Wagner" in diesem  Blog zu finden.


Ein weiterer "Fund" aus diesem Buch, ein Originalzitat von Wagner:
"Ich weiß, ich war hinreißend, ich machte die Menschen verrückt, dann lief ich ihnen weg, das geht durch mein ganzes Leben."
"Man lese dies zweimal, man lese dies dreimal." fügt der Autor hier an.

Dienstag, 28. August 2018

Regietheater bis


Die Regisseure heften sich ihre Buh's an die Brust wie die russischen Generäle ihre Orden. Speziell was das Musiktheater betrifft, so kalkulieren die Intendanten: Diejenigen, welche wegen der Musik kommen, kommen sowieso. Deshalb konzentrieren sie sich auf jene mit anderen Prioritäten. So was nennt man im Business eine klassische Win-win-Situation.
Ich persönlich gehe nicht in die Oper um des intellektuellen Vergnügens willen, sondern sitze oder stehe dort "...mit sinnlichem Interesse und geistiger Aufmerksamkeit" (Th. Mann) . Unbeschreiblich auf die Nerven gehen mir dabei "Regisseure, die nicht eigentlich ein Stück, sondern ihren Kommentar zum Stück inszenieren" (F. Dürrenmatt), auf wienerisch gesagt, mir irgendwas "einidruckn" wollen. 

Veröffentlicht in der WZ vom 7.9.2018:

  Ich stelle mir manchmal vor, was es für einen Aufschrei der Rezensenten-Zunft gäbe , würde man einen Alten Meister in einem Alu-Rahmen präsentieren. Aber es würden sich ganz bestimmt einige finden, die diesen "neuen Zugang" preisen.

Montag, 27. August 2018

Faustische Fundstücke

Faszinierende Formulierungen aus "Dr. Faustus" von Thomas Mann, zusammenhanglos aufgereiht.

« ...das fassungslose Tugend-Gebrüll einer Welt...»

« ... die schneidende Bezeichnung »streamlined« ... für ein Werk, das  mehr zu tun hat als  ...   mit moderner Schnittigkeit der Gesinnung.»


 « Er gehörte zu den Menschen, die immer zugreifen, berühren, anfassen müssen, den Oberarm, den Ellbogen, die Schulter. Er tat es sogar bei mir und sogar bei Frauen, die es meistens nicht ungern hatten.»

 «In meinen Antworten suchte ich ihn zu trösten mit dem Hinweis, wie schwer es dem Menschen falle, über seinen gegenwärtigen Zustand hinauszudenken, den er immer, gefühlsmäßig, wenn auch gegen die Vernunft, als sein bleibendes Los anzusehen geneigt sei, unfähig, sozusagen, um die nächste Ecke zu sehen, was vielleicht noch mehr für arge als für glückliche Zustände gelte.»

......was vielleicht mit der Schwerkraft zusammenhängt. 😉

Freitag, 10. August 2018

Edelzartbitter

Nur "Bitter" ist heute nicht mehr an den Mann zu bringen....

Donnerstag, 9. August 2018

AD INTERIM

Die, welche, mittelst Streben und Hoffen, nur in der Zukunft leben, immer vorwärts sehn und mit Ungeduld den kommenden Dingen entgegeneilen, als welche allererst das wahre Glück bringen sollen, inzwischen aber die Gegenwart unbeachtet und ungenossen vorbeiziehn lassen, sind, trotz ihren altklugen Mienen, jenen Eseln in Italien zu vergleichen, deren  Schritt dadurch beschleunigt wird, dass an einem, ihrem Kopf angehefteten Stock ein Bündel Heu hängt, welches sie daher stets dicht vor sich sehn und zu erreichen hoffen. Denn sie betrügen sich selbst um ihr ganzes Dasein, indem sie stets nur AD INTERIM leben, bis sie tot sind.
A. Schopenhauer

Mittwoch, 8. August 2018

Zum Glück III

Wir erkennen alsdann, dass das Beste, was die Welt zu bieten hat, eine schmerzlose, ruhige, erträgliche Existenz ist und beschränken unsre Ansprüche auf diese, um sie desto sicherer durchzusetzen. Denn, um nicht sehr unglücklich zu werden, ist das sicherste Mittel, dass man nicht verlange, sehr glücklich zu sein.
A. Schopenhauer

Dienstag, 7. August 2018

Ärgern

 Es wäre dumm, sich über die Welt zu ärgern. Sie kümmert sich nicht darum.

