Samstag, 8. November 2008

Burgtheater

Wie man liest, ist das Burgtheater in finanziellen Schwierigkeiten. Wundert mich nicht. Einen erfolgreichen Kurs zwischen den Forderungen des FAZTAZWAZ-Feuilletons samt Lokal-Filialen (mit seinen Gratiskarten) und dem Geschmack der einheimischen, zahlenden Abonnenten zu steuern erfordert ein Geschick, das einem Kulturfunktionär selten gegeben ist; und man kann auch nicht von ihm verlangen, die übersättigten Kritiker zu vergrämen, werden die schönsten Intendatenposten doch de facto vom Groß-Feuilleton vergeben, weil ein Politiker ja keine Zeit hat, um ins Theater zu gehen und sich auf die "Fachleute" verlassen muß. Außerdem ist schlechte Presse das Letzte, was er brauchen kann.

Ich wäre ja dafür, die Theatersubventionen stark zu kürzen: Ich würde für's Leben gern dabei zusehen, wie alsbald und grandios die Regietheaterblase zerplatzen würde. Aber es würde ja wieder nur das Theaterfußvolk treffen, wie immer, wenn abgewickelt, abgebaut, freigestellt, verschlankt, umgetopft wird. Die "Macher" würden es sich schon wieder richten und wieder irgendwo oben schwimmen.

Früher ein eifriger Burgtheater-Besucher, gehe ich jetzt nur mehr selten hin. Ich habe es satt, mmer diese Angst haben zu müssen, daß sich plötzlich irgendjemand unmotiviert die Kleider vom Leib reisst, um uns entweder seinen magersüchtigen Corpus oder seinen brie-farbenen Schmerbauch zu zeigen. Wenn im Original eine Liebesbezeigung poetischer Natur wie etwa ein Kuß steht, so muß heute daraus ein zumindest angedeuteter Geschlechtsverkehr werden u. zw. n allen möglichen van-de-Velde-Positionen. Die armen Dichter früher durften ja nicht zeigen, was sie eigentlich darstellen wollten - sagen uns die Regisseure. Überhaupt muss uns die moderne Regie erst erklären, was der Autor mit seinen beschränkten Mitteln einfach nicht optimal rübergebracht hat. Andeutungen sind für den heutigen Menschen schlichtweg nicht konkret genug, dafür würde man ja Phantasie brauchen! Wo kämen wir denn hin, wenn sich jeder Zuschauer seine eigenen Gedanken machen würde!
--------
Und dann die jungen Damen auf dem Theater, die sind ja generell ganz schlecht ernährt und haben dadurch offensichtlich so wenig Resonanzboden, daß sie nicht laut sprechen können, ohne zu schreien oder zu kreischen, falls Emotionen "rübergebracht" werden sollen. Sprechtechnik würde ja helfen, aber das wäre zutiefst unzeitgemäß. Handwerkliche Qualitäten haben sie offensichtlich nicht - welche dann, fragt man sich. Wahrscheinlich haben sie die richtige Gesinnung. Heute noch "Burgtheaterdeutsch" zu verlangen, finde ich übertrieben, aber ich würde zumindest gerne verstehen, was auf der Bühne gesprochen wird (ich höre laut HNO "wie ein Luchs"). Wenn ich norddeutschen Slang hören will, kann ich das im Privat-Fernsehen bei den Seifenopern billiger haben.

Daß ich nichts generell gegen deutschen Schauspieler habe, zeigt meine Hochachtung für Darsteller wie Gert Voss, Martin Schwab und einige andere mehr, die akzentfreies, schönes Deutsch sprechen können, von anderen darstellerischen Fähigkeiten zu schweigen. Auch in der Geschichte waren es immer wieder deutsche Schauspieler (z.B. Hugo Thimig), die das Burgtheater prägten, ganz ohne "Verwienerung".

Keine Kommentare: