Montag, 29. August 2022

Gutbuch

 Ein sicheres Zeichen von einem guten Buch ist, wenn es einem immer besser gefällt je älter man wird.


Lichtenberg

Montag, 22. August 2022

Einflüsse

 Wenn wir darin übereinstimmen, daß die ideale Methode, Wissenschaft zu lehren, darin besteht, dem Schüler die Möglichkeit zu geben, Newtons Gesetze von der Bewegung mehr oder weniger selbständig neu zu entdecken — kann man dieselbe Methode dann auch beim Vermitteln ethischer und moralischer Werte anwenden? Zunächst meinen wir unwillkürlich, daß Ethik im normalen Lehrplan nichts zu suchen hat, es sei denn, man spezialisiert sich auf Philosophie oder Theologie. Diese Antwort ist jedoch übereilt, denn bei allem, was wir in irgendeinem Fach unterrichten oder schreiben, vermitteln wir stillschweigend oder sogar ausdrücklich moralische Prinzipien und Werturteile. Der größte Aberglaube unserer Zeit ist der Glaube an die Wertfreiheit der Wissenschaft. Schon das Schlagwort Wertfreiheit beinhaltet ein  Programm und ein Credo.

Kein Schriftsteller oder Lehrer oder Künstler kann der Verantwortung entrinnen, andere zu beeinflussen, ob absichtlich oder nicht, ob bewußt oder nicht. Dieser Einfluß beschränkt sich nicht auf seine explizite Botschaft; er ist um so stärker und heimtückischer, als er größtenteils implizit ausgeübt wird - ein verborgener Verführer, dessen Lehren unbewußt aufgenommen werden,

A. Koestler

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Jedem Kenner des Menschen ist es bekannt, wie schwer es ist, Erfahrungen so zu erzählen, daß sich in die Erzählung kein Urteil einmischt. 

G. Ch. Lichtenberg



Zeitgeistige Schlüsse

 ... weil ich unterstreichen möchte, daß man präzise neurophysiologische Daten unterschiedlich interpretieren kann. Es ist, mit anderen Worten, einfach nicht wahr, daß die von der Wissenschaft gelieferten Daten automatisch zu dem Schluß führen, das Leben sei ohne Sinn und Zweck, sei nichts als Brownsche Bewegung in den Zufallsströmungen des kosmischen Wetters. Wir sollten vielmehr sagen, daß der Zeitgeist dazu neigt, voreingenommene Schlußfolgerungen aus den Daten zu ziehen, eine Tendenz zur Entwertung der Werte und zur Eliminierung von Sinn aus der Welt um uns und in uns besitzt.

 A. Koestler

So ist es auch mit der Wissenschaft und dem Thema Klimawandel!

Generalisierer

 »Die Gefahr liegt also gar nicht darin, daß sich die Forscher spezialisieren, sondern darin, daß die Spezialisten generalisieren

V. Frankl

Sonntag, 21. August 2022

Die letzte Ideologie

 

 

Eine Allzweckwaffe für alle, Jörg Scheller

Moral in voller Konsequenz zu leben, auch was den moralischen Gebrauch der Mittel betrifft, wäre die höchste Form der Lebenskunst. Doch beim Versuch, Moral gänzlich durchzusetzen, fallen die Mittel erfahrungsgemäss eher unmoralisch aus - es sei denn, man hat das Menschenverachtende vorausschauend als Teil menschenfreundlicher Moral legitimiert.

Schuldig durch Anklage, Alexander Wendt

Aus einer Bewegung, die angetreten war mit dem erklärten Ziel, Stigmatisierung zu beenden, ist ein Machtkomplex geworden, dem die Stigmatisierung von anderen längst nicht genügt. Das Stigma markiert Gegner, um sie anschliessend zu marginalisieren und schliesslich unsichtbar zu machen.

Macht der Maschinenmoral, Karsten Weber

Manche neigen dazu, bestimmte Formen der ( algorithmischen) Manipulation als Nudging zu bezeichnen -Algorithmen stupsen uns in die richtige Richtung, ob nun bei Ernährung, Fitness oder anderen moralisch hochgradig aufgeladenen Verhaltensweisen. Doch Nudging bleibt Manipulation, wenn auch in einem liberalen Gewand. Da kaum jemand von uns weiss, wie Algorithmen funktionieren und wessen (moralische) Urteile und Werthaltungen in deren Gestaltung einfliessen, sollten wir daher ins Grübeln kommen.

