Sonntag, 18. November 2012

Tosca und Traviata


Der NEUE MERKER: 
Wiener Staatsoper : PACKENDE TOSCA-VORSTELLUNG MIT EMILY MAGEE UND FALK STRUCKMANN (16.11.2012)
Die Papierform verhieß Außerordentliches –und die 554. Reprise in der unverwüstlichen Inszenierung von Margarethe Wallmann (Ausstattung Nicola Benois) wurde tatsächlich eine packende Puccini-Vorstellung – trotz Absage von Startenor Neil Shicoff! Aber im Zentrum des Stückes steht ja der Konflikt zwischen Scarpia und Tosca. Und die waren beide exzellent besetzt. Mit dem grandiosen Falk Struckmann, der einen machtlüsternen, virilen Polizeichefs von Rom porträtierte und stimmlich aus dem Vollen schöpfte. Wirklich großartig war auch das Debüt von Emily Magee in der Titelrolle. Die hochgewachsene US-Sopranistin bietet für die Primadonnen-Rolle alles, was man als Opernfreund hören will: Lyrik und Dramatik, große Theatralik und hingebungsvolles Schmachten im Gebet; strahlende Höhen und pastose Töne in der Tiefe – sie gibt eine noch junge Tosca, die im dritten Akt zur Höchstform aufläuft. Und die sich in den Kostümen bestens ausnimmt, die einst von einer Tebaldi, Rysanek, Price oder Nilsson getragen wurden. Jedenfalls kann man sich nach dieser Tosca auf die Ariadne-Premiere freuen – für Puccinis Primadonnen sind die Ansprüche der Richard Strauss-Partituren offenbar ideal.
Als kompetenter Repertoire-Dirigent erwies sich übrigens Philippe Auguin, der einst bei Karajan und Solti „in die Lehre“ ging. Dritter im Bunde war der Tenor-Einspringer Aquiles Machado. Der junge Mann stammt aus Venezuela und hat schon 1996 als Sänger im Rosenkavalier im Haus am Ring debütiert. Er schien sehr nervös, stieß im zweiten Akt an seine dramatischen und im dritten Akt an seine lyrischen Grenzen. Wohlwollendes Gesamturteil: ein sympathischer Tenor mit Entwicklungspotential. Als Typ ein glaubhafter „latin lover“, als Sänger ein noch uneingelöstes Versprechen. Positiv aufgefallen sind auch Janusz Monarcha als seriöser Cesare Angelotti, Alfred Sramek als köstlicher Mesner und Benedikt Kobel als übereifriger Spoletta.
Der Staatsopern-Chor lieferte ein exzellentes 1.Akt-Finale, das Staatsopern-Orchester hielt sich an die Protagonisten und steigerte sich von Akt zu Akt. Zuletzt relativ kurzer, aber ehrlicher Jubel!
FK: Na ja, die Russen zog es halt alle schon heftig zu ihrem Wodka ………Hr. Machado fand ich nicht so schlecht, aber er ist auch gehandicapt durch sein Aussehen: Klein, mit großem Kopf und tief sitzenden, großen Ohren, deswegen gefiel er den beiden Damen neben mir wohl nicht so besonders! ;=)
Nun zur TRAVIATA, 17.11.12 -  Auch hier wieder die MERKER-Kritik:
… Es ist müßig jetzt noch zu fragen, warum diese langweilige und uninspirierte Inszenierung – ein richtiger Noteinkauf aus einem Sommerfestival der französischen Provinz – unserem Repertoire eine derartige Qualitätslast sein muß. Für das Jubeljahr hätte der angestaubte Schenk´sche Plüschzauber auch noch gereicht, in dem war wenigstens auch noch die Traviata enthalten. Natürlich muss unser Direktor immer wieder beteuern, dass er an dieser Arbeit von Jean-Francoise Sivadier Gefallen findet, wie sonst sollte er diesen Einkauf auch verteidigen.
 Die Staatsoper konnte früher aus dem Ensemble locker einen Alfredo besetzen, der mit der Weltklasse mithalten konnte. Der Name Giuseppe Zampieri stand da z.B. für eine solche Qualität, sein Einsatz als Ersatz für Größen wie etwa für einen di Stefano oder einen Corelli bot keinen allzu großen Qualitätsverlust für den Abend. Jetzt hat man einen Francesco Demuro für den Alfred und dieser hätte für seine gesangliche Leistung früher die Bezeichnung “Krawatteltenor” erhalten und genau so klingt er auch – und das zu unserem Leidwesen, weil in Zeiten, in welchen in den Direktionen dem Gesang, aus Unkenntnis oder Unvermögen, wie auch immer, offensichtlich weniger Bedeutung beigemessen wird, als etwa dem Einfluss des Regisseurs. Nun, Letzterem wurde mit einem schönen, entblößten Oberkörper des Tenors wohl genüge getan.
 Wenigstens konnten die Titelrollenträgerin und auch noch der Einspringer des Abends mit ihren Leistungen reüssieren. Ermonela Jaho benötigte etwas länger, um ihren breit geführten, dunklen Sopran vom gaumigen Beiklang zu befreien und ausdrucksstark zum klingen zu bringen und sie überzeugte auch, soweit das die Inszenierung zuließ darstellerisch. Giorgio Meoni, bekannter Gast als Kavaliersbariton in den meisten europäischen Opernhäusern konnte mit seiner kräftigen, gut geführten und höhensicheren, allerdings wenig farbigen Stimme überzeugen. Dass er im letzten Bild mit dem selben Anzug herumrennen muß wie beim Fest Floras ist ein falscher Spargedanke am Haus, oder soll das ganze doch nur eine miserable Opernprobe darstellen, deren Schlußszene einer Parodie entstammen könnte, in welcher statt des Zusammenbruchs Violettas plötzlich hinter ihr Annina zu Boden plumpst?
(FK: Nicht einmal ein Bett zum Sterben gönnte dieser „Regisseur“ der armen Violetta. Wie erbärmlich und armselig diese Inzenierungen, keinerlei Phantasie, und wenn, dann nur für ablenkende Mätzchen! –- Fr. Jaho fand ich ziemlich gut!)
Die Wiener Philharmoniker, überhaupt der weiche Klang ihrer Celli, überzeugten ebenso wie der Chor unter Thomas Lang, alle unter der routinierten Leitung von Bertrand de Billy. Im Graben, da findet noch Verdi statt.
FK: Und noch mehr Russen! Man sollte vor der Vorstellung den Handy-etc.-Hinweis statt auf Japanisch besser auf Russisch abspielen, denn die Japaner, die nach Wien kommen, können eher Englisch als die neureichen Russen!

Keine Kommentare: