Sonntag, 1. Dezember 2024

Mitreiser

 Schön langsam wird mir eines meiner Hobbies verleidet: Das Eisenbahnfahren - speziell in den Fernzügen. Das vorwiegend höher getaktete Mitreisepublikum geht mir zunehmend auf die Nerven. Die östlichen Touristen mit ihren riesigen Reisenkoffern sind zwar von asiatischer Rücksichtlsosigkeit, aber in den seltesten Fällen laut. Sehr laut hingegen sind Damenkränzchen auf Tour - da helfen nur mehr Kopfhörer. 

Wirklich zuwider sind mir aber jene Zeitgenossen, die offenbar aus ideologischen und zeitgeistigen Gründen mit der Bahn fahren: Natürlich kommen sie mit last-minute Reservierung per INTERNET, fressen begeistert Müsli und Knäckebrot, zuzeln hingebungsvoll an ihrer Fruchtmolke und trinken vorbildhaft aus einer Edelstahl- oder Leichtmetalltrinkflasche. Ich mit meiner PET-Flasche samt (horribile dictu) prickelndem Inhalt möchte in den Polster versinken, eine Dose Bier traue ich mir sowieso nur mehr in Regionalzügen aufzumachen. 

Sie sind ja im Kopf alle so nonkonform und unabhängig - aber folgen in der Praxis total konform den banalen Einflüssen der sozialen Medien und ihren Mode-Diktaten.

SPx

 Werner Finck beschrieb einmal die Problemlage eines Vorsitzenden der SPD der 90ziger Jahre : "Wie werde ich die Arbeiter los?". 

Heute müsste es wohl heissen - und auch in der SPÖ: "Wie werde ich die liberalen Linksintellektuellen los?".

Freitag, 29. November 2024

Der Nörgler

 Der Optimist: Aber es gibt doch wenigstens ein Ideal. Ist es da mit dem Übel nicht vorbei? 

Der Nörgler: Das Übel gedeiht hinter dem Ideal am besten.


Karl Kraus

Sonntag, 27. Oktober 2024

Weltverbesserer

 Montaigne:

Jene, die .....  versucht haben, die Sitten der Welt durch neue Lehren zu reinigen, bessern den äußeren Schein der Laster; die des inneren Wesens lassen sie unbehelligt, wenn sie ihnen nicht gar Vorschub leisten; und dieser Vorschub ist sehr zu befürchten: unter dem Vorwand dieser äußeren und willkürlichen Weltverbesserung, die weniger kostet und größere Ehre einbringt, entschlägt man sich gern jeder anderen Rechtschaffenheit und läßt dergestalt wohlfeil  den andern innerlichen und eingefleischten Untugenden die Zügel schießen.


Montag, 21. Oktober 2024

Unbedingt

F. Nietzsche:



 

Donnerstag, 10. Oktober 2024

Gehirnwinde

"Einen ,‚Flatus in cerebro” will ich das nennen: Wenn einem ein Vapeur ins Gehirn steigt, so hält man es für eine göttliche Erleuchtung."

A. Schopenhauer


Übersetzung: "Hirnschas".

Betreutes Denken

Monika Gruber prägt den tollen Satz vom  "betreuten Denken im öffentlich-rechtlichen Fernsehen".

Bravo!


Mittwoch, 2. Oktober 2024

Dominanz-Arroganz-Penetranz ----> Larmoyanz

 Nach der für sie katastrophalen Wahl 2024 lecken sich die linksliberalen Gut-Promis im STANDARD und ähnlichen Journalen die Wunden....

Ich habe mir in den letzten Tagen die Reaktionen der vorwiegend linkdrehenden Redaktionen auf das Wahlergebnis zu Gemüte geführt. Es herrscht Apokalypse-Stimmung, Bestürzung und Ratlosigkeit: Warum honoriert der gemeine Wähler nicht besten Absichten von uns Guten und Gescheiten? Warum vertrauen sie nicht auf unsere hochmoralischen Meinungen und Rezepte?  - 

Außer in ganz schüchternen Ansätzen gab es nirgendwo Selbstkritik nach dem Motto: Was machen wir falsch? Sollten wir nicht unsere Positionen überdenken oder überprüfen? Natürlich ist das für sie außerhalb jeder Denkmöglichkeit - und das ist auch gut so, denn eine Demontage des Selbstbildes der meinungsführenden Eliten würde die gesamte Medienwelt in einen kollektiven Burn-Out stürzen. Und so viele Psychotherapie-Betten wie benötigt gibt es gar nicht, auch nicht für Selbstzahler und Klasse-Patienten. Und eine Suizid-Welle braucht man auch nicht zu befürchten, aber es braucht natürlich einige Zeit, bis man sich neu ausgerichtet hat....

