Freitag, 28. März 2008

Parsifal-08/2x


.....eigentlich kann man sagen, daß Thielemann den Sängern die Show gestohlen hat. Auch während der Aufführung hatte man den Eindruck, daß die Sänger eher wie ein (etwas fragiles) Begleitinstrument zum felsenfesten Klangkörper des Orchesters behandelt wurden. "Die da oben" wurden mitgenommen die Hauptsache, waren eindeutig "die da unten" im Graben.
In einer Parterreloge sitzend, konnte ich durch das Opernglas die "innige" Kommunikation zwischen Dirigent und Instrumentalisten perspektivisch verkürzt beobachten und kam mir dabei des öfteren wie ein indiskreter Voyeur vor - da war eindeutig Erotik im Spiel ;=).
Insgesamt: Unvergessliche Momente, vor allem in den ppp-Stellen.
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WIENER STAATSOPER: „PARSIFAL" am 26.3.2008


Was bei der Premieren-Serie Spannung, Neugier, Diskussionen verursacht, wird oft bei späteren Vorstellungen nur mehr eine abgestandene, hässliche, müde Sache. Nicht anders die posthume DDR-Nostalgie der Mielitz mit dem ängstlichen Vermeiden der zahlreich vorkommenden religiösen Bezüge, aber auch aller Naturstimmungen. Dafür bringt sie den Sieg der „Massen der Werktätigen", die ja im „realen Sozialismus" nie etwas zu sagen hatten. Auch wird fast immer das Gegenteil von dem gemacht, was im Libretto steht. Ein Beispiel: wenn es heißt „Hoch steht die Sonne", wird es „natürlich" finster. In der 23. Aufführung dieser Inszenierung mit neuer Besetzung sind auch nur mehr Reste der einst starken Personenführung vorhanden. Genug davon! Als verdienter Ausgleich für die miese Optik, beginnend mit der Bedürfnisanstalt im ersten Bild, wurde man mit musikalischen Sternstunden versöhnt. Unter dem großartigen Christian Thielemann waren auch unsere Philharmoniker, sowie der starke geforderte Staatsopernchor/Thomas Lang ganz fabelhaft, voll engagiert und ganz dem Werk hingegeben. Allein, wie der Dirigent die Szenen aufbaut, steigert, zurücknimmt, die Sänger trägt, die Schönheit des Klangs erblühen lässt und das ganze Werk zu einem grandiosen Dom aufbaut. Davon werden manche noch ihren Enkeln erzählen. Zum sängerischen Personal in der Reihenfolge des Besetzungszettels: Wahrhaft ein Wagner-Sänger allerersten Ranges ist Falk Struckmann als Amfortas. Er beweist das immer aufs Neue, denn seine Stimme, das Timbre, seine Technik und Kraft, also alles zusammen, ist ideal für den Gralskönig. Mit seinem noblen Ton ist Ain Anger eine Luxusbesetzung für die kurze Aufgabe als Titurel. Wolfgang Bankl hat sich den Klingsor rauf beste, vorbildliche Weise angeeignet. Ein Hüne von Gestalt, mit einer außerordentlichen Stimme voller Kraft und Schönheit gesegnet, das ist Stephen Milling. Die besonders lange Rolle des Gurnemanz ermüdet ihn überhaupt nicht, er findet immer eine vorzügliche Gesangslinie, ausdrucksvoll, schön geformt und mit auffallend gutem Legato. So kann man Wagner auch singen! Sollte man! Thomas Moser, vor 30 Jahren ein ranker Mozart-Sänger, ist der sehr gut ernährte „schöne Knabe" Parsifal. Mit seiner lyrischen Stimme muss er sich für die lange, Kräfte raubende Partie merklich verausgaben und besonders im 3. Akt doch sehr zurückhalten. Aber er hielt durch. Auf der Bühne wirkt er tapsig in den Bewegungen und sehr gebremst im Temperament. Die Kundry, eigentlich eine Sopranrolle, ist für viele Mezzos eine deutliche Grenzpartie. Auch Mihoko Fujimura entgeht nicht dieser Tatsache, weil sie die hohen Töne richtig heraus schleudern muss. Aber ihr Einsatz beeindruckte viele Besucher. Allerdings ist der
2. Akt auf der Bühne (nicht im Orchester) völlig unerotisch, es gibt kein Knistern, keine Gefühlsaufwallungen zwischen Kundry und Parsifal. In diesen Akt hat die Regisseuse auch eine Islamismus-Kritik eingebaut: Anfänglich sind die Blumenmädchen sehr züchtig, ganz in Schwarz verhüllt, aber dann, was darunter ist, wenn sie die dunklen Tücher abstreifen (nun, so aufregend ist das aber auch nicht). Recht gut anzuhören sind die Gralsritter Gergely Németi und Clemens Unterreiner; gut zusammengestellt sind die Blumenmädchen mit Ileana Tonca, Jessica Pratt, Sophie Marilley, Simina Ivan, Alexandra Reinprecht und Elisabeth Kulman; Daniela Denschlag ist eine gute Stimme von oben; aber auch die Knappen sind zufrieden stellend mit Cornelia Salje, Daniela Denschlag, Alexander Kaimbacher und Peter Jelsosits. Der Abend war ein denkwürdiges Erlebnis. Thielemann wurde bereits vor Beginn und nach den Pausen mit vielen Bravos empfangen. Es zeigt sich, dass das Publikum seine zwar recht langen, aber äußerst intensiven Deutungen sehr zu schätzen weiß. Zum Abschluss gab es ganz großen Jubel und zahlreiche Bravorufe mit deutlich erkennbaren Abstufungen von Seiten des Publikums, wie es auch dem Eindruck des Rezensenten entspricht: Thielemann, Milling, Struckmann, Fujimura und Moser.
Martin Robert BOTZ

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