Freitag, 21. Oktober 2011

Nur der Neid?


Götz Aly hat wieder ein Buch geschrieben, in dem er - verkürzt ausgedrückt - den Neid als Ursache  des Holocaust "dingfest macht".* Das mag wohl auch stimmen, ist mir aber zu einfach. Menschliche Triebfedern bestehen fast immer aus einem Emotions-Bündel. In diesem Fall war wohl auch Angst im Spiel und etwas, worüber heutzutage sicher niemand ein Buch schreiben wird: Ärger über die Penetranz des Auftretens mancher jüdischer Kreise - heute wie damals: 

 "Die Juden können froh sein, daß ein Lump und ein Verrückter, Ahlwardt und Paasch**, den Antisemitismus in die Hand genom­men haben, die eigentlichen antisemitischen Prediger sind sie selbst. Die Phrase vom »unterdrückten Volk« existiert immer noch; dabei lassen sie aber alle Welt nach ihrer Pfeife tanzen und selbst die Kaftan Juden mit der Hängelocke, die hier Weg und Steg unsicher machen, tragen etwas von Trotz und Übermut zur Schau. Sie sind auch berechtigt dazu."
(Th. Fontane in einem Brief aus Karlsbad 1893 an seine Tochter Martha)

Alle gutgemeinten Versuche, schreckliche rassistische Verbrechen allein aus der bösartigen Trieben der Täter zu erklären, gehen m. E. fehl. Ein anderes Beispiel: Kürzlich war ich wieder in Bratislava, wo ich mich gerne auf dem Obst- und Gemüsemarkt nächst Ruzinov herumtreibe. Dort sieht man auch immer viele Zigeuner - pardon: Romas, oder heisst es Roms? Und man kann es nicht anders ausdrücken: Sie fallen unangenehm auf, im Aussehen und im Benehmen. Alle die überaus notwendigen Versuche, ihre Situation zu bessern, sind so lange zum Scheitern verurteilt, als man gewisse Eigenarten einfach wegblendet. Man löst kein Henne-Ei-Problem, indem man einen Teil davon einfach wegläßt.
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* Götz Aly: "Warum die Deutschen? Warum die Juden?: Gleichheit, Neid und Rassenhass".

**zwei besonders fanatische Antisemiten im Belin des ausgehenden 19. Jh.

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