Sonntag, 22. April 2007

Gerhard Polt und die Biermösl-Blasn

OFFENER BRIEF.

Sehr geehrter Hr. Polt!
Als langjähriger Fan habe ich mich schon sehr auf die Radio-Übertragung von der Ybbsiade gefreut und besitze fast alle Ihre "Werke". Leider war ich diesmal etwas enttäuscht, vielleicht lag es aber auch am Publikum. Das österreichische Publikum hat vielleicht nicht die richtige Antenne für die spezifisch bayerische Hinterfotzigkeit, die landeseigene Hinterfotzigkeit ist mehr wienerisch, also tschecho-slowakisch-hungrisch geprägt. Ich selber stamme aus dem Innviertel - alt-niederbayrisches Stammland sozusagen - und habe drei Jahre meiner Jugend in Bayern verbracht. Die Zeitungskritik nachher erinnerte sich typischerweise nur an den "Neger, der nicht ganz herpasst" - mit Verlaub nicht eine Ihrer stärksten Pointen.
Was mich aber wirklich geärgert hat, war die Nummer der Well-Brüder, in der man u. a. religöse Lieder verballhornte: "Oh Maria hilf" usw. Satire und Religion ist ein heikles Gebiet: Ich bin nicht generell der Meinung, dass man sie von der Satire aussparen sollte, aber das darf niemals auf Kosten der einfachen Leute gehen. Auf die Machthaber, Machtausüber, Verführer und Ausbeuter in den Kirchen soll man schon draufhauen wie auch auf jene im übrigen öffentlichen Leben, aber die "Opfer" verspotten, das geht mir zu weit. Allzuviele Kabarettisten sind nicht frei von Hochmut und Verachtung für die "Dummen", also die Verführten und Ausgebeuteten. Das ist oft auch schwer zu trennen, weil sich viele Mächtige - speziell im religiösen Bereich - hinter ihnen verstecken; da braucht es eine ganz feine Klinge, um hier richtig hineinzutreffen. Ich weiß, die Well-Buam "san scharfe Hundt...", aber sie hauen - im Gegensatz zu Ihnen - wohl eher mit dem Beidhänder zu. Nun weiß ich nicht, wie sehr Sie für die Beiträge der Biermösl-Blasn verantwortlich sind, aber man assoziiert sie halt mit Ihnen.
Konkret habe ich an meine Mutter gedacht, die eine ganz einfache Frau war und sehr gläubig; speziell dieses Marien-Lied hat sie sehr gern gehabt. Sie hatte sehr wenig Schulbildung, aber sie war immerhin imstande, nur mit ihrer Gläubigkeit den Verlockungen der Nazis zu widerstehen - und das war in unserer Gegend nicht selbstverständlich. Selber dem religiösen Umfeld "entwachsen", hat mir das immer zu denken gegeben.
Nix für ungut!
F.K.

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