Marc Aurel


Montag, 6. August 2018

Geißel

Ich finde, von allen Geißeln ist die Angst die schlimmste. 
Voltaire

Dienstag, 31. Juli 2018

Wallungen

 Ich glaube nicht, daß Künstler die richtigen Leute sind, ihre Hervorbringungen zu interpretieren. Sie erzeugen sie im Zustande einer gewissen psychischen Wallung und sind also kaum imstande, sie objektiv zu beurteilen.
Paul Flora

Daran halten sich leider ganz wenige Künstler, vor allem die aus dem Literatur- und Theaterbetrieb fühlen sich bemüßigt - von den Medienleuten dazu aufgefordert, der Öffentlichkeit zu erklären, was sie ausdrücken wollten. Wahrscheinlich haben sie kein Vertrauen darauf, dass ihre "Hervorbringungen" für sich selber sprechen. Meistens haben sie auch recht damit. Am ärgsten finde ich Schauspieler und Sänger, die ihre politischen oder gar philosophischen "Gedanken" zur jeweiligen Rolle absondern.

Freitag, 27. Juli 2018

Zeitverlust

Im Augenblick seines Absterbens verliert der Mensch nicht nur das Bewußtsein, nicht nur das Bewußtsein der Zeit, sondern er verliert auch die Zeit selbst. Er verliert sie im Tode ganz genau so, wie er sie im Zeitpunkt seiner Geburt überhaupt erst gewinnt. Nur Dasein in Raum und Zeit und, in einem damit, im Leibe - nur solches Dasein »hat« die Zeit, »hat« eine Vergangenheit und eine Zukunft. Geistiges Sein jedoch, als geistiges, »ist« nicht »da«; es ist, im Gegensatz zum »da-sein«, ein Sein jenseits von Raum und Zeit.

Wo es keine Zeit, wo es weder Vergangenheit noch Zukunft gibt, dort verliert aber auch alles Gerede von »früher« oder »später«, »vor« oder »nach«, »prä« oder »post« seinen Sinn. Was »Prä-« oder »Post-« ist, ist eo ipso nicht »Existenz«. Geistige Existenz ist uns nicht anders bekannt als in Ko-existenz mit dem Psychophysicum. Jede Aussage über geistige Existenz jenseits dieser Ko-existenz, jenseits von Leib, Raum und Zeit, entbehrt des Sinnes. Wir können um geistige Existenz nur wissen, sobald und solange sie mit Leib und Seele ver-ein-t, sobald und solange sie durch Leib und Seele er-gänzt ist zur Einheit und Ganzheit des Wesens »Mensch«. Was darüber hinaus ist, was jenseits von Leib, Raum und Zeit ist, was sich im Bereich des reinen Seins abspielt - darum zu wissen ist unmöglich.

Daß so etwas wie eine »Seelen«-Wanderung unmöglich ist, haben wir gehört: wir sehen aber auch, daß ein Fortleben des Geistigen un»denkbar« ist: es kann nicht gedacht werden, es läßt sich nicht vorstellen. Dennoch könnte es möglich sein - und es ist nicht nur möglich, sondern auch notwendig; denn das Gegenteil davon wäre ja keinesfalls möglich: daß nämlich dasjenige, was wesentlich jenseits von Raum und Zeit ist, jemals sterben können sollte. In diesem Sinne schlage ich vor, an Stelle von Fortleben der Person von Überleben zu sprechen - aber nicht so, als ob damit gemeint wäre, daß die geistige Person ihren leiblich-seelischen Tod überlebt, sondern in dem Sinne, in welchem wir bereits einmal von »Übersinn« gesprochen haben - worunter wir »einen über menschliches Fassungsvermögen wesentlich hinausgehenden Sinn« verstanden haben -, also im Sinne eines über-Lebens, das heißt eines Modus des Lebens, von dem wir uns keinen Begriff mehr machen, den wir nicht mehr fassen können.
V.  E.  Frankl 

Es ist irgendwie beglückend, wenn man in der Literatur etwas ausgedrückt findet, das man selber zwar ähnlich gedacht, aber nie hätte formulieren können.

"Der Begriff "Leben nach dem Tod" hat eine zeitliche Dimension, die ich nicht für richtig halte. Ich glaube, dass es ein Leben außerhalb der materiellen Welt gibt. Es gibt eine geistige Welt außerhalb der materiellen Existenz. Aber mit Physik hat das nichts zu tun, sondern das ist nur meine persönliche Ansicht."

A. Zeilinger, Quantenphysiker

Mittwoch, 25. Juli 2018

Die Alpen

"Die Alpen sind zu groß, um uns zu etwas nützlich zu sein."
schrieb Gustave Flaubert im 19. Jhdt. 
Wenn der wüsste, dass heute hundert Tausende, wenn nicht Millionen, davon leben!

