Sonntag, 31. Dezember 2017

Sonntag, 17. Dezember 2017

Witz und Humor

Ich hatte einen - sehr lieben! - Onkel, der konnte blendend Witze erzählen und hatte ein unerschöpfliches Repertoire, aus dem er jederzeit die zur jeweiligen Situation passenden hervorholen konnte. Humor hatte er aber - bei allen sonstigen Qualitäten - eher nicht. Das zeigte sich beispielhaft beim Kartenspielen zu viert: Solange er gewann, unterhielt er die Partie derart, dass es manchmal vor lauter Lachen schwer war, weiter zu spielen. War er auf der Verliererstraße, wurde er zusehends griesgrämiger. Verlieren können halte ich aber für ein wesentliches Ingrediens des Humors.
Auf der anderen Seite kenne ich Leute, die Witze nicht erzählen und sie sich auch nicht merken können; soweit ich sie kenne, traue ich ihnen aber durchaus Humor zu. Ich halte es für ein wesentliches Kriterium des Humors, dass man über sich selbst - nein, nicht unbedingt lachen, aber lächeln oder zumindest den Kopf schütteln kann. Die höheren Weihen erreicht man allerdings erst, wenn man das auch bei Fehler von anderen kann; das ist aber sehr schwer.
"Und nichts vermöchte einen Menschen in solchem Maße instand zu setzen, Distanz zu schaffen zwischen irgend etwas und sich selbst, wie eben der Humor." 
V. E. Frankl

Die Stachelschweine

Arthur Schopenhauer

Die Stachelschweine

Eine Gesellschaft Stachelschweine drängte sich an einem kalten Wintertage recht nah zusammen, um sich durch die gegenseitige Wärme vor dem Erfrieren zu schützen. Jedoch bald empfanden sie die gegenseitigen Stacheln, welches sie dann wieder von einander entfernte. Wann nun das Bedürfnis der Erwärmung sie wieder näher zusammenbrachte, wiederholte sich jenes zweite Übel, so daß sie zwischen beiden Leiden hin und her geworfen wurden, bis sie eine mäßige Entfernung voneinander herausgefunden hatten, in der sie es am besten aushalten konnten.
So treibt das Bedürfnis der Gesellschaft, aus der Leere und Monotonie des eigenen Innern entsprungen, die Menschen zueinander; aber ihre vielen widerwärtigen Eigenschaften und unerträglichen Fehler stoßen sie wieder voneinander ab. Die mittlere Entfernung, die sie endlich herausfinden, und bei welcher ein Beisammensein bestehen kann, ist die Höflichkeit und feine Sitte. Dem, der sich nicht in dieser Entfernung hält, ruft man in England zu: keep your distance! - Vermöge derselben wird zwar das Bedürfnis gegenseitiger Erwärmung nur unvollkommen befriedigt, dafür aber der Stich der Stacheln nicht empfunden.
Wer jedoch viel eigene, innere Wärme hat, bleibt lieber aus der Gesellschaft weg, um keine Beschwerde zu geben, noch zu empfangen.
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Alfred Komarek formuliert das kürzer als: "...Wechselspiel von vernünftiger Nähe und sorgsamer Distanz".

Keine Panik

"Verzichten aber heißt einsehen, daß ein relativer Wert eben relativ ist. Dies klingt abstrakt, und daher möchte ich konkreter werden, und ich zitiere ein altes chinesisches Sprichwort: es sagt, jeder Mann solle in seinem Leben einen Baum gepflanzt, ein Buch geschrieben und einen Sohn gezeugt haben. Nun, wenn sie sich daran halten wollten - die meisten Männer müßten verzweifeln und sich konsequenterweise das Leben nehmen; denn die wenigsten waren dann wohl imstande, ihrem Leben den rechten Sinn zu geben: selbst wenn sie Bäume gepflanzt hätten, haben sie wohl kein Buch geschrieben oder nur eine Tochter gezeugt oder umgekehrt usw. Aber auch wenn man nicht das Bäumepflanzen, Bücherschreiben und Söhnezeugen, überhaupt nicht die Vaterschaft vergötzt, sondern die Mutterschaft - wir müßten sagen: wie arm wäre doch das Leben, würde es nicht auch andere Möglichkeiten bieten, um es sinnvoll zu gestalten, es mit Sinn zu erfüllen. Und ich muß sagen: was wäre das auch für ein Leben, dessen Sinn damit steht und fällt, daß man heiratet und Kinder kriegt, Bäume pflanzt und Bücher schreibt? 
Gewiß: das alles sind Werte, wirkliche Werte; aber sie sind relativ - absolut hingegen kann nur eines sein, und das ist das Gebot unseres Gewissens. Und dieses Gewissen gebietet uns, daß wir uns unter allen Bedingungen und Umständen unserem Schicksal stellen - wie immer es auch sein mag; und unser Gewissen fordert von uns, daß wir dieses Schicksal gestalten, daß wir handeln, daß wir das Schicksal in die Hand nehmen, wo dies möglich ist; daß wir aber auch bereit sind, das Schicksal auf uns zu nehmen - wenn dies nötig ist -, und daß wir dann das rechte, aufrechte Leiden echten Schicksals leisten. 
Haben wir uns dem Schicksal aber einmal gestellt, sei es in einer Handlung, sei es - wo ein Handeln nicht möglich war - in der rechten Haltung, so oder so haben wir das Unsere getan. Dann gibt es auch kein schlechtes Gewissen mehr - weder ein positives noch ein negatives, wer weder eines, das sich auf unsere Handlungen bezieht, noch eines, das die Unterlassungen betrifft. Und dann hört mit einemmal auch alle Torschlußpanik auf. Denn letztlich beruht sie auf jener optischen Täuschung, von der ich bereits einmal sprach, als ich sagte: der Mensch sieht meistens nur das Stoppelfeld der Vergänglichkeit, aber er übersieht die vollen Scheunen der Vergangenheit - er übersieht, was er alles ins Vergangensein hineingerettet hat, wo es nicht unwiederbringlich verloren ist, sondern unverlierbar geborgen bleibt. 
Nun: wer da beherrscht ist vom Lebensgefühl des ständigen Abschied-nehmen-Müssens und ergriffen von der Torschlußpanik, der hat vergessen, daß das Tor, das sich zu schließen droht, eben das Tor einer vollen Scheune ist ... Und er überhört den Trost und die Weisheit, die uns entgegenklingen aus den Worten der Bibel: »Du gehst im Alter zu Grabe, wie der Garbenhaufen eingefahren wird zur Zeit.« "

