Donnerstag, 17. Januar 2008

Meistersinger


Gestern, 16.1. 2008 "Meistersinger" in der Staatsoper unter Chr. Thielemann, der in Wien sehr geliebt und bewundert wird; wie ich finde, zu Recht. Die "Fortschrittlichen" in Deutschland nehmen ihm übel, dass er sich auf das klassisch-romantische Repertoire beschränkt - mit den üblichen Unterstellungen (siehe auch unten). -Statt J. Botha wieder ein anderer adhoc-Einspringer: Raymond Very, ein Amerikaner, der trotz Jetlag seine Aufgabe so weit meisterte, dass es anzuhören war - allerdings mit gehöriger Hilfe Thielemanns und des Orchesters. Darin diesmal am Hochholz M. Gabriel und K. Brosch. Ganz vorzüglich Adrian Eröd als Beckmesser. Und dass man sowas wie die Schenk-Inszenierung noch sehen kann, grenzt an ein Wunder. Hoffentlich ist sie irgendwo als Video aufgezeichnet. - Insgesamt ein großes Erlebnis.

Der Standard, auch "fortschrittlich" wie immer, fühlte sich in seiner Kritik zu politisch-historischen Kommentaren bemüßigt:


http://christianthielemann.blogspot.com/2008/01/medien-meistersinger-in-wien.html.

Mein Leserbrief:"Es wäre schön, wenn Sie in die Oper einen Kollegen schicken könnten, der sich auf die musikalischen, allenfalls szenischen Belange einer Aufführung beschränkt und seine Spalten nicht für Geschichts- bzw. Ethik-Unterricht mißbraucht. Für mich ist nun mal die Oper keine politisch-moralische Anstalt - und auch der Standard ist auch keine

Antwort:"Sehr geehrter Herr Kumpfmüller,Vielen Dank für Ihren Leserbrief.Ihrer Ansicht, die Oper sei "keine politisch-moralische Anstalt", stimme ich zu. Allerdings folgt Kunst zwar immer ihren eigenen Gesetzen, bewegt sich aber nicht im luftleeren Raum. Eine Oper wie die "Meistersinger" transportiert schon von sich aus so viel an Ideengeschichte, dass man diese meiner Meinung nach nicht übergehen sollte; wenn dies in der Interpretation derart stark zu tragen kommt wie im Fall des Beckmesser von Adrian Eröd, lässt sich die musikalische und szenische Leistung nach meinem Dafürhalten erst vor diesem Hintergrund vollständig beurteilen. Mit freundlichen Grüßen Daniel Ender(Standard)

"Kunst lebt nicht nur vom Lieblichen, sondern ist in der Sache politisch" sagt Alfred Hrdlicka. Das könnte ich sogar unterschreiben, wenn man politisch nicht banal im Sinne von Links und Rechts versteht, sondern als "geschichtsbezogen", aber Geschichte nicht auf die Tausend Jahre von 1933 bis 1945 verkürzt, sondern als Kontinuum von Vergangenheit, Gegenwart und Zukuft.

Ich kann einfach diese Bevormundung mancher Kritiker und Regisseure nicht mehr ertragen, die mir immer den Querbezug zur heutigen Realität (und zur deutschen Vergangenheit) mit dem Hammer einbleuen wollen. Man sollte sich ja nicht ärgern, denn damit mißt man den Wichtigtuern jene Bedeutung bei, um die es ihnen zu tun ist und die sie gar nicht verdienen. Ich kann auch die Internetforen, in denen es um Klassik geht (Tamino, Der Neue Merker) schon gar nicht mehr besuchen, weil ich damit meine Gesundheit gefährde (Blutdruck).

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