Samstag, 25. Juli 2015

Ein bißchen Philosophie...

 "Äußere Gegenstände zu erkennen, ist ein Wider-
spruch; es ist dem Menschen unmöglich, aus sich heraus
zu gehen. Wenn wir glauben, wir sehen Gegenstände, so
sehen wir bloß uns. Wir können von nichts in der Welt
etwas eigentlich erkennen, als uns selbst, und die Verän-
derungen, die in uns vorgehen. Ebenso können wir un-
möglich für andere fühlen, wie man zu sagen pflegt; wir
fühlen nur für uns. Der Satz klingt hart, er ist es aber
nicht, wenn er nur recht verstanden wird. Man liebt we-
der Vater, noch Mutter, noch Frau, noch Kind, sondern
die angenehmen Empfindungen, die sie uns machen; es
schmeichelt immer etwas unserem Stolze und unserer
Eigenliebe. Es ist gar nicht anders möglich, und wer den
Satz leugnet, muß ihn nicht verstehen. ....
Aus nichts leuchtet, glaube ich, des Menschen höherer Geist 
so stark hervor, als daraus, daß er sogar den Betrug ausfindig
zu machen weiß, den ihm gleichsam die Natur spielen wollte. 
Nur bleibt die Frage übrig: wer hat recht, der, 
welcher glaubt, er werde betrogen, oder der es nicht glaubt? 
Unstreitig hat der recht,
der glaubt, er werde nicht betrogen. Aber das glauben
auch beide Parteien nicht, daß sie betrogen werden. So-
bald ich es weiß, so ist es kein Betrug mehr. 
........
 Ich glaube doch nun auch wirklich, daß die Frage,
ob die Gegenstände außer uns objektive Realität haben,
keinen vernünftigen Sinn hat. Wir sind unserer Natur
nach genötigt, von gewissen Gegenständen unserer
Empfindung zu sagen, sie befänden sich außer uns; wir
können nicht anders. - Die Frage ist fast so töricht, als
die: ob die blaue Farbe wirklich blau sei. Wir können un-
möglich über die Frage hinausgehen. Ich sage, die Dinge
sind außer mir, weil ich sie so ansehen muß, es mag
übrigens mit jenem außer mir sein eine Beschaffen-
heit haben, welche es will; darüber können wir nicht
richten."

G.Chr. Lichtenberg

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