V. E. Frankl

Samstag, 9. Dezember 2017

Personenbeschreibung

"Charakter einer mir bekannten Person.
....von der Religion hat er als Knabe schon sehr frei gedacht, nie aber eine Ehre darin gesucht ein Freigeist zu sein, aber auch keine darin, alles ohne Ausnahme zu glauben. Er kann mit Inbrunst beten und hat nie den 9o. Psalm ohne ein erhabenes, unbeschreibliches Gefühl lesen können(*) ..... Er weiß nicht was er mehr haßt, junge Offiziers oder junge Prediger, mit keinen von beiden könnte er lange leben .... Lesen und Schreiben ist für ihn so nötig als Essen und Trinken, er hofft es wird ihm nie an Büchern fehlen. An den Tod denkt er sehr oft und nie mit Abscheu, er wünscht daß er an alles mit so vieler Gelassenheit denken könnte, und hofft sein Schöpfer wird dereinst sanft ein Leben von ihm abfordern, von dem er zwar kein allzu ökonomischer, aber doch kein ruchloser Besitzer war." 

G. Chr. Lichtenberg
http://www.lichtenberg-gesellschaft.de/leben/l_leb_goe_licht.html
(*) PSALM 90:Ein Bittgebet des Mose, des Mannes Gottes. O Herr, du warst uns Wohnung von Geschlecht zu Geschlecht.
Ehe geboren wurden die Berge, ehe du unter Wehen hervorbrachtest Erde und Erdkreis, bist du Gott von Ewigkeit zu Ewigkeit.
Zum Staub zurückkehren lässt du den Menschen, du sprichst: Ihr Menschenkinder, kehrt zurück!
Denn tausend Jahre sind in deinen Augen wie der Tag, der gestern vergangen ist, wie eine Wache in der Nacht.
Du raffst sie dahin, sie werden wie Schlafende. Sie gleichen dem Gras, das am Morgen wächst:
Am Morgen blüht es auf und wächst empor, am Abend wird es welk und verdorrt.
Ja, unter deinem Zorn schwinden wir hin, durch deine Zornesglut werden wir starr vor Schrecken.
Unsere Sünden hast du vor dich hingestellt, unsere verborgene Schuld in das Licht deines Angesichts.
Ja, unter deinem Grimm gehen all unsere Tage dahin, wir beenden unsere Jahre wie einen Seufzer. Die Zeit unseres Lebens währt siebzig Jahre, wenn es hochkommt, achtzig. Das Beste daran ist nur Mühsal und Verhängnis, schnell geht es vorbei, wir fliegen dahin.

Dienstag, 5. Dezember 2017

Bekenner

Als UHBP van der Bellen den Papst besuchte, stand in der Zeitung: "Der bekennende Agnostiker....".
Da hat jemand was nicht ganz verstanden. Ein "echter" Agnostiker bekennt sich zu nichts. Aber vielleicht sieht er sich ja selber so....

Multidimensionale Realität

"Die Wissenschaft, so wird ihm erklärt, sei ein bloßer Querschnitt durch die multidimensionale Realität, und so sei es denn sehr wohl möglich, daß sich ein Sinnzusammenhang in ihrer Ebene nicht abbilde. In einer höheren Dimension könne er trotzdem bestehen. Wer mir sage, fragt er nun, daß eine höhere Dimension überhaupt existiere. Daraufhin erkläre ich, nur eine Überschätzung und Vergötzung der Wissenschaft verhindere ihn, andere Zugänge auszuschließen. Und zwar tue er dies, weil er sich vor der volldimensionalen Realität verschließe, während es uns abverlangt und aufgetragen sei, offen zu sein gegenüber der Fülle von Wirklichkeiten - und Möglichkeiten."
V. E. Frankl