Freitag, 20. Juli 2018

Erfindungen

 "Die Leute erfinden einfach Dinge. Wir können es an immer mehr staatlich geförderter Propaganda beobachten. Wir sehen es an vom Internet verbreiteten erfundenen Geschichten. Wir sehen es an einer immer verschwommeneren Grenze zwischen Nachrichten und Unterhaltung. Und wir sehen es an dem völligen Verlust der Scham von politischen Führern, die bereits der Lüge überführt wurden und dann einfach noch mehr und weiter lügen. Nun, Politiker haben immer gelogen, aber früher, wenn man beim Lügen erwischt wurde, da hat man noch gedacht "Oh Mann". Aber heutzutage da lügen sie einfach weiter."

B. Obama

Montag, 16. Juli 2018

Intellectus

'Intellectus luminis sicci non est recipit infusionem a voluntate et affectibus.'

"Der Intellekt ist kein Licht, das ohne Öl brennt, sondern speist sich aus dem Willen und den Leidenschaften."


Schopenhauer zitiert F. Bacon


So ähnlich habe ich auch immer über die Verstandestiere gedacht:
https://kumpfus.blogspot.com/2008/01/business-class.html


Samstag, 14. Juli 2018

Meinungen

Die meisten denken mit Aristoteles: „Was vielen richtig scheint, das, sagen wir, ist“: ja, es giebt keine noch so absurde Meinung, die die Menschen nicht leicht zu der ihrigen machten, sobald man es dahin gebracht hat sie zu überreden, daß solche allgemein angenommen sei. Das Beispiel wirkt auf ihr Denken, wie auf ihr Thun. Sie sind Schaafe die dem Leithammel nachgehn, wohin er auch führt: es ist ihnen leichter zu sterben als zu denken. Es ist sehr seltsam daß die Allgemeinheit einer Meinung so viel Gewicht bei ihnen hat, da sie doch an sich selbst sehn können, wie ganz ohne Urtheil und bloß kraft des Beispiels man Meinungen annimmt....
Die Allgemeinheit einer Meinung ist, im Ernst geredet, kein Beweis, ja nicht einmal ein Wahrscheinlichkeitsgrund ihrer Richtigkeit. Die welche es behaupten, müssen annehmen 1) daß die Entfernung in der Zeit jener Allgemeinheit ihre Beweiskraft raubt: sonst müßten sie alle alten lrrthümer zurückrufen, die einmal allgemein für Wahrheiten galten: z.B. das Ptolemäische System, oder in allen protestantischen Ländern den Katholicismus herstellen: - 2) daß die Entfernung im Raum dasselbe leistet: sonst wird sie die Allgemeinheit der Meinung in den Bekennern des Buddhaismus, des Christenthums, und des Islams in Verlegenheit setzen.
Was man so die allgemeine Meinung nennt, ist, beim Lichte betrachtet, die Meinung Zweier oder Dreier Personen; und davon würden wir uns überzeugen, wenn wir der Entstehungsart so einer allgemeingültigen Meinung zusehn könnten. Wir würden dann finden, daß Zwei oder Drei Leute es sind, die solche zuerst annahmen oder aufstellten und behaupteten, und denen man so gütig war zuzutrauen, daß sie solche recht gründlich geprüft hätten: auf das Vorurtheil der hinlänglichen Fähigkeit dieser nahmen, zuerst einige Andre die Meinung ebenfalls an: diesen wiederum glaubten Viele andre, deren Trägheit ihnen anrieth, lieber gleich zu glauben, als erst mühsam zu prüfen. So wuchs von Tag zu Tag die Zahl solcher trägen und leichtgläubigen Anhänger: denn hatte die Meinung erst eine gute Anzahl Stimmen für sich; so schrieben die Folgenden dies dem zu, daß sie solche nur durch die Triftigkeit ihrer Gründe hätte erlangen können. Die noch Uebrigen waren jetzt genöthigt gelten zu lassen was allgemein galt, um nicht für unruhige Köpfe zu gelten, die sich gegen allgemeingültige Meinungen auflehnten, und naseweise Bursche, die klüger seyn wollten als alle Welt. Jetzt wurde die Beistimmung zur Pflicht.
Nunmehr müssen die Wenigen welche zu urtheilen fähig sind, schweigen: und die da reden dürfen, sind, solche, welche völlig unfähig eigne Meinungen und eignes Urtheil zu haben, das bloße Echo fremder Meinung sind: jedoch sind sie desto eifrigere und unduldsamere Vertheidiger derselben. Denn sie hassen am Andersdenkenden nicht sowohl die andre Meinung zu der er sich bekennt, als die Vermessenheit selbst urtheilen zu wollen; was sie ja doch selbst nie unternehmen und im Stillen sich dessen bewußt sind. - Kurzum Denken können sehr Wenige, aber Meinungen wollen Alle haben: was bleibt da anderes übrig als daß sie solche, statt sie sich selber zu machen, ganz fertig von Andern aufnehmen? 

Schopenhauer, Eristische Dialektik

https://kumpfus.blogspot.com/search?q=Regal

Regungen

„…die selbe Erscheinung erscheint diesmal angenehmer, jenes Mal unangenehmer. Jetzt bin ich zu allem aufgelegt, und jetzt wieder zu gar nichts; was mir zu dieser Stunde Spaß macht, wird mir zu einer andern zum Verdruss. Es gehen tausend unbedachte und zufällige Regungen in mir vor. Entweder es wandelt mich eine schwermütige oder wieder eine gallige Laune an; und bald herrscht ungebeten und eigenmächtig der Trübsinn, bald die Fröhlichkeit in mir vor.“
Montaigne

Dienstag, 10. Juli 2018

Zweifeln

"Zweifeln kann man an allem, und unter zehnmal zweifelt man neunmal gewiss mit vollem Recht." 

J.  Nestroy

Freitag, 6. Juli 2018

Ojeh!

"Ein schwacher Mathematikus wird nie ein starker Philosoph"
B. Bolzano

Das deprimiert mich aber jetzt....

Donnerstag, 5. Juli 2018

Offene Grenzen

   Ich habe die Politik der offenen Grenzen im Sommer 2015 für falsch gehalten. Natürlich ist das, was man tun muss, wenn man die Frage der Sicherung der Außengrenzen ernst nimmt, unschön, hässlich und wider­wärtig.  Aber ein verantwortungsethischer Politiker muss auch die Konsequenzen se­hen. Der Aufstieg der AfD mit diesen Inhal­ten war ein vorhersehbares Phänomen. Auch der Brexit ist für alle ein Schock. In meinen Augen waren es miese Demagogen, die ihn angeheizt haben, denn er bringt Großbritannien in die größten Schwierig­keiten. Letztlich ist er aber auch ein Ergeb­nis der Unsensibilität der Politik gegen die Massenimmigration. Wer, wie die deutsche Kanzlerin, Angela Merkel, glaubt, "Wir schaffen das", ist schlicht ein Idiot. Es kommt zu Spannungen, wenn  Millionen aus einem vollkommen anderen Kulturkreis sehr rasch in Sozialstaaten einwandern. Das hat mit Fremdenfeindlichkeit nichts zu tun, nur mit einem nüchternen Urteil. Hier haben wir es mit einem tatsächlichen Verlust historischer Erfahrung zu tun.
... das führt zu Ausschlägen in Richtungen, die niemandem gefallen; etwa das Auftauchen von rechtspopulistischen Parteien wie der AfD in Deutschland. Wobei "rechtspopulistisch" ein polemischer Begriff ist, wie alle politischen Begriffe polemisch sind. Nur dadurch leben sie. Der deutsche Soziologe Ralf Dahrendorf antwortete auf die Frage, was Populismus sei: "Populismus ist eine beliebige Bezeichnung für Politiker, die anderer Meinung sind".

Rudolf Burger in der "Presse" vom 30.6.2018

Samstag, 23. Juni 2018

Worte und Sinn

"Bald darauf kam die Rede auf Hegel, und ich behauptete er habe großentheils Unsinn geschrieben oder wenigstens wären viele Stellen seiner Schriften solche, wo der Autor die Worte setzt, und der Leser den Sinn setzen soll."
A. Schopenhauer

Diese Stelle hätte Wolf Schneider Freude gemacht, aber vielleicht hat er sie eh gekannt. Eine klassische Formulierung über die "dunklen" Autoren.

Die Philosophie muss als Arzeneimittel wirken.

Immanuel Kant:

Und billiger als Psychotherapeuten ist sie allemal....
Hier wie dort muss man natürlich auf die Dispensatorien und ihre Lieferanten acht geben.

