Samstag, 9. August 2014

Max Frisch u. a.

Habe gerade die Biographie über Max Frisch von Volker Weidermann (FAZ) gelesen. Frisch war früher einer meiner literarischen Hausgötter; heute kann ich weniger mit ihm anfangen. Diese ausufernde Selbstbespiegelung liegt mir heute nicht mehr; generell ist Frisch heute auch nicht mehr wirklich aktuell; gleichwohl ist er nach wie vor genial darin, Seelenzustände mit Worten auszudrücken. Seine Stücke werden auch kaum mehr gespielt, die meisten Erfolgs-Dramen haben eine kurze Halbwertszeit.
Dass eine Biographie die Sympathie-Werte für die beschriebene Person nach unten drückt, passiert mir ja nicht das erste Mal. Als Mensch dürfte er "ein Ekel" gewesen sein (Zitat nach Siegfried Unselds Sohn). Zufällig habe ich auch noch eine andere Referenz: Eine Tante von mir war in ihrer Jugend Hausmädchen bei Frisch's (in der Zeit seiner ersten Ehe). Ihr Urteil: Ein "Spinner" und "Danebengeher" (damit meinte sie "notorischer Ehebrecher"). Nun, so kann man es auch sehen...
Was mir aber auffällt: Auch Frisch hat in seiner Spätphase eine starke Aggression gegen seine Heimat, also die Schweiz entwickelt, wie sie sich z. B.  auch bei Thomas Bernhard gegen Österreich herausgebildet hat. Ich habe mich immer gefragt, wogegen sich dieses Ressentiment wirklich richtete und woraus es sich nährte. Ein Land ist doch eine Abstraktion, kann man eine solche hassen? Es werden wohl schon bestimmte Menschen damit gemeint gewesen sein und ein tiefer Frust als Basis. Auffallend ist, dass beide sehr erfolgsverwöhnt waren und schwer-reich geworden, aber doch letztlich an ihre Grenzen gestoßen sind, physisch, psychisch, politisch - ob es damit zusammenhängt? Oder handelt es sich nur die Luxusausgabe des Altmänner-Grants?  Gut, Bernhard war noch nicht so alt, aber bei ihm ging die Uhr einfach bedeutend schneller.
Da fällt mir ein: Auch Ludwig Thoma hat im Alter die "Sau rausgelassen" (im Miesbacher-Boten) - - allerdings: Zu seiner Zeit, da Patriotismus einen hohen Stellenwert hatte, war es einfach nicht gut möglich und auch nicht bekömmlich, gegen sein "Vaterland" zu gifteln (er saß ja auch schon einmal für Majestätsbeleidigung im Gefängnis) - so hat er sich stattdessen die Juden vorgenommen, aus seiner Sicht also die mächtigen Cliquen.
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Stichwort "Grenzen": "Auch auf die Impotenz ist kein Verlaß" (Max Frisch).

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