Mittwoch, 18. März 2015

Zwielichtzone

 "Das Schlimmste trifft auch manchmal zu. Wir sind Männer, haben damit zu rechnen, uns dagegen zu wappnen und uns vor allem klar darüber zu werden, daß wir am Absurden, welches sich notwendigerweise immer deutlicher und mächtiger zeigt, nur dann nicht scheitern und uns einigermaßen wohnlich auf dieser Erde einrichten werden, wenn wir es demütig in unser Denken einkalkulieren. Unser Verstand erhellt die Welt nur notdürftig. In der Zwielichtzone seiner Grenze siedelt sich alles Paradoxe an. Hüten wir uns davor, diese Gespenster >an sich< zu nehmen, als ob sie außerhalb des menschlichen Geistes angesiedelt wären, oder, noch schlimmer: Begehen wir nicht den Irrtum, sie als einen vermeidbaren Fehler zu betrachten, der uns verführen könnte, die Welt in einer Art trotziger Moral hinzurichten, unternähmen wir den Versuch, ein fehlerloses Vernunftgebilde durchzusetzen, denn gerade seine fehlerlose Vollkommenheit wäre seine tödliche Lüge und ein Zeichen der schrecklichsten Blindheit."

F. Dürrenmatt, Das Versprechen

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