Donnerstag, 14. Juni 2018

Zum Theater

Es gibt Regisseure, die nicht eigentlich ein Stück, sondern ihren Kommentar zum Stück inszenieren.
__________________________________________________________________________
Es ist heute nicht aktuell, beim Theater von Verzauberung zu reden. Das Theater scheint entzaubert zu sein. Über ein Publikum oder gar über einen Kritiker, der noch die Naivität aufbringt, sich vom Theater verzaubern zu lassen, wird gelächelt. Sogar vom Schauspieler wird verlangt, sich nicht mit seiner Rolle zu identifizieren, er hat als deren gesellschaftskritischer Interpret gleichsam neben sich selber auf der Bühne zu stehen, verdoppelt sozusagen (wie macht man das?). Das Theater scheint durchschaubar geworden zu sein, intellektuell bewältigt, kapiert. Die heutige Kritik vieler Gazetten ist restlos im Bilde: Sie ist eine Ideologie. Stil- oder marxgläubig.
F. Dürrenmatt


Samstag, 9. Juni 2018

Gutestun

Öffentlich Gutestun ist das beste Geschäftsmodell überhaupt, weil es einen unangreifbar macht.
Man sieht alle Tage, wie gute Absichten, wenn sie ohne Mäßigung verfolgt werden, die Menschen zu sehr schändlichen Handlungen verleiten
Montaigne 

Siehe dazu auch:  https://kumpfus.blogspot.com/2008/01/tut-gutes.html

Mittwoch, 6. Juni 2018

Literaturkirche

" ...in diesen Kreisen scheint mir die Literaturwissenschaft größer als die Schriftstellerei geworden zu sein, die ihr zugrunde liegt, ja, ich möchte eigentlich vorschlagen, wäre ich Literaturkritiker, die Literatur endlich fallen zu lassen, um zur Literaturwissenschaft an sich zu kommen."
F. Dürrenmatt 

Verzichtbar


Unter der Überschrift: "Was ich in Deutschland nicht mehr sehen möchte...."

vermerkte in der Zwischenkriegszeit Anton Kuh neben 8 anderen Punkten:
6. Tanzproduktionen mit Weltanschauung 
Nun, ich möchte das auf heutige Theater- und Opernproduktionen ausweiten.

Wurscht

„Die Chinesen haben Yin und Yang, wir haben Yin und Yang und wurscht“
Alfred Dorfer zum österreichischen "Nationalcharakter"....



....erinnert an die "immer gegebene dritte Möglichkeit" bei P. Watzlawick.
Tertium datur. 

Montag, 4. Juni 2018

Letztes Wort

"Es sollte ein biblisches Wort geben, das es leider nicht gibt und das da lauten müßte: Wehe dem, der das letzte Wort hat . . . "

Anton Kuh

Samstag, 2. Juni 2018

Nachrichtengebung

»Nachrichtengebung ist Agitation durch Tatsachen bei gleichzeitiger Information der Leser (Hörer, Seher) ... Die Auswahl der Nachrichten, ihre Plazierung, die Zusammenstellung der einzelnen Fakten innerhalb einer Nachricht sowie die Wortwahl und Überschriftengestaltung wird parteilich vorgenommen.«
Wer denkt da nicht an den ORF?
Es ist aber ein Auszug aus dem Journalistischen Handbuch der DDR.
_______________________________________________________
Insgesamt ist die Berichterstattung des ORF "mehr Ausdruck der Empfindung als" Information - am deutlichsten erkennbar am Wetterbericht, wo dem verehrten Publikum die Sorge abgenommen wird, ob esbestimmte Wetter-Fakten als "sehr warm" oder " extrem kalt" empfinden soll. Und das kann man natürlich auch auf die politische "Information" hochrechnen. Was sie allein mit dem Adjektiv "umstritten" anstellen! Überhaupt die Beiworte! Man möchte ihnen mit Morgenstern zurufen:
"Überprüfen Sie gelegentlich Ihre Adjektive"!

Freitag, 1. Juni 2018

Meilenstein der Erkenntnistheorie


 Der Meilenstein

Tief im dunklen Walde steht er
und auf ihm mit schwarzer Farbe,
daß des Wandrers Geist nicht darbe:
Dreiundzwanzig Kilometer.

Seltsam ist und schier zum Lachen,
daß es diesen Text nicht gibt,
wenn es keinem Blick beliebt,
ihn durch sich zu Text zu machen.

Und noch weiter vorgestellt:
was wohl ist er - ungesehen?
Ein uns völlig fremd Geschehen.
Erst das Auge schafft die Welt.

Chr. Morgenstern

  

Zeitungen

Ich habe mir die Zeitungen vom vorigen Jahre binden lassen, es ist unbeschreiblich, was für eine Lektüre dieses ist: 50 Teile falsche Hoffnung, 47 Teile falsche Prophezeiung und 3 Teile Wahrheit. Diese Lektüre hat bei mir die Zeitungen von diesem Jahr sehr herabgesetzt, denn ich denke: was diese sind, das waren jene auch. 


Lichtenberg (K 266)


Ich denke, über alte Zeitungen zum Exempel jetzt von 1792 an müßte sich ein herrliches Collegium lesen lassen, nicht in historischer, sondern in psychologischer Rücksicht.Das wäre was. Was in der Welt kann unterhaltender sein, als die vermeintliche Geschichte der Zeit mit der wahren zu vergleichen. 


Lichtenberg (L 301)


Wohl zehn Minuten las ich in einer Zeitung, ließ durch das Auge den Geist eines verantwortungslosen Menschen in mich hinein, der die Worte anderer im Munde breitkaut und sie eingespeichelt. aber unverdaut wieder von sich gibt. 
Hermann Hesse, Der Steppenwolf

Freitag, 25. Mai 2018

Tanz

Das Leben ist ein Tango, der Tod ein Pasodoble.
Sprichwort an der galizischen "Costa del Morte".

Donnerstag, 24. Mai 2018

Auf dem Strich

"Online gehen, das man auch mit „Auf den Strich gehen“ übersetzen könnte..."
Alois Brandstetter

Mikroklima

"Ratschläge zu erteilen ist leichter, als mit sich selbst zu Rate zu gehen und ins Reine zu kommen. Müßte sich nicht mancher oder manche in seiner oder ihrer näheren Umgebung für ein besseres Klima, ein Mikroklima, kümmern, bevor er oder sie an die Weltverbesserung schreitet?" 
Alois Brandstetter

Donnerstag, 17. Mai 2018

Alles Denken

"Alles Denken ist Zurechtmachen."

Chr. Morgenstern

Zahlenwelt

"Ich habe zuweilen einen abgründigen Haß auf die Zahl. Sie ist die absurdeste Fälschung der »Wirklichkeit«, die dem Menschen wohl je gelungen ist, und doch baut sich auf ihr »unsere ganze heutige Welt« auf."
Chr. Morgenstern



Samstag, 12. Mai 2018

TAO x2

"Ich bekam einmal zwei verschiedene deutsche Übertragungen des „Tao-Te-King“ in die Hände. Nach meiner Erinnerung ließ sich nur gelegentlich hier oder dort erkennen, daß es sich um dasselbe chinesische Werk handelte."
Erwin Schrödinger

Mir erging es ähnlich. Wenn mir wo eine 3. oder 4. Version unterkommt, werde ich sie erwerben - und interpolieren, was generell der beste Weg zur "Wahrheit" ist.

3.6.18: Nr. 3 im Flohmarkt Prinzersdorf erworben. Übersetzer: P. Th. Ruggentaler. Schaun mer mal.

Mittwoch, 9. Mai 2018

Nothing can happen to birds

.......
for nothing can happen to birds that has not
happened before: we though are beasts with a sense of
real occasion, of beginnings and endings,
which is the reason
we like to keep our clocks punctual, as Nature’s
never is. Seasons she has, but no Calendar:
thus every year the strawberries ripen
and the autumn-crocus
flares into blossom on unpredictable
dates. Such a Schlamperei cannot be allowed an
historian: with us it’s a point of honor
to keep our birth-days
and wedding-days, to rejoice or to mourn, on
the right one. Henceforth the First of October
shall be special for you and us, as the Once when
you quit the Public
Realm to private your ways and snudge in a quiet
you so deserve. Farewell, and do not wince at
our sick world: it is genuine in age to be
happily selfish.

– Wystan Hugh Auden, ‘Lines to Dr Walter Birk on his Retiring from General Practice’,
geschrieben in Kirchstetten.

Dienstag, 8. Mai 2018

Kann der Öko-Landbau die Menschheit ernähren?

"Nach den Angaben von Experten des Öko-Landbaus ist dies keine Frage. Ihre wissenschaftlichen Untersuchungen zeigen zuhauf, dass der Ertrag bei biologischer Wirtschaftsweise fast genauso hoch ist wie mit konventioneller Technik. Doch die realen Ernten der Bio-Bauern sehen anders aus. Seit Anbauflächen und Erntemengen der Bio-Betriebe getrennt von denjenigen ihrer konventionellen Kollegen erhoben werden, ist das Resultat ebenso eindeutig wie niederschmetternd: Bei Brotgetreide (Weizen, Roggen) liefert ein Hektar Bio-Anbau nur etwa 40 Prozent des Ertrages der konventionellen Produktion. Dies spiegelt aber nur einen Teil der Realität wider. Denn der Bio-Bauer muss weitergestellte Fruchtwechsel praktizieren. Die Folge: Er kann bei ordnungsgemäßem Bio-Anbau nicht so oft Weizen anpflanzen wie der konventionelle Landwirt. Das senkt die tatsächlich verfügbaren Erntemengen abermals."

