Mittwoch, 21. April 2010

Mißbrauch III

Heute ist Standard, daß man seine Kinder nicht schlägt und auch nicht seine Diener, wie das früher gang und gäbe war.
Es ist aber leider auch Standard, daß man die frühere Praxis verurteilt, ohne zu unterscheiden zwischen der überwundenen Praxis als solcher und den Leuten der damaligen Zeit, die sie ausgeübt haben im Bewußtsein, nichts Unrechtes zu tun.
Da die meisten Leute überhaupt kein historisches Verständnis haben, verurteilen sie auch die Menschen, die - den damaligen Umständen entsprechend - geohrfeigt und geprügelt haben.
Sie unterstellen damit den Vorfahren, daß sie schon damals hätten wissen müssen, daß prügeln nicht korrekt ist. Die gesetzliche Verjährungsfristen haben u. a. auch diesen Sinn, daß nicht mit heutigen Gesichtspunkten früheres Verhalten abgeurteilt wird. Wohlgemerkt: Es geht hier nicht um KAPITAL-Verbrechen!
Die ganze gegenwärtige Moral-Branche lebt davon, daß nicht(s) vergessen und verziehen wird!
Der Großteil der heutigen, ach so anständigen Menschen lebt ja in dem Bewußtsein, den höchsten Stand der Kultur und Korrektheit in der Geschichte der Menschheit erreicht zu haben. Das zeugt von ungeheurem Hochmut. Wir haben allenfalls den Gipfel des Pharisäertums erreicht.

Eugen Roth:
Ein Mensch betrachtet einst näher
die Fabel von dem Pharisäer,
der Gott gedankt voll Heuchelei
dafür, dass er kein Zöllner sei.
Gottlob! rief er in eitlem Sinn,
dass ich kein Pharisäer bin!
-----------
Gleichnis vom Pharisäer und Zöllner:
Er sagte aber zu etlichen, die sich selbst vermaßen, daß sie fromm wären, und verachteten die andern, ein solch Gleichnis: Sie erkennen die Gerechtigkeit nicht, die vor Gott gilt, und trachten, ihre eigene Gerechtigkeit aufzurichten, und sind also der Gerechtigkeit, die vor Gott gilt, nicht untertan.{Matthäus.5,6} 5,6Selig sind, die da hungert und dürstet nach der Gerechtigkeit; denn sie sollen satt werden. Es gingen zwei Menschen hinauf in den Tempel, zu beten, einer ein Pharisäer, der andere ein Zöllner. 11Der Pharisäer stand und betete bei sich selbst also: Ich danke dir, Gott, daß ich nicht bin wie die anderen Leute, Räuber, Ungerechte, Ehebrecher, oder auch wie dieser Zöllner ... Ich faste zweimal in der Woche und gebe den Zehnten von allem, was ich habe. Ich aber sage euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, ihr Heuchler, die ihr verzehntet die Minze, Dill und Kümmel, und laßt dahinten das Schwerste im Gesetz, nämlich das Gericht, die Barmherzigkeit und den Glauben! Dies soll man tun und jenes nicht lassen. Und der Zöllner stand von ferne, wollte auch seine Augen nicht aufheben gen Himmel, sondern schlug an seine Brust und sprach: Gott, sei mir Sünder gnädig! Die Opfer, die Gott gefallen, sind ein geängsteter Geist; ein geängstet und zerschlagen Herz wirst du, Gott, nicht verachten.Ich sage euch: Dieser ging hinab gerechtfertigt in sein Haus vor jenem. Denn wer sich selbst erhöht, der wird erniedrigt werden; und wer sich selbst erniedrigt, der wird erhöht werden.
--------------------------------
Abgesehen davon: Es gab auch früher Menschen, die aus ihrer inneren Einstellung heraus nicht geprügelt haben, aber sie waren die Ausnahme. Meine Mutter z. B. hat nie die Hand gegen mich erhoben außer in einem Fall, wo sie im Nachhinein soviel Angst um mich ausgestanden hat, daß sie die Beherrschung verlor. Und es gab auch Erzieher im Internat, die niemals ohrfeigten.

Keine Kommentare: