Dienstag, 20. November 2018

Meta Physik

Schopenhauer-Metaphysik

Die kosmogonischen Betrachtungen geben uns zunächst zu zwei metaphysischen Anlaß. Erstlich, daß im Wesen aller Dinge eine Zusammenstimmung begründet ist, vermöge welcher die uranfänglichsten, blinden, rohen, niedrigsten Naturkräfte, von der starrsten Gesetzlichkeit geleitet, nichts Geringeres zustande bringen als das Grundgerüst einer Welt, mit bewunderungswürdiger Zweckmäßigkeit zum Entstehungsort und Aufenthalt lebender Wesen eingerichtet, in der Vollkommenheit, wie es die besonnenste Überlegung, unter Leitung des durchdringendsten Verstandes und der schärfsten Berechnung, nur irgend vermocht hätte. Die zweite durch jene Kosmogonie veranlaßte metaphysische Betrachtung ist eben, daß selbst eine so beträchtlich weit reichende physische Erklärung der Entstehung der Welt dennoch nie das Verlangen nach einer meta physischen aufheben, oder die Stelle derselben einnehmen kann. Im Gegenteil, je weiter man der Erscheinung auf die Spur gekommen ist, desto deutlicher merkt man, daß man es nur mit einer solchen und nicht mit dem Wesen der Dinge an sich selbst zu tun hat. Damit meldet sich denn das Bedürfnis einer Metaphysik.

Vielmehr werden die größten Fortschritte der Physik das Bedürfnis einer Metaphysik immer fühlbarer machen.

Die Physik vermag nicht auf eigenen Füßen zu stehen, sondern bedarf einer Metaphysik, sich darauf zu stützen, so vornehm sie auch gegen diese tun mag. 

A. Schopenhauer


            Heute müsste man das Wort "vornehm" wohl durch "überheblich" ersetzen.

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