Dienstag, 12. Januar 2010

Philantropie

Warum bei so vielen Menschen die Nächstenliebe mit dem Quadrat der Entfernung zum Nächsten wächst, ist leicht erklärt: Wer einem wirklich "nahe steht", beeinträchtigt womöglich (und meist auch tatsächlich) die eigene "Bewegungsfreiheit". Und da Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung in der heutigen Gesellschaft die allerhöchsten Ziele sind, ist Nähe auf jeden Fall konflikt-trächtig - und Distanz beruhigend.

Und da man auch den Gutmenschen ein aktives Liebes-Bedürfnis nicht absprechen kann, ist ihre Menschenliebe darauf angewiesen, sich ihre Menschenliebes-Objekte aus jenen Kreisen zu holen, die ihre Kreise nicht stören können.

In dem Maße, wie die private Anständigkeit an Stellenwert verliert, gewinnt die öffentliche Moral an Bedeutung. Und wie immer mit den Damen und Herren Redakteuren "an vorderster Front". Selber leben sie nach einem ganz eigenen, privaten "Moral-STANDARD", werfen sich aber äußerst gern zum Richter über andere und über die öffentliche Moral auf.

Hier fällt mir Fontane ein, wie er sich in einem Brief an seinen Sohn Theodor über die Journalisten beschwert , welche seine "Irrungen und Wirrungen" als "Hurengeschichte" abqualifiziert hatten: "Empörend ist die Haltung einiger Zeitungen, deren illegitimer Kinderbestand weit über ein Dutzend hinausgeht (der Chefredakteur immer mit dem Löwenanteil) und die sich nun darin gefallen, mir "gute Sitte" beizubringen. Arme Schächer!"


und Lichtenberg: "Arschwische mit Motto's."
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Apropos STANDARD: Wer wissen will, wie Gutmenschen wirklich gestrickt sind, schaue sich im STANDARD-Internet-Forum um. So viel Verachtung und Hass für Andersdenkende wird man kaum sonstwo versammelt finden - aber natürlich viel besser formuliert als etwa auf rechten Haß-Seiten.

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