Freitag, 8. Juli 2016

Musil-Perlen

 Jedes Kind weiß, daß Gott heute nicht mehr bei den stärksten Bataillonen ist, wie dies noch Friedrich von Preußen glauben durfte, sondernbei den Großbanken; die Bataillone sind nur eine Anlage der Rüstungsindustrie, und es ist eine gesunde Neuerung, die sonst im Geschäftsleben üblichen Gebräuche auch auf sie anzuwenden. Was dem bisher entgegenstand, war nur ein Rest unzeitgemäßer europäischer Romantik. Ihrethalben traten die großen Nationen lieber als Räuber auf denn als Diebe, und wenn die Faust geballt  wurde, um die Diebsfinger zu verbergen, mußten schöne Redensarten von Ehre und Recht das begleiten.….. 
In Paris kann man zum Beispiel heute schon Theaterkritiker kaufen, bei uns muß man noch mit ihnen befreundet sein, was oft viel unangenehmer ist.
.....Ärzte, Rechtsbeistände,Geistliche, Schriftsteller gewähren Hilfe nur dem, der sie bezahlt.... Das sind ganz unnötige Kriegslisten. Ich denke mir das reine Geldzeitalter so:Man könnte leicht die Menschen mit Apparaten ausrüsten,welche anzeigen, wieviel man ihrem Träger hineinwerfen muß, damit herauskommt, was man wünscht. Ebenso könnten sie zeigen, welche Vorteile jemand vergeben kann und welche Gefälligkeiten er sucht. Das ließe sich mit farbigen Tafeln und Aufschriften, bei Nacht mit Laternen kenntlich machen, und die Menschen würden zueinanderfinden oder einander ausweichen, pfeifen oder Fahnen schwenken wie auf dem schönsten Rangierbahnhof. Es würde sich in ihren wahren Beziehungen vielleicht gar nicht viel ändern, aber eine einwandfreie Ordnung käme hinein. 
….. alle Tage ist Krieg, und alle Tage wird bestochen, sobald einer den Hut vor dem zieht, von dem er etwas möchte, und sich vor dem aufbläht, der etwas braucht.


ROBERT MUSIL

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