Montag, 23. Dezember 2019

Das ist Fontane!

 Daß diese verstehende Güte bei Fontane nicht weichliche Veranlagung, sondern auch von ihm mühsam errungene Weisheit ist, das zeigen seine Briefe, die oft genug voll Bitterkeit sind. Aber die Bitterkeit führt eben zu nichts, die Mahnung heißt »verstehe, steh’ darüber«. 
 Er teilt keine Prädikate aus. Er läßt sie einfach handeln, so wenn Bodo die lange Fahrt zum Bahnhof macht, um der alten Gärtnersfrau den im Scherz versprochenen Kranz aufs Grab zu legen, oder der alte Graf den Wagen anhält, um Stine den Platz neben sich anzubieten, oder die Familie des bei St. Privat gefallenen Hauptmanns sich tapfer durchs Leben schlägt, oder der alte Stechlin seine letzten Gespräche mit dem Gendarmen führt. 
Wenn er die Überspannung des Standesgefühls zu tadeln hat, so läßt er Effi von ihrem Mann nur die paar Worte sagen: »er war so edel, wie ein Mann sein kann, der ohne rechte Liebe ist« 
R. Berbig, Fontäne Blätter

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