Quelle: Freistaat Sachsen: Öko-Buchführungsergebnisse. Schriftenreihe der Sächsischen Landesanstalt für Landwirtschaft 2008; H. 4

Mittwoch, 2. Mai 2018

Lieber Gott

Der Ausdruck »Lieber Gott«, über den schon Nietzsche spottet, mußte in der Tat dem Deutschen zu erfinden aufgespart bleiben. Es sollte ihm nur einmal aufgehen, wie er sich selbst damit den Blick für die unaussprechliche Gewaltigkeit und Fürchterlichkeit des Weltganzen verdirbt, wenn er dessen höchster Personifikation das vertrauliche Wörtchen »lieb« voransetzt.

Chr. Morgenstern


Gedanken zu einer Philosophie des Humors

Ich definiere den Humor als die Betrachtungsweise des Endlichen vom Standpunkte des Unendlichen aus. 
Oder: Humor ist das Bewußtwerden des Gegensatzes zwischen Ding an sich und Erscheinung und die hieraus entspringende souveräne Weltbetrachtung, welche die gesamte Erscheinungswelt vom Größten bis zum Kleinsten mit gleichem Mitgefühl umschließt, ohne jedoch ihr einen anderen als relativen Gehalt und Wert zugestehen zu können.
 Der Humor ist sonach die höchste, aber auch die schwerste aller Weltbetrachtungen; denn er lehrt uns das tiefste Leid und Elend nur als eine Phase aufzufassen, die, aus dem Zusammenhang des Weltlebens gerissen, für sich allein keine absolute Beurteilung gestattet.


von Chr. Morgenstern

Montag, 30. April 2018

Sozialdemokratie

"Lediglich 5 der 28 EU-Staaten haben künftig noch eine sozialdemokratisch geführte Regierung."
"Und überall scheint das Problem ähnlich: Intern zerrissen zwischen links und rechts, fällt es der Sozialdemokratie in polarisierten Zeiten wie diesen schwer, glaubwürdig zu bleiben. Erst vergraulte sie die Mehrheit der Arbeiter durch zu viel Ideologie und zu wenig Pragmatik bei der Zuwanderung. Dann funktionierte auch ihr Gerechtigkeitsthema als Evergreen nur mehr bedingt. Denn wer zwar für Tarifverträge und Lohnabschlüsse kämpft, aber das größer werdende Heer der unfreiwillig Selbstständigen bei Uber, Foodora und wie sie alle heißen im Stich lässt, verkennt den Lauf der Zeit. Und die Chance, die sie Sozialdemokraten böte. Die Schere zwischen digitalen Krösussen und analogen Habenichtsen geht immer weiter auf. Die Unsicherheit in der Arbeitswelt wächst, Mieten steigen. Anständig und in Würde zu leben ist für viele kaum mehr leistbar. Die Vermögensverteilung nähert sich wieder der Epoche an, in der Charles Dickens seine Romane schrieb. Doch die einst stolzen Arbeiterparteien versagen nicht nur darin, all das zu bekämpfen, sie waren in vielen Ländern gar selbst Mitwirkende dieser Entwicklung. Nun fehlt es ihnen an Ideen und Rezepten dagegen, aber auch an starken Personen, die diese glaubhaft verkörpern würden."
 von 

Dienstag, 24. April 2018

Erlebnis

Ist ein Erlebnis nur ein Erlebnis, wenn ich es jemanden mitteilen kann?
°°°°°°°°°°°°°°°°°°
Am einem Tag Ende März, dem ersten schönen Tag nach einer längeren Kälteperiode, setzte ich mich zum Ausruhen nach einem längeren Fußmarsch auf eine Bank in Freilassing (Obb). Vor meinen Augen der Untersberg (s.o.) und ein Baum, der gerade aus dem Winterschlaf erwachte - es war einfach schön, das was man ein Erlebnis nennt. 
Unwillkürlich drängte es mich, dieses Erlebnis jemandem mitzuteilen, also mit jemandem zu teilen -  nicht einfach elektronisch zu "teilen", wie es heute "in" ist. Als meine Frau noch lebte, rief ich sie in so einem Fall mit dem Handy an und sie freute sich mit mir. Als ich nun überlegte, wen ich jetzt  und wie in dieses Erlebnis einbeziehen könnte, kam mir in den Sinn, dass ich mich eigentlich auch ganz allein freuen könnte - nur für mich. Da musste ich feststellen, dass ich das gar nicht richtig konnte, sondern jede starke Emotion immer sofort irgendwohin "ableiten" muss. Offenbar prüfe ich sie immer "intern" darauf ab, ob ich sie jemanden jetzt oder später jemandem mitteilen kann und wenn nicht, werte ich sie ab. Es muss aber doch möglich sein, zuerst einmal für sich zu "erleben" und dann erst darüber nachzudenken, ob ich es an die Mitwelt weiterleite; ein "2-Phasen-Erlebnis" sozusagen. Oder: Zuerst zwischenspeichern, dann erst forwarden.

Das erinnerte mich ein wenig an die Zeit, als ich intensiv in der Photographie engagiert war: Jeder schöne Anblick wurde immer wie durch einen Sucher-Rahmen gesehen. Schön war die optische Wirklichkeit nur, wenn sie ein schönes Bild ergab. Es dauerte lange, bis ich die Realität auch ohne "Spiegel-Reflex" zu genießen lernte.

Natürlich gilt nach wie vor, dass geteilte Freude doppelte Freude ist, aber man muss sich auch allein richtig freuen können. Vielleicht ist sie dann auch wertvoller für die Weitergabe.

❚❚❚❚❚❚❚❚❚❚❚❚❚
Ich fand eine Feldblume, bewunderte ihre Schönheit, ihre Vollendung in allen Teilen, und rief aus: "Aber alles dieses, in ihr und tausenden ihresgleichen, prangt und verblüht, von niemandem betrachtet, ja oft von keinem Auge auch nur gesehn!" - Sie aber antwortete: ,,Du Tor, meinst du, ich blühe, um gesehn zu werden? Meiner und nicht der andern wegen blühe ich, blühe, weil's mir gefällt: darin, daß ich blühe und bin, besteht meine Freude und meine Lust." 
A. Schopenhauer

Sonntag, 22. April 2018

Wollen wollen

"Es gibt nun einmal Phänomene, die sich nicht wollen lassen: ich kann nicht glauben wollen, ich kann nicht lieben wollen, ich kann nicht hoffen wollen, und am allerwenigsten kann ich wollen wollen. Diese und verwandte Phänomene lassen sich nämlich nicht manipulieren.  
Was not tut, ist der Mut zur Einsamkeit, die schöpferische Gestaltung der Einsamkeit, die Verwandlung der negativen Abwesenheit von Mitmenschen in die positive Gelegenheit zur Meditation. Die Industriegesellschaft legt einseitig Wert auf die vita activa, und diese Einseitigkeit bedarf ihrer Kompensation: der vita contemplativa. Das Gegenteil von Aktivität muß jedoch keineswegs Passivität sein, sondern kann auch Rezeptivität sein. Tatsächlich braucht der Mensch heute mehr denn je ein Gleichgewicht zwischen den schöpferischen Möglichkeiten, dem Leben einen Sinn zu geben, und den Gelegenheiten, die ihm Begegnung und Liebe geben, und....."
.. .die Fähigkeit, äußere Tragödien in innere
Triumphe zu verwandeln …

V. E. Frankl


Hinweis auf die "Sei-Spontan-Paradoxie" bei Paul Watzlawick:

Prediger

Obwohl nun schon seit geraumer Zeit Journalisten und Publizisten das Predigeramt ausüben, hat sich die die Moral der Gesellschaft nicht verbessert. Während beim Klerus nur einige als Moralapostel nicht glaubhaft waren, sind die meisten Schreiberlinge und Künstler auf diesem Feld schlichtweg deplaciert.

Ihnen ins Stammbuch einige Auszüge aus Simrocks "Deutsche Sprichwörter":

7989. Viel Predigen macht Kopfweh. 
7991. Wer zuviel predigt, verjagt die Zuhörer. [Rot/Grün]
7992. Das kommt vom langen Predigen. 
7993. Eine gute Predigt muß nicht zu breite Tressen haben, das Tuch muß noch daran zu sehen sein. 
7994. Der beste Prediger ist die Zeit. 
7995. Prediger haben Gehalt fürs Predigen, nicht fürs Tun. 
7996. Andern ist gut predigen. 
7997. Viel Prediger sind, die selbst nicht hören.

______________________________________________


Von Chr. Morgenstern stammt der Ausdruck "Schreibrichkeit" - offenbar im Anklang zu "Geistlichkeit".