Moralismus ist der Borkenkäfer, Vera Lengsfeld

Auch als in der Coronakrise Grenzschliessungen angeordnet wurden, ist die illegale Einwanderung davon ausgenommen worden. Wer Asyl sagen kann, wird reingelassen, auch wenn er IS-Terrorist ist. Durchgesetzt wird das mit einem rigiden Moralismus, der auch die leiseste Kritik als fremden- oder gar menschenfeindlich stigmatisiert.

Der Gell-Mann-Amnesia-Effekt

 Der "Gell-Mann-Amnesia-Effekt"

bezieht sich auf die Medienrezeption:

Wer sich in einem Fachgebiet gut auskennt, empfindet die Berichterstattung darüber meist als verzerrt, fehlerhaft und verständnislos. Sobald die Person aber mediale Beiträge zu anderen Themen wahrnimmt, verschwindet dieser Eindruck: Das Vertrauen in die journalistische Arbeit ist wieder hergestellt ( deshalb »Amnesia«),

Herkunft

Den Effekt hat der Schriftsteller Michael Crichton in einer Rede von 2002 zum ersten Mal beschrieben. Er bezieht sich dabei auf seinen Freund und Physiker Murray Gell-Mann.

Briefly stated, the Gell-Mann Amnesia effect is as follows. You open a newspaper to some subject you know well....You read the article and see the journalist has absolutely no understanding of either the facts or the issues. Often, the article is so wrong, it actually presents the story backward - reversing cause and effect. I call these the "wet streets cause rain" stories. Paper's full of them.

In any case, you read with exasperation or amusement the multiple errors in a story, and then turn the page to national or international affairs, end read as if the rest of the newspaper was somehow more accurate about Palestine than the nonsense you just read. You turn the page, and forget what you know.

That is the Gell-Mann-Amnesia effect. I'd point out it does not operate in other arenas of life:. In ordinary life, if somebody consistently exaggerates or lies to you, you soon discount everything they say. In court, there is the legal doctrine of falsus in uno, falsus in omnibus„ which means untruthful in one pattern, untruthful in all. But when it comes to the media, we believe against evidence that it is probably worth our time to read other parts of the paper. When, in fact, it almost certainly isn't. The only possible explanation for our behavior is amnesia.


 

Umwandlung von Begriffen

Typisch dafür, wie wissenschaftliche Entdeckungen von den Medien und dem Laienpublikum aufgenommen werden, scheint zu sein. daß bestimmte, ungenau oder schlicht falsch interpretierte Begriffe oftmals das einzige sind, was auf dem Weg von der Fachzeitschrift zur Illustrierten oder zum Taschenbuch übrigbleibt. Die wichtigen Einschränkungen und Unterscheidungen, manchmal sogar die eigentliche Idee, gehen unterwegs leicht verloren. Man denke nur an den weitverbreiteten Gebrauch so beliebter Begriffe wie »Ökologie« oder »Quantensprung«, ganz zu schweigen von dem New-Age-Ausdruck »Energiefeld«. Natürlich kann man einwenden, daß Begriffe wie »Chaos« und »Energie« schon vor ihrem fachsprachlichen Gebrauch in Umlauf waren. doch werden ja gerade diese fachsprachlichen und nicht etwa die ursprünglichen Bedeutungen entstellt wiedergegeben.

Angesichts immer wirkungsvollerer schriftstellerischer Methoden, mit denen sich bestimmte nützliche Begriffe in nichtssagende Klischees verwandeln lassen, sollten wir unbedingt vermeiden, daß die verschiedenen Komyplexitätsbegriffe dasselbe Schicksal erleiden. 

M. Gell-Mann. 

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>>> "schriftstellerisch" - im Original heißt es 'literary' - und das finde ich nicht gut übersetzt; allerdings fehlt mir auch das entsprechende deutsche Wort dafür. Aber wörtlich "literarisch" wäre immer noch besser.

Sonntag, 7. August 2022

30 % der Autos müssen weg!

 Leserbrief an WZ wg. Artikel am 30.7.22 mit der Überschrift:  "30 Prozent der Autos müssten weg….."

(abgeschickt, aber nicht veröffentlicht).

 …. gemeint sind natürlich damit die Menschen, die sie fahren und die damit gefahren werden – nur darf man das halt so nicht sagen.

Die vielzitierte Gentrifizierung tritt in mancherlei Gestalt auf, gemeinsames Ziel ist in jedem Fall die Verdrängung der Alt-Mieter aus ihren Altbauwohnungen, wobei „alt“ hier sowohl die Mietdauer als auch des Lebensalter der Bewohner bedeutet. Im Wesentlichen gibt es zwei Methoden: Die eine ist die offene und brutale "kapitalistische", wie sie von sog. Investoren gehandhabt wird; dagegen kann man sich u. U. mit Rechtanswälten wehren, wenn man dazu das Geld hat. Gegen das andere Verfahren, ich nenne es das versteckte "ideologische",  ist man wehrlos, denn wie soll man sich gegen politischen Druck wehren - außer einmal alle heiligen Zeiten an der Urne?  

In meinem konkreten Fall „sitze“ ich seit über 50 Jahren in einer ursprünglich devastierten Wohnung im Herzen der Leopoldstadt, die im Laufe der Jahrzehnte mit viel Aufwand immer wohnlicher gemacht wurde; naturgemäß ist der Mietzins für die neuerdings "hippe" Gegend niedrig und aus Sicht der Vermieter skandalös.

Von Anfang an war ich ein eingefleischter Öffi-Benutzer, ein sog. ‚early adopter‘ der Sparangebote wie Jahreskarte, Vorteilskarte und  jetzt Ö-Klimaticket. Daneben hielt ich mit aber auch seit fast 50 Jahren ein Automobil, das mit den Jahren immer kleiner – sprich kürzer – wurde und anfangs meinen nicht-beruflichen Aktivitäten (Ferien, Urlaub) diente und jetzt, da ich am rechten Fuß der Alterspyramide angelangt bin, meine verbliebenen sozialen und touristische Aktivitäten unterstützt; wohlgemerkt nur jene, die öffimäßig nicht zu realisieren sind. Dafür zahle ich natürlich seit Jahren die nicht gerade wohlfeile Parkgebühr der Gemeinde Wien, die ich aber immer öfter als eine offene Verhöhnung empfinde - wenn ich z. B. 20 Minuten und mehr im Grätzel um die Praterstraße herumkurven muß, um ein bescheidenes Plätzchen für mein Minigefährt zu finden.

Das Interregnum der Grünen in der Bezirksverwaltung Leopoldstadt war zwar nur von kurzer Dauer, aber offenbar sehr nachhaltig. Teils haben sie noch selber die Parkplätze weggeschmolzen, teils haben sie offenbar die Bestands-Beamtenschaft unterwandert oder wirksam umerzogen. Jedenfalls wird seit dieser Zeit der Parkraum permanent und systematisch verringert, sei es durch sehr großzügige Gewährung von Sperren zugunsten der Baufirmen (ein Schelm, wer....) oder durch gezielte Parkraumvernichtung zugunsten aberwitziger Fahrradspuren gegen die schmale Einbahn. Es ist mir durchaus klar, dass man der zunehmenden Fahrrradbegeisterung Rechnung tragen muss, aber bitte nicht durch fanatische, praxiswidrige Ho-ruck-Aktionen!

Gegen die Immobilienhaie, in deren Beuteschema ich natürlich ideal passe und die gerade in der Leopoldstadt aus historischen Gründen sehr aktiv sind, kann ich mich mit Hilfe von Rechtsanwälten (noch) wehren, aber was soll man gegen die Vertreibungstaktik einer  Stadt- und Bezirksverwaltung machen, die auf einer grünen Hype-Welle stimmenheischend dahinsurft und dabei die alteingesessenen Bewohner unter sich begräbt?  Denn offenbar arbeiten die Kräfte der Biologie für manche zu langsam.

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Eine "lustige" Episode an der Kreuzung Novaragasse mit der Weintraubengasse: 

Ein junger E-Scooter-Fahrer fährt in der Mitte der Novaragasse gegen die Einbahn mit full-speed, obwohl es dort ausnahmsweise gar keine Fahrrad-Markierung gibt. Von der Weintraubengasse, die an und für sich Vorrang gegenüber der Novaragasse hat, kommt ein  älterer Radler in der Einbahnrichtung auf einem alten Fahrrad, ganz normal und korrekt auf der rechten Seite der Straße. An der Kreuzung stossen die beiden zusammen - gottseidank ohne ernste Folgen außer einem heftigen Schimpfduell: Der E-Mensch beruft sich auf den Rechtsvorrang....


Käme die Sache vor Gericht, käme es hauptsächlich auf die "Gesinnung" der Richter*In an ...... oder ?

??? 

Man darf ja davon ausgehen, dass für die Propheten und Adepten der neuen Mobilitätsformen die STVO für anachronistisch gilt.

Journalisten ...

 Karl Kraus:

Den Journalisten nahm ein Gott, zu leiden, was sie sagen.