Donnerstag, 22. September 2016

Konsequenzmacherei

Zu Richard Wagner: 
"Wer wollte bezweifeln, daß es nach Auschwitz schwer fällt,
bei den Exzessen, die in Cosimas Tagebüchern festgehalten
sind, die Fassung zu bewahren? Das Problem der Vorläufer-
schaft läßt sich jedoch nicht auf einen monokausalen Zusam-
menhang eingrenzen, und es sind immer erst die Nachfolger,
die sich ihre Vorläufer erschaffen. Ihnen das neunzehnte
Jahrhundert auszuliefern - und wahrscheinlich noch etwas
mehr, wenn man es wieder genau nimmt -, wäre Hitlers
später Sieg."
 »Völlig unsinnig ist es«,
             heißt es in Ernst BlochsVortrag »Über die Wurzeln des Nazismus« ,
»sich durch den Nazi um irgendein deutsches Kulturerbe betrügen zu lassen; es ist selbst für Bedenkliches an Wagner, diesem kolossalen Musikphänomen, keine 'Enthüllung'. Zu dieser sind andere Mittel bereit, solche, die nicht aus düster-übersteigerter Konsequenzmacherei bestehen, die vor allem das Bayreuther Genie oder den Vornehmen von Sils Maria [H.Hesse] nicht aus den Händen Hitlers entgegennehmen lassen. Die Musik der Nazis ist nicht das Vorspiel zu den Meistersingern, sondern das Horst-Wessel-Lied; andere Ehre haben sie nicht,andere kann und soll ihnen nicht gegeben werden.«
"Man hat Richard Wagner entweder ganz oder gar nicht.
Eine reinliche Scheidung zwischen Gutem und Bösem,
Bedeutung und Anmaßung, Zukunftsweisendem und Rück-
wärtsgewandtem ist ebenso unmöglich wie eine Trennung
von Licht und Schatten in dem Jahrhundert, das er samt sei-
nen Strömungen und Tendenzen bis ins letzte repräsentiert."
M.Gregor-Dellin, Was ist Größe? 


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