Samstag, 28. September 2024

Wickel

 Keine Kirche  hält ihre Gläubigen so eng am Wickel wie die "moderne Wissenschaft" Ihre Gemeinde.

F. Nietzsche

Donnerstag, 26. September 2024

Klimatheologie

 

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Von: Richard Krampl <richardkrampl7@gmail.com>
Gesendet: Dienstag, 24. September 2024 11:14
An: DiePresse Leserbriefe <diepresse.leserbriefe@diepresse.com>
Betreff: "Klimatheologie"

Ich gratuliere Herrn Kumpfmüller zu seinem tollen Leserbrief (23.9.). Auch ich sage immer: "Es gibt keine Krise des Klimas sondern eine Krise der Klimatologie". Es wird fälschlicherweise von einer statistischen Korellation zwischen CO2-Gehalt der Atmosphäre und der Temperatur auf eine kausale Verknüpfung geschlossen. Dies ist der häufigste Fehler in der Wissenschaft. Tatsächlich ist es eher umgekehrt, dass die erhöhte Temperatur die Ursache des erhöhten CO2-Gehaltes ist (weil die erhöhte Temperatur zu einer Beschleunigung des natürlichen Kohlenstoffkreislaufes führt). Die Klimatologen sollten sich einmal intensiver wissenschaftstheoretisch mit Sir Karl Popper auseinandersetzen (verifizieren/falsifizieren). Hier einige Fakten und Anregungen:

- "Nicht das CO2, sondern die Sonne diktiert das Klima" (Univ.-Prof. Dr. Anton Krapfenbauer)

- "Das Klima bedarf nicht des Schutzes." (Univ.-Prof. Dr. Rudolf Taschner, ÖVP)

- Die globale Durchschnittstemperatur beträgt 14.5°C - seit ca. 40 Jahren gleichbleibend

- "Das erste Opfer globaler Erwärmung: Die Wahrheit" ("Die Presse", 31.12.2018, Seite 18)  

- "Lernen Sie (Klima-) Geschichte!" (frei nach Bruno Kreisky)

- 2 Klimatologen am Rande eines Klimatages (Mittagspause). Sagt der eine zum anderen - und es ist tatsächlich fast so witzig wie ein Witz: "Was das Klima betrifft, habe ich zwei Meinungen: eine dienstliche und eine private."

Wenn man sich vor Augen hält, dass sich nahezu alle Planeten erwärmen, dann wird schnell klar, dass die Ursache der Erwärmung nur die Sonne sein kann und nicht der Mensch bzw. das CO2.

Richard Krampl, Zeltweg


Donnerstag, 19. September 2024

Psychodame

Eine der köstlichsten Satiren über die Psychoanalyse findet sich im Roman "Ein  Hund mit Charakter" von Sándor Márai  im Kapitel "Psychoanalyse". Leider ist der Text zu lang, um hier eingefügt zu werden, aber vielleicht ein paar Tupfer: Eine mir der Familie befreundete "Psychodame" tritt auf und will klären, warum der Hund - der Puli Tschutora - Probleme macht:

.....»Er kläfft also?« erkundigt sie sich honigsüß und nickt mit ernster Miene. Sie will damit wohl sagen: »]a, ja, natürlich kläfft er, genau das habe ich erwartet.« Nach einer kurzen Pause wendet sie sich an die Dame: »Hast du dich gelegentlich in seiner Gegenwart ausgezogen?« Die Angesprochene kramt verlegen in ihrem Gedächtnis, doch da mischt sich der Herr ein und berichtet, daß er sich öfter ausgezogen hat, wenn Tschutora im Zimmer war. »Na also«, stellt die Analytikerin zufrieden fest. »Hat er Sie dann ... im Schlafrock gesehen? Mehrfach? Als er noch ganz klein war? Eventuell erst ein paar Wochen alt?« All das fragt sie leise und mit großem Ernst.

Offenbar ist jedes Detail wichtig; sie will auch wissen, ob Tschutora nicht vielleicht im Bad war, als die Dame oder der Herr gebadet hat? »Nicht? ... Überlegen Sie nur!« Dame und Herr beginnen nachzudenken, wechseln verlegene Blicke und senken dann verschämt die Köpfe. Das wäre schon möglich, entgegnet hastig der Herr, wieder anstelle der Dame, und keinesfalls auszuschließen, die Wohnung sei klein, und der Hund schleiche in den Zimmern herum, möglich, daß er gelegentlich unbemerkt auch ins Badezimmer gekommen sei, wenn einer von beiden ein Bad nahm. Doch warum sie das frage?

»Oh, eigentlich nicht so wichtig«, antwortet die Expertin liebenswürdig und mit verständnisvollem Lächeln. » Im Schlafrock also ... der Kleine hat Sie im Schlafrock gesehen?« möchte sie dann ganz nebenbei noch wissen. Im Schlafrock? ... Der Herr grübelt.

»Besser gesagt in Unterhosen«, sagt er dann schuldbewußt. Um es genauer zu sagen, das Tier hatte öfter die Möglichkeit, seinen Herrn in Unterhosen zu sehen, als ganz Kleiner und auch später, morgens und abends, beim Anziehen und beim Ausziehen. Ja, ja, natürlich habe er ihn in Unterhosen gesehen. »Aber hat das etwas zu bedeuten? ... «

Oh, sie hätte nur gern gewußt.................

......Die sanften, aber bestimmten Diagnosen, die sicheren Meinungsäußerungen der Analysedame wie auch die unfehlbaren Urteile in all den Wirrnissen kann der Herr nur staunend bewundern. Diese Kompetenz, denkt er anerkennend, auf welch festem Fundament sie doch stehen, wieviel Routine in einer Düsternis, in der sich selbst Schopenhauer nur schwer zurechtfand! Odium figulinum, erinnert er sich an den Lieblingsbegriff des großen deutschen Pessimisten, möglicherweise verhilft ihnen das zum derartig erfreulichen selbstbewußten Zusammenhalt. Wohl die zur Zunft gehörende Mißgunst der Töpfer! Jedenfalls packt einen der Neid, wenn jemand auf die Frage, woran ein analysierter Mensch denn zu erkennen sei, mit sanftem Verständnis antwortet, das wisse er nicht, aber den Nichtanalysierten erkenne man mühelos und untrüglich an seiner Angst vor der Analyse ... Damit ist doch alles klar.


odium figulinum 


Mittwoch, 11. September 2024

Der Brandstifter in uns (Brandstetter)

 Es gibt ja genug falsches Pathos in der Literatur, jede Menge künstlicher politischer Aufregung unter den Schriftstellern, moralischen Abscheu vor dem oder jenem wirklichen oder vermeintlichen Schurken, die Leute steigern sich in etwas hinein und kommen sich dann weiß Gott wie gerecht vor, die Selbstgerechtigkeit der Schriftsteller ist grenzenlos, auch die Besserwisserei. (Sie sind etwa gegen Faschisten und landen unweigerlich bei der faschistischen Menschenverachtung.) In dieser Atmosphäre der hektischen moralischen Betriebsamkeit, des Aufrufe- und Appelleunterschreibens, das einige nicht mehr zur eigentlichen Literatur kommen läßt, in diesem Treibhausklima der künstlichen, bloß behaupteten, aber leeren und schalen Tugendhaftigkeit, in all diesen Kampagnen und Kreuzzügen, den Feldzügen und dem Zufeldeziehen tut es sicher gut, wenn sich einmal jemand ehrlich selbst erforscht und einbekennt, daß der Drang, Schaden zu spenden, Unheil anzurichten, gerade so groß und stark in ihm ist wie jener des Schadenverhinderns und -abwendens. Der Brandstifter ist in uns genauso groß wie der freiwillige Feuerwehrmann. Und die Medien gehen dementsprechend bei ihrer Berichterstattung über Eisenbahnunglücke, einen Waldbrand in Spanien, über Flugzeugentführungen und anderen Terror weit über das Informationsbedürfnis hinaus. Befriedigt wird nicht bloß das Informationsbedürfnis, sondern die alte Neugier, die eine häßliche Gier ist. Der Mensch genießt die Meldung, insofern er die Neugier befriedigt und sich in seinem Mitleid genießt. Er befriedigt letztlich seine Schadenfreude, wie entrüstet er ein so niedriges Motiv auch von sich weisen und in Abrede stellen würde.

Tschutora und die Liebe zu den Tieren und den Menschen in Zeit&Raum

Tschutora

…… so verlieren vorwiegend ältere Fräulein und eingefleischte Junggesellen unter den pensionierten Beamten ihr Herz an Kanarienvögel und Hunde. Zwar akzeptiert er die Mutmaßung, daß, wer Tiere liebt, kein böser Mensch sein kann, doch hegt er zugleich den Verdacht, daß manche es einfach bequemer und billiger finden, ein Tier statt eines Menschen zu lieben. Ihm erscheint es als Ausflucht, etwa so, als versuche jemand, sein gewaltiges Liebesdefizit Menschen gegenüber mit Trinkgeld oder aus der Portokasse zu begleichen.

» Tiere lieben ... «, sinnt er weiter, auch das ist nur so eine Floskel. Am Ende liegt ihm gar nichts an Tieren, normalerweise jedenfalls. Wenn er an Rinder, Kaninchen oder Hunde, an ihr Schicksal im allgemeinen denkt, so rührt ihn das nicht sonderlich. Ihm ist stets und in allem nur am Individuum gelegen, er liebt auch nicht »die Menschheit«, sondern pflegt Beziehungen ausschließlich und allenfalls mit gewissen von ihm selbst gewählten Menschen. Jedes allgemeine Gefühl, jeder kategorische Enthusiasmus erfüllt ihn mit Argwohn; hat er doch die Erfahrung gemacht, daß diejenigen, die für »die Menschheit« oder für »die Tierwelt« insgesamt und bedingungslos ein großes Herz haben, oft einen Josef oder einen herrenlosen Hund, der sie anbettelt, mit einem Achselzucken verrecken lassen. 

Es fällt ihm dennoch schwer, den Widerstand aufzugeben; die Scham, die ihn überkommt, wenn er sich um ein Tier kümmert, wohl wissend, daß jetzt gerade hundert Millionen Menschen auf der Erde ... - doch wie soll er sich mit hundert Millionen Menschen abgeben? Wie soll er sie alle lieben? Wie kann er etwas für sie tun, wenn er keinen einzigen von ihnen kennt? Vielleicht sollte man die Welt doch einfach da anpacken, wo sie einem am nächsten ist, wo man sie zu fassen bekommt? Und was für eine schockierende und deprimierende Entdeckung ist für ihn auch die Tatsache, daß Leben auf dieser Welt immer zugleich Leben gegen andere ist, vor allem wenn man anfängt, mit wachsender Hingabe für jemanden zu leben. Die Welt ist voll von rachitischen Kindern, krebskranken Greisen, unbegabten Autoren, mißverstandenen Genies, unansehnlichen Frauen und Ringern mit Leistenbruch: Ihm ist bewußt, daß seine vornehmste Aufgabe darin bestände, diesen zu helfen, möglichst allen und nachhaltig - und dann, wenn all das erledigt ist und er immer noch einen kleinen Überschuß an Gefühlen, Hingabe und Eifer hat, dann darf er diesen zum Beispiel auch an einen Hund verschwenden ... Doch eine solche Lösung, die zugleich mit einer umfassenden Erlösung der Welt verbunden ist, wird, wie er befürchtet, nicht leicht zu erreichen sein. 

 Tschutora weiß noch nicht, wie lang eine Minute oder ein Tag ist, ihm fehlt auch das Gefühl dafür, was mehrere Tage sind. Geht ein Hausgenosse fort und bleibt eine halbe Stunde weg, so ist er bei dessen Rückkehr genauso glücklich, empfängt ihn mit ebenso wilden Sprüngen, strahlenden Augen und sich freudig überschlagendem Bellen, als wäre sie oder er nach tagelanger Abwesenheit heimgekehrt. Auch wenn Theres nur für eine Minute aus dem Zimmer geht, wird sie anschließend so begeistert begrüßt, als käme sie von einer langen Reise zurück. Noch wird er nur von seinem »Instinkt« durch die Gefahren und Möglichkeiten der vier Dimensionen geleitet, diese in der Zeit sich vollziehende mehrdimensionale Welt ist für ihn noch immer nur irgendein wohliges Durcheinander, Wissen und Erfahrung konnten die angenehm schweifende Ziellosigkeit, in der er lebt, noch nicht zerstreuen. Er kommt ganz gut ohne Zeitgefühl aus: Seine Herrschaften beneiden ihn um die uneingeschränkte Freiheit, in der er sich weder durch Mutmaßungen noch durch Vorurteile stören läßt. Er lebt ohne Zeit, und auch die Gesetze des Raums sind ihm gleichgültig.

 Was für eine wilde, unbändige Freude, wenn einer ·der Hausleute heimkommt! Es hat noch nicht geläutet, und auch Schritte sind auf den Stufen nicht zu hören, doch der Winzling Tschutora, der absolut nichts von Zeit, Raum und Entfernungen versteht, ist bereits aus seinem Dösen aufgeschreckt und sitzt in Habachtstellung. Gewiß hat er noch nicht den leisesten Laut vernommen, der Heimkommende ist womöglich erst unten an der Haustür, und es werden noch Minuten vergehen, bevor sich der Schlüssel im Schloß der Wohnungstür dreht. Tschutora aber weiß längst Bescheid und blickt dem Herannahenden mit ungeduldiger Erwartung entgegen. Welche Sinnesorgane sind es, die ihm diese Information übermitteln? Die Augen, die Ohren, die Nase? Unzulängliche Begriffe allesamt. Ein viel feineres Instrumentarium, mit dem Tschutora die Welt wahrnimmt, überprüft und registriert, ist bereits in Funktion, wenn der Ankommende gerade erst in die Gasse einbiegt. Drahtlos, über Frequenzen, die mysteriöser und rätselhafter sind als alles, was der Mensch mit seinen subtilsten Apparaturen zu empfangen vermag, erreicht ihn die Information; Membranen von größerer Schallempfindlichkeit als jedes Mikrophon übermitteln ihm Geräusche, für deren Wahrnehmung der Mensch kein geeignetes Instrument besitzt; hier tritt jenes nicht zu benennende Fluidum, ein Begleitphänomen des organischen Lebens, in Aktion, dessen Schwingungen uns so wenig bekannt sind wie die Beschaffenheit des elektrischen Stromes und das, was wir bequem und vereinfachend »Instinkt« nennen. So ist Tschutora also längst über die Absicht des Heimkehrenden iformiert, wenn dieser noch an der nächsten Straßenecke mit einem Nachbarn plaudert. Als Kreatur ist er minderwertiger, kann nicht reden, und seine Bildung läßt zu wünschen übrig, Tschutora ist auch nicht in der Lage, die höheren Weihen der Hundeausbildung zu erlangen, er mag nicht auf zwei Beinen gehen, und es gibt nur wenig Hoffnung, daß er dereinst im Zirkus Karriere macht, wo gelehrte und gelehrige Hunde vor dem faszinierten und applaudierenden Publikum zweibeinig auf dem Seil tanzen und dabei in der Pfote einen roten Sonnenschirm schwenken. Nein, Tschutora ist gedrungen, fast plump, sogar ein bißchen gewöhnlich, ein Bauer, wie Theres zu sagen pflegt. Doch dafür besitzt er andererseits nebensächliche Fähigkeiten, dank derer er zum Beispiel vom Herannahen einer vertrauten Person schon Minuten vor deren Ankunft Kenntnis hat. Er setzt sich in Positur, rennt zur Eingangstür, nimmt hier in der Stadtwohnung, zwischen Mauern und Mobiliar, Witterung auf wie ein Jagdhund in freier Wildbahn, der - wie es in der Jägersprache heißt - »das Wild ausmacht«. Sie muß in der Nähe sein! ... vermeldet er mit der Sprache seines ganzen Wesens, die nervösen Ohren, der hochstehende buschige Schwanz senden Signale aus. Und Tschutora irrt sich nicht, niemals. ·Sie muß bereits durchs Tor gehen, kommt schon die Stiege hoch, teilt er in immer begeisterter geäußerten Morsezeichen mit. Dann kläfft er einmal in seiner Aufregung. Stürzt ins andere Zimmer, stellt sich vor den Herrn, bellt ihn an, hüpft ihm aufs Knie, rast zurück zur Tür, versucht mit den Vorderpfoten die Türklinke zu erreichen, wirft sich mit der Brust gegen die Tür, jagt noch einmal in Kreisen durch die Wohnung, sein Geheul, Gerenne und andere Zeichen der Freude, die alle Erklärungen überflüssig machen, annoncieren überschwenglich: »Sie kommt! ... Verstehst du denn nicht? ... Sie ist da! Was für ein Glück! Juchhe! Gleich tritt sie ein!« Dann stemmt er die Vorderpfoten gegen die Tür, verharrt in der Stellung, um sie gleich ganz in Besitz zu nehmen. Und erst jetzt dreht sich der Schlüssel im Schloß der Vorzimmertür.

Mit einem Satz springt er an der Eintretenden hoch, plumpst auf den Boden zurück, rutscht aus, überschlägt sich ....., hüpft wieder an der Dame hoch, quittiert ihre Heimkehr mit fröhlichem Gebell, mit Schweifeln und Schnuppern. Hechelnd und mit hängender Zunge, aber strahlenden Auges und mit unmißverständlich liebevollem Blick, fixiert er die Erscheinung, die den Gefahren der Welt entgangene, heimgekehrte Dame.

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Aus "Ein Hund mit Charakter" von Sandor Marai.

Im übrigen habe ich mit Katzen diesselbe Erfahrung gemacht: Irgendwie scheint die Zeit der Menschen und Tiere nicht ganz synchron zu  laufen.

 

 


Sonntag, 8. September 2024

Forsch in Richtung 1984

Habe mich über den untenstehenden Text (2. Absatz) maßlos geärgert! So wird ein Künstlerleben posthum  "gesäubert" von Leuten, die sich liberal gebärden. Pfuissimo!


 

Fette Böden

 ....bin wieder rückfällig geworden....



Samstag, 7. September 2024

Bruckner im Trend

 Der gute Anton Bruckner, den jetzt vor allem jene feiern, die seinen Intentionen am fernsten stehen, ist ja vor allem für Biographen der absolute Horror: Keine nachweisbaren antisemitischen Äußerungen, keine geheimen sexuellen oder andere abartige und  vermutbare Ausschweifungen  etc..... da hilft alles Schürfen der linken Trüffelschweine nichts, weil nicht einmal ein Konjunktiv zur Verfügung steht  - da würde man als Schreiberling doch eher die Finger davon lassen - ja wäre da nicht das vermaledeite Jubiläum!

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Und wer sich da nun alles zu Wort meldet....eine ehemaliger Manager des Brucknerhauses, der sich auch nicht vergessen lassen will.

Donnerstag, 22. August 2024

Eine gute Lüge

»Mit der Wahrheit hat es so seine eigene Bewandtnis. Sie ist sehr schmucklos und so einfach, dass man sie leicht übersieht, genau wie das bescheidene Gänseblümchen, das vom Glanz der prächtigeren Blumen überstrahlt wird. Natürlich kann auch ein Gänseblümchen dem, der sehen will, unendlich viel Anregung schenken. Die Mehrzahl der Menschen freilich fühlt sich vom Unglaubwürdigen mehr angezogen.« 

»Meine Herren, wie unrecht tun Sie Münchhausen. Sie sollten ihm dankbar sein, dass er Ihnen mit seinen Geschichten die größte Lehre erteilt hat, die es auf Erden überhaupt gibt, die größte Wahrheit zugleich :  »Die Geschichte der Menschheit ist voll von Beweisen, dass es nicht schwer ist, eine Wahrheit umzubringen. Eine gute Lüge ist unsterblich! « 


G. A. Bürger, Münchhausen


Montag, 8. Juli 2024

Das Alter

 Wenn die Erinnerung an die Jugend nicht wäre, so würde man das Alter nicht verspüren. 

Nur daß man das nicht mehr zu tun vermag, was man ehmals vermochte, macht die Krankheit aus.

Denn der Alte ist gewiß ein ebenso vollkommnes Geschöpf in seiner Art als der Jüngling. 


Lichtenberg

Mittwoch, 26. Juni 2024

Kommunisten bei der Machtübernahme in Ungarn


 Sandor Marai zur Machtübername der Kommunisten in Budapest nach dem 2. Weltkrieg

.......Trittbetttfahrer. Sıe waren nicht blöd, wenn sie bekannten: Wir durchschauen diese Gaunerei durchaus, wir wissen, daß den Leuten die Rechte auf Privateigentum, freie Unternehmerschaft und politische wie geistige Freiheit nicht im Interesse der werktätigen Massen genommen werden, daß vielmehr unter diesem Vorwand eine Satrapenherrschaft aufgebaut werden soll, die einer zynischen und zudringlichen Minderheit die Chance eröffnet, ohne Bemühung von Charakter und Talent gut zu leben. Möglich, daß es ein böses Ende nimmt, denn das Vorhaben ist inhuman, aber wir leben von ihm. Dann also dawai, wir machen mit!

 Sie waren mehr als die Blödiane, aber die Mehrheit waren sie nicht. Die Mehrheit stellten — nicht nur in den Ländern, die von den Kommunisten mit Waffengewalt oder anderen Gewaltpraktiken besetzt worden waren, sondern auch anderswo, überall im sogenannten freien Westen — die neurotischen Intellektuellen, die nichts mehr erschreckt als die Gefahr, im Strudel großer Veränderungen notgedrungen mit ihrer Neurose allein zu bleiben. Die Mehrheit stellten die Neurotiker, die in die Partei flüchteten, weil sie einsam bleiben weder konnten noch wagten, weil sie »irgendwo hingehören« wollten und erst Ruhe fanden, wenn sie sich mit einem Zipfel des Zaubermantels zudecken und in die aktuelle weltanschauliche Uniform kleiden durften.

 

Sonntag, 23. Juni 2024

IDEOLOGIE II.

 Der große Fortschritt des Veganismus ist der, daß man jetzt Ideologie essen kann.


Die-Ideologie-vom-Essen

Großmut

Die Äußerungen der Großmut sind heutzutage mehr ein Werk der Lektüre, oder vielmehr so: man ist mehr großmütig, um Lektüre zu zeigen als Güte des Herzens. Leute, die es von Natur sind, merken selten, daß es etwas ist, großmütig zu sein. 


Lichtenberg

Sonntag, 16. Juni 2024

Scheiß Schwerkraft!

 ...dieser Fluch entfuhr mir neulich, als sich meine altersbedingte Ungeschicklicheit wieder einmal  lästig bemerkbar machte.

Wenn man den Spruch genau betrachtet, ist er eine totale Negation des menschlichen Erden-Daseins.


Im Alter wird die Schwerkraft immer mehr zum Feind.


Donnerstag, 16. Mai 2024

Was ist Wahrheit?

:Wahrscheinlichkeit.

Donnerstag, 4. April 2024

Trichtermethode

 Bisher hat man Regietheater in der Oper nur verstehen können, wenn man das Programmheft vorher gründlich durchstudierte...beim aktuellen Parsifal recht das offenbar nicht mehr aus: Man muss auch die Parsifal-Symposien besuchen >>> siehe Anlage! 


