Freitag, 29. August 2008

Schiller heute

"....Was Schiller heute zu einem unzeitgemäßen Autor macht, wurde 1951 als Gipfel der Kunst empfunden. Wird Schiller heute nur noch ironisch gebrochen auf die Bühne gebracht, sehnte man sich damals nach dem reinen, eindeutigen Gefühl, das bei ihm zu finden war. Ernste Klarheit wurde nicht als lächerlich empfunden...."
(Peter Michalzik, Gustaf Gründgens)
Auch 1962 wurde Schiller noch ernstgenommen: In der 8. Klasse des Humanistischen Gymnasiums lasen wir in der Deutschstunde mit verteilten Rollen "Die Jungfrau von Orleans" (ich durfte den Lionel sprechen); weder unsere verehrte Professorin noch wir fanden dabei irgendwas lächerlich - für manche war es höchstens ein bißchen langweilig, im Gegensatz zu den "Räubern" oder auch "Don Carlos".
Beim kürzlichen Wiederlesen von "Jungfrau" und "Carlos" (angeregt durch einen Essay von Th. Mann und weil wir morgen Richtung Weimar aufbrechen) empfand ich ähnlich: Bei ersterem Stück musste ich mich etwas durchquälen und genoss eigentlich nur die Sprache, letzteres "dramatisches Gedicht" nahm mich wie in alten Zeiten gefangen.
Man kommt ins Grübeln darüber, was sich in den letzten ~50 Jahren so Grundlegendes geändert hat, daß man die "Jungfrau" oder gar die "Braut von Messina" heute nicht mehr aufführen kann - außer natürlich, um Schiller als Nazi-Wegbereiter zu desavouieren oder Schiller-Verehrer zu verspotten (das ist ja im modernen Regietheater zulässig).
Ist Pathos wirklich etwas Unanständiges? Ja, ich weiß schon, nach dem Holocaust .... Thema beendet.

Doch noch ein Hinweis: Im Krieg durften einige Schillerstücke gar nicht gespielt werden oder nur gekürzt, z. B. wurde der Pastor-Moser-Auftritt in den Räubern gestrichen.

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