Dienstag, 28. Oktober 2014

Die Tonangebenden

"... erfüllen denn nicht diejenigen, die von sich meinen, sie seien die großen Enttäuscher und Tabubrecher, auch ganz bestimmte Erwartungen? Sie fühlen sich als Abweichler und sind, ohne daß sie es merken, längst in den breiten Trampelpfad des Zeitgeistes eingeschwenkt. 

So erlebte ich einmal eine Versammlung von Rundfunkredakteuren, hohen Funktionären in den Literaturabteilungen, die mit wenigen Ausnahmen weltanschaulich links bis linksaußen standen. Sie, die Tonangebenden, aber hatten kein Bewußtsein von ihrem Monopol, ja gerierten sich in Wirklichkeitsverlust und falscher Selbsteinschätzung wie verfolgte Dissidenten. Sie wären halt gern einsam und einmalig gewesen, einzigartig, waren aber Repräsentanten in mehrfacher Hinsicht, Wort-Führer und Wort-Erteiler. Sie sind repräsentativ und genau das, wofür sie ihre Gegner halten. Ja eigentlich haben sie kaum mehr ernstzunehmende Gegner. Denn bürgerlich oder konservativ ist ungefähr synonym mit stumm, stumm oder mundtot (gemacht?)..."

A. Brandstetter, Schönschreiben.

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