Montag, 11. März 2024

Verlorene Liebesmüh



 Von Manfred Vogel (sehr) frei übersetzt:



Mittwoch, 28. Februar 2024

Der Skeptiker

 Der weise Skeptiker ist ein schlechter Staatsbürger; er ist kein Konservativer; er durchschaut die Selbstsucht des Eigentums und die schlaffe Trägheit unserer Institutionen. Aber er ist auch nicht fähig, mit irgendeiner der demokratischen Parteien, die sich jemals konstituiert, zu arbeiten, denn Parteien verlangen, daß jeder ihnen seine Seele verschreibe, und er durchschaut den Patriotismus des Volkes.

R. W. Emerson

Mittwoch, 31. Januar 2024

Ruhm

…Ruhm, durch augenblickliche Überschätzung entstanden, wo nicht gar so ein Ruhm wie Hegel ihn hatte und Lichtenberg ihn beschreibt, »ausposaunt von einer freundschaftlichen Kandidatenjunta und vom Echo leerer Köpfe widergehallt: - - -aber die Nachwelt, wie wird sie lächeln, wann sie dereinst an die bunten Wortergehäuse, die schönen Nester ausgeflogener Mode und die Wohnungen weggestorbener Verabredungen anklopfen und alles, alles leer finden wird, auch nicht den kleinsten Gedanken, der mit Zuversicht sagen konnte: herein!« -

Schopenhauer

Ideologie

 Die Verquickung politischer Probleme mit weltanschaulichen Elementen ist ein Charakteristikum einerseits der konservativen, andererseits der revolutionären Programme, da beide gezwungen sind, ihre sachlich und ethisch nicht zu rechtfertigenden Forderungen durch Ideologien zu stützen. Dies ist der Sinn der Ideologiebildung: den Menschen Taten schmackhaft zu machen, die sich gegen ihre Wünsche und ihre Interessen richten.


Gerhard Szczesny

Samstag, 27. Januar 2024

Kontrast

 Bei unsereinem aber habe ich stets zwei Dinge ın besonders engem Zusammenspiel gesehn: überhimmlisches Denken und unterweltliches Tun.


Montaigne

Samstag, 20. Januar 2024

Sämtliche Fehlurteile auf der Welt

Sämtliche Fehlurteile auf der Welt entstehen daraus, daß man uns Furcht vor dem Eingeständnis unsrer Unwissenheit beibringt und wir daher alles hinzunehmen gehalten sind, was wir nicht widerlegen können. Über jegliche Sache spricht man in einem dogmatischen Ton, der keinen Einspruch duldet. Der römische Gerichtsstil hingegen verlangte, daß selbst die Aussage eines Augenzeugen und das auf sicherster Erkenntnis beruhende Urteil eines Richters in die Redeform des „mir scheint“ zu fassen seien.

Ich sträube mich sogar gegen Wahrscheinliches, wenn man es mir als untrüglich hinstellt, Ich liebe vielmehr Ausdrücke, welche die Unbesonnenheit unsrer Behauptungen mildern und mäßigen, also: vielleicht und gewissermaßen, ein wenig und man sagt, ich denke und dergleichen.

Ich bin schwer von etwas Unwahrscheinlichem zu überzeugen und halte mich daher möglichst an das Handgreifliche und Wahrscheinliche. So entgehe ich diesen alten Vorwürfen: Die Menschen vertrauen am meisten dem, was sie nicht begreifen und der menschliche Geist hat den Hang, allem Dunklen zu glauben. Ich merke natürlich, daß man über meine Einstellung in Zorn gerät.

Wer seine Meinung in herausforderndem Befehlston durchsetzen will, zeigt damit nur, wie schwach sie begründet ist. Daß in einem reinen Wortstreit um das rechte Dogma jene Leute genausoviel Plausibles vorbringen mögen wie ihre Widersacher - sei's drum! Wenn man jedoch die praktischen Folgerungen bedenkt, die sie daraus ziehn, spricht alles für die Gegner.

Montaigne

 

                                                                                                                                                                                                       


Mittwoch, 17. Januar 2024

Melange

Alles ist hienieden gemischt.

Lichtenberg 


Und das überfordert die meisten Menschen.

Freitag, 5. Januar 2024

Unseen grief

Es ist sehr wahr, mein Gram wohnt innen ganz,
Und diese äußern Weisen der Betrübnis
Sind Schatten bloß vom ungeseh'nen Gram
Der schweigend in gequälter Seele schwillt.