Seneca:
Hier muss noch ein Link zu Watzlawick eingefügt werden.....
Politische, kulturelle und politische Kommentare ; literarische Kletzen. Motto: Prudenter dubitare!
Wenn man bedenkt, daß einst das ganze Altertum in seiner ökonomischen Situation, in seinen Herrschaftsverhältnissen auf der Sklaverei aufgebaut war, wenn man bedenkt, daß vielleicht die meisten der jetzt lebenden Menschen aus einer Sklavenfamilie stammen, wenn man sich vorstellt, daß Jahrhunderte verflossen sind, in denen zwei in so krassem Widerspruch zueinander stehende Klassen gelebt haben und daß auch heute noch bei gewissen Völkern der Kastengeist noch ganz prinzipiell durchgeführt ist, dann kann man schon verstehen, daß das Prinzip der Unterordnung und die Forderung danach noch immer in den Gemütern der Menschen rege ist und einen Typus zu formen vermag. Bekanntlich bestand im Altertum die Anschauung, daß die Arbeit als ein verhältnismäßig schmähliches Gewerbe von Sklaven zu verrichten sei, daß sich der Herr durch Arbeit nicht beschmutzen dürfe, daß er ferner nicht nur Befehlshaber war, sondern alle guten Eigenschaften in sich vereinige. Die herrschende Klasse bestand aus den »Besten« und das griechische Wort »aristos« bedeutet beides. Aristokratie war die Herrschaft der Besten. Entschieden wurde das aber natürlich nur durch Machtmittel, nicht etwa durch eine Prüfung der Tugenden und Vorzüge. Eine Prüfung und Klassifikation fand höchstens bei Sklaven, also bei Dienenden statt. Der beste war aber derjenige, der die Macht ausübte.
A. Adler
... die Erfahrung lehrt uns, daß es ım Leben nicht darauf ankommt, der Erste zu sein. Besser ist es, hier eher etwas zu übertreiben und zu sagen:
Wir brauchen keine Ersten. Vor ihnen ist uns eigentlich schon übel.
Alfred Adler
Im Sinne einer Fiktion, in einer Art von wirklicher Schöpferkraft hängen wir uns an einen feststehenden Punkt, den es in der Wirklichkeit nicht gibt. Diese Annahme, eigentlich bedingt durch eine Mangelhaftigkeit des menschlichen Seelenlebens, gleicht vielen Versuchen in Wissenschaft und Leben, wie etwa dem, die Erdkugel ın Meridiane einzuteilen, die es nicht gibt, aber als Annahmen großen Wert haben. In allen Fällen seelischer Fiktionen haben wir es mit Erscheinungen folgender Art zu tun: wir nehmen einen fixen Punkt an, obwohl wir uns bei näherer Betrachtung überzeugen müssen, daß er nicht besteht. Wir tun das aber nur, um eine Orientierung im Chaos des Lebens zu gewinnen, um eine Rechnung ansetzen zu können. Alles, von der Empfindung angefangen, wird von uns in ein berechenbares Gebiet hineinversetzt, ın dem wir handeln können.
A. Adler
Lesen und Schreiben ist für ihn so nötig als Essen und Trinken, er hofft es wird ihm nie an Büchern fehlen. An den Tod denkt er sehr oft und nie mit Abscheu, er wünscht daß er an alles mit so vieler Gelassenheit denken könnte, und hofft sein Schöpfer wird dereinst sanft ein Leben von ihm abfordern, von dem er zwar kein allzu ökonomischer, aber doch kein ruchloser Besitzer war.
Lichtenberg
Das wünsche ich mir auch.....
...die ich noch nicht ordnen konnte. Vielleicht gebe ich zu einigen noch einen Kommentar dazu.
👬👬👬👬👭👭👭👭😙😙😙👊👊👊
Die Haare stehen einem zu Berge, wenn man bedenkt: was für Zeit und Mühe auf die Erklärung der Bibel gewendet worden ist. Und was wird am Ende der Preis dieser Bemühungen nach Jahrhunderten oder -tausenden sein? Gewiß kein anderer als der: die Bibel ist ein Buch von Menschen geschrieben, wie alle Bücher. Von Menschen die etwas anderes waren als wir, weil sie in etwas andern Zeiten lebten; etwas simpler in manchen Stücken waren als wie wir, dafür aber auch sehr viel unwissender; daß sie also ein Buch sei worin manches Wahre und manches Falsche, manches Gute und manches Schlechte enthalten ist.
*
Ich wüßte nicht welches angenehmer und nützlicher wäre,
die Bewegung aller Planeten zu kennen, oder diese Annalen einiger vorzüglicher
Menschen. Die Welt würde dadurch sehr gewinnen.
*
Ob ich gleich weiß, daß sehr viele Rezensenten die Bücher nicht lesen die sie
so musterhaft rezensieren, so sehe ich doch nicht ein was es schaden kann, wenn
man das Buch lieset, das man rezensieren soll.
*
Der schwächste aller Menschen ist der Wollüstling, der nach dem Leibe sowohl
als der nach dem Geist, ich meine der Hurer und der Betbruder, der der mit
Mädchen und der mit Religion hurt. Gott bewahre alle Menschen vor einem so
hurenden Könige und Minister. Und Gott behüte einen solchen König und Minister
vor vernünftigen Untertanen.
*
Die Träume können dazu nützen, daß sie das unbefangene Resultat, ohne den Zwang
der oft erkünstelten Überlegung, von unserm ganzen Wesen darstellen.
*
Ein Schullehrer und Professor kann keine Individuen erziehn, er erzieht bloß
Gattungen.
*
Wenn man alt wird, muß man sich wieder junge Katzen und junge Ziegen
anschaffen, um das bißchen Konsonanz das sich noch in den weichsten Fibern
findet wieder zu erwecken.
*
Verhunzdeutschen. Er hat es verhunzdeutscht.
*
Es ist eine schöne Ehre die die Frauenzimmer haben, die einen halben Zoll vom
Arsch abliegt!
*
Das Höchste wozu sich ein schwacher Kopf von Erfahrung erheben kann, ist die
Fertigkeit die Schwächen besserer Menschen auszufinden.
*
Ich vergesse das meiste was ich gelesen habe, so wie das, was ich gegessen
habe, ich weiß aber so viel, beides trägt nichts desto weniger zu Erhaltung
meines Geistes und meines Leibes bei.
*
Was man so sehr prächtig Sonnenstäubchen nennt sind doch eigentlich
Dreckstäubchen.
*
Der Mann machte sehr viel Wind. B.O nein! wenn es noch Wind gewesen wäre, es
war aber mehr ein wehendes Vakuum.
*
Die Superklugheit ist eine der verächtlichsten Arten von Unklugheit.
*
Wenn nur der Scheidepunkt erst überschritten wäre. Mein Gott wie verlangt mich
nach dem Augenblick wenn die Zeit für mich aufhören wird Zeit zu sein, in dem
Schoß des mütterlichen Alles und Nichts, worin ich damals schlief als der
Hainberg angespült wurde, als Epikur, Cäsar, Lukrez lebten und schrieben und
Spinoza den größten Gedanken dachte der noch in eines Menschen Kopf gekommen
ist.
*
Ich glaube von Grund meiner Seele und nach der reifsten Überlegung, daß die
Lehre Christi, gesäubert von dem verfluchten Pfaffenschmier, und gehörig nach
unserer Art sich auszudrücken verstanden, das vollkommenste System ist, Ruhe
und Glückseligkeit in der Welt am schnellsten, kräftigsten, sichersten und
allgemeinsten zu befördern, das ich mir wenigstens denken kann. Allein ich
glaube auch daß es noch ein System gibt, das ganz aus der reinen Vernunft
erwächst und eben dahin führt, allein es ist nur für geübte Denker und gar
nicht für die Menschen überhaupt, und fände es auch Eingang, so müßte man doch
die Lehre Christi für die Ausübung wählen. Christus hat sich zugleich nach dem
Stoff bequemt, und dieses zwingt selbst dem Atheisten Bewunderung ab. Wie
leicht müßte es einem solchen Geist gewesen sein ein System für die reine
Vernunft zu erdenken, das alle Philosophen völlig befriedigt hätte. Aber wo
sind die Menschen dazu? Es wären vielleicht Jahrhunderte verstrichen, wo man es
gar nicht verstanden hätte, und so etwas soll dienen das menschliche Geschlecht
zu leiten und zu lenken und in der Todesstunde aufzurichten? Ja was würden
nicht die Jesuiten aller Zeiten und aller Völker daraus gemacht haben? Was die
Menschen leiten soll muß wahr aber allen verständlich sein. Wenn es ihm auch in
Bildern beigebracht wird, die er sich bei jeder Stufe der Erkenntnis anders
erklärt.
*
Eine ganze Milchstraße von Einfällen.
*
Eine große Rede läßt sich leicht auswendig lernen und noch leichter ein großes
Gedicht. Wie schwer würde es nicht halten, eben so viel ohne allen Sinn
verbundene Wörter, oder eine Rede in einer fremden Sprache zu memorieren. Also
Sinn und Verstand kömmt dem Gedächtnis zu Hülfe. Sinn ist Ordnung und Ordnung
ist doch am Ende Übereinstimmung mit unserer Natur. Wenn wir vernünftig
sprechen, sprechen wir nur immer unser Wesen und unsere Natur. Um unserm
Gedächtnisse etwas einzuverleiben suchen wir daher immer einen Sinn
hineinzubringen oder eine andere Art von Ordnung. Daher Genera und Species bei
Pflanzen und Tieren, Ähnlichkeiten bis auf den Reim hinaus. Eben dahin gehören
auch unsere Hypothesen, wir müssen welche haben, weil wir sonst die Dinge nicht
behalten können. So suchen wir Sinn in die Körperwelt zu bringen. Die
Frage aber ist, ob alles für uns lesbar ist. Gewiß aber läßt sich durch vieles Probieren,
und Nachsinnen auch eine Bedeutung in etwas bringen was nicht für uns oder gar
nicht lesbar ist. So sieht man im Sand Gesichter, Landschaften usw. die
sicherlich nicht die Absicht dieser Lagen sind. Symmetrie gehört auch hieher.
Silhouette im Dintenfleck pp. Auch die Stufenleiter in der Reihe der Geschöpfe,
alles das ist nicht in den Dingen, sondern in uns. Überhaupt kann man nicht
gnug bedenken, daß wir nur immer uns beobachten, wenn wir die Natur und zumal
unsere Ordnungen beobachten.
*
Die Fliege, die nicht geklappt sein will, setzt sich am sichersten auf die
Klappe selbst.
*
Man kann würklich nicht wissen ob man nicht jetzt im Tollhaus sitzt.
*
Die meisten Glaubens-Lehrer verteidigen ihre Sätze, nicht weil sie von der
Wahrheit derselben überzeugt sind, sondern weil sie die Wahrheit derselben
einmal behauptet haben.
*
Was mögen wohl die Huren in den alten Zeiten geworden sein? Ob es da wohl auch
Betschwestern gab?
*
Die Vorstellung, die wir uns von einer Seele machen, hat viel Ähnliches mit der
von einem Magneten in der Erde. Es ist bloß Bild. Es ist ein dem Menschen
angebornes Erfindungsmittel sich alles unter diesen Formen zu denken.
*
Wer eine Scheibe an seine Garten-Tür malt, dem wird gewiß hineingeschossen.
*
Die Dinge außer uns sind nichts anderes als wir sie sehen, für uns wenigstens
nicht, denn wir können bloß Relationen bemerken, weil die beobachtende Substanz
ja beständig in das Mittel tritt. Gott selbst sieht in den Dingen nur sich.
*
Sehr viele und vielleicht die meisten Menschen müssen, um etwas zu finden, erst
wissen, daß es da ist.
*
Es gibt große Krankheiten, an denen man sterben kann; es gibt ferner welche die
(man), ob man gleich nicht eben daran stirbt, doch ohne viel Studium bemerkt
und fühlt; endlich gibt es aber auch welche, die man ohne Mikroskop kaum
erkennt, dadurch nehmen sie sich aber auch recht abscheulig aus und dieses
Mikroskop ist Hypochondrie. Ich glaube, wenn sich die Menschen recht darauf
legen wollten die mikroskopischen Krankheiten zu studieren, sie würden die
Satisfaktion haben, alle Tage krank zu sein.
*
Man hat vieles über die ersten Menschen gedichtet, es sollte es auch einmal
jemand mit den beiden letzten versuchen.
*
Um den Menschen nützliche Wahrheiten zu predigen ist alles erlaubt, was
niemanden schadet oder kränkt, also auch Feenmärchen. Kein Mensch findet es
mehr absurd daß die Tiere in der Fabel sprechen, warum sollte er es
abgeschmackt finden, daß es Perlen regnet? Ein weiser Mann wird mehr tun, als mancher
Zauberer in einem Feen-Märchen, wenn er einen Dumpfkopf weise machen könnte,
warum soll er nicht in der Absicht etwas dichten?
*
Bei einem Menschen, der mit Gottesfurcht prahlt, muß man nie eigentliche
christliche Gesinnungen suchen.
*
Es gibt sehr viele Menschen, die unglücklicher sind als du - gewährt zwar kein
Dach darunter zu wohnen, allein sich bei einem Schauer darunter zu retirieren
ist das Sätzchen gut genug.
*
Neue Bäder heilen gut.
*
Vom Wahrsagen läßt sichs wohl leben in der Welt, aber nicht vom Wahrheit sagen.
*
Sympathie ist ein schlechtes Almosen.
*
Die Menschen, die erst die Vergebung der Sünden durch lateinische Formeln
erfunden haben, sind an dem größten Verderben in der Welt schuld.
*
Da gnade Gott denen von Gottes Gnaden.
*
Ora & non labora.
*
Selbst unsere häufigen Irrtümer haben den Nutzen, daß sie uns am Ende gewöhnen
zu glauben, alles könne anders sein, als wir es uns vorstellen. Auch diese
Erfahrung kann generalisiert werden, so wie das Ursachen-Suchen, und so muß man
endlich zu der Philosophie gelangen, die selbst die Notwendigkeit des principii
contradictionis leugnet.
*
Die beiden Begriffe von Sein und Nichtsein sind bloß undurchdringlich in unsern
Geistes-Anlagen. Denn eigentlich wissen wir nicht einmal was Sein ist, und so
bald wir uns ins Definieren einlassen, so müssen wir zugeben daß etwas
existieren kann was nirgends ist. Kant sagt auch so was irgendwo.
*
Es ist doch fürwahr zum Erstaunen, daß man auf die dunkeln Vorstellungen von
Ursachen den Glauben an einen Gott gebaut hat, von dem wir nichts wissen, und
nichts wissen können, denn alles Schließen auf einen Urheber der Welt ist immer
Anthropomorphismus.
*
Ich habe das Register der Krankheiten angesehn, und habe die Sorgen und
traurige Vorstellungen nicht darunter gefunden, das ist sehr unrecht.
*
Gott, der Vergelder alles Guten.
*
Im Namen des Herrn sengen, im Namen des Herrn brennen morden und dem Teufel
übergeben, alles im Namen des Herrn.
*
Viel Hasen sind der Hunde Tod, sagt der Oberförster, dem man seinen Hund aus
Versehen tod geschossen hatte weil der Schützen zu viele waren.
*
Wir nehmen Dinge wahr vermöge unsrer Sinnlichkeit. Aber was wir wahrnehmen sind
nicht die Dinge selbst, das Auge schafft das Licht und das Ohr die Töne. Sie
sind außer uns nichts. Wir leihen ihnen dieses. Eben so ist es mit dem Raume,
und der Zeit. Auch wenn wir die Existenz Gottes nicht fühlen, beweisen können
wir sie nicht.
*
Für die Seele sorgen nur allein die Pastoren und die Philosophen, die sich oft
den Handel einander verderben; für den Leib, außer dem Arzt und Apotheker, die
Feldbauern, Müller, Bäcker, Brauer, Fleischer und Brannteweinbrenner, für das
adoptierte Fell unzählige Weber, Schneider, Schuster, Hutmacher, Gerber, und
dann endlich für das Wohnhaus der Schnecke der Baumeister, Zimmermann,
Tischler, Schlosser, also für die Seele der Pastor allein. Freilich müssen hier
noch die Wissenschaften eingewebt werden!
*
Für den Verlust von Personen, die uns lieb waren, gibt es keine Linderung als
die Zeit, und sorgfältig und mit Vernunft gewählte Zerstreuungen, wobei uns
unser Herz keine Vorwürfe machen kann.
💢💢💢💢💢💢💢 💥
Eine große Rede läßt sich leicht auswendig lernen und noch leichter ein großes Gedicht. Wie schwer würde es nicht halten, ebensoviel ohne allen Sınn verbundene Wörter, oder eine Rede in einer fremden Sprache zu memorieren. Also Sinn und Verstand kömmt dem Gedächtnis zuhilfe. Sinn ist Ordnung und Ordnung ist doch am Ende Übereinstimmung mit unserer Natur. Wenn wir vernünftig sprechen, sprechen wir nur immer unser Wesen und unsere Natur. Um unserm Gedächtnisse etwas einzuverleiben suchen wir daher immer einen Sinn hineinzubringen oder eine andere Art von Ordnung. Daher Genera und Species bei Pflanzen und Tieren, Ähnlichkeiten bis auf den Reim hinaus. Eben dahin gehören auch unsere Hypothesen, wir mussen welche haben, weil wir sonst die Dinge nicht behalten können. Dieses ist schon längst gesagt, man kömmt aber von allen Seiten wıeder darauf. So suchen wir Sinn in die Körperwelt zu bringen. Die Frage aber ist, ob alles für uns lesbar ist. Gewiß aber läßt sich durch vieles Probieren, und Nachsinnen auch eine Bedeutung in etwas bringen was nicht für uns oder gar nicht lesbar ıst, So sieht man im Sand Gesichter, Landschaften u.s.w. die sicherlich nicht die Absicht dieser Lagen sind. Symmetrie gehört auch hieher. Silhouette im Tintenfleck pp. Auch die Stufenleiter ın der Reihe der Geschöpfe, alles das ist nicht in den Dingen, sondern ın uns. Überhaupt kann man nicht gnug bedenken, daß wir nur immer uns beobachten, wenn wir die Natur und zumal unsere Ordnungen beobachten.
*
Mancher Schriftsteller sobald er ein bißchen Beifall erhält glaubt alles von ihm interessiere die Welt, Der Schauspiel-Schmierer Kotzebue hält sich sogar berechtigt dem Publico zu sagen, daß er seiner sterbenden Frau ein Klistier gesetzt habe.
Daran muß ich immer denken, wenn ein Schauspieler seine politischen Ansichten zum Besten gibt....
Tagsüber manchmal ein Staunen, daß ich noch bin.
Und der Wille, bis zum letzten Augenblick etwas zu »leisten« — die täglichen Pflichten oder auch anderes, Überflüssiges.
Solange ich es vermag, nicht aufhören.
Marai Sandor
Mein verstorbener Freund nannte mich einmal einen "freundlichen Misanthropen". Da ist was Wahres dran: Wenn ich so meiner Öffi-Leidenschaft fröne und dadurch notgedrungen auch durch die Ameisenhügel der Bahnhöfe hindurch muss, so sehe ich fast nur Leute, mit denen ich nichts zu tun haben möchte. Läßt es sich aber nicht vermeiden, so trete ich mit Freundlichkeit in Vorlage, ganz gleich wie unsympathisch mir das Gegenüber anfangs ist. Dann gibt es ein paar Möglichkeiten:
Es ist das Paradox der Wissenschaft, daß sie nur insoweit »exakte« Wissenschaft ist, als sie »Natur«-wissenschaft bleibt - sich also mit der physikalisch-chemischen Natur beschäftigt, in der ja der Mensch ein Fremdling ist. Je näher sich die Wissenschaft an den Menschen heranarbeitet, um so mehr hört sie auf, Wissenschaft zu sein, und wird bloße Spekulation. Geschichte, Ökonomie, Soziologie, Politologie, Psychologie - das alles nennt sich zwar heute Wissenschaft, ist es aber ebensowenig wie Philosophie und Theologie.
Freuds Märchen zum Beispiel sind nicht wissenschaftlicher als Grimms Märchen; das Überich, das Ich, das Es, der Ödipuskomplex und der Todestrieb - alles Mythen und Symbole wie Dornröschen und Schneewittchen, voll ahnungsvoll-poetischen Tiefsinns, aber ohne jeden wissenschaftlichen Erkenntniswert.
Sebastian Haffner
Es soll Leute geben, die mit den Stücken William Shakespeares nichts anfangen können, weil man über das Leben des Autors so wenig weiß.
Ja, man weiß ja nicht einmal, ob er ein Antisemit war oder nicht - das ist heutzutage das wichtigste Kriterium überhaupt.
👇👎👇
https://kumpfus.blogspot.com/search?q=making
💢💢💢
Die Kritik ist von geringer
Qualität, die meint, ein Kunswerk nur dann richtig beurteilen zu können, wenn
se die Verhältnisse kennt, unter denen es entstanden ist.
M.v.Ebner-Eschenbach
....merkt ıhr nicht deutlich daß vielen unserer Landsleute die Sprache schon zu kurz geworden ist, daher sie ın ihren Aufsätzen nicht allein die längst erlaubten Füll-Flick und Streckwörter, sondern sogar die sogenannten Flick-Bemerkungen nötig haben, während welcher dann der Geist die Zunge wieder einholt....
[ Lichtenberg E 160)
Ein sicheres Zeichen von einem guten Buch ist, wenn es einem immer besser gefällt je älter man wird.
Lichtenberg
Wenn wir darin übereinstimmen, daß die ideale Methode, Wissenschaft zu lehren, darin besteht, dem Schüler die Möglichkeit zu geben, Newtons Gesetze von der Bewegung mehr oder weniger selbständig neu zu entdecken — kann man dieselbe Methode dann auch beim Vermitteln ethischer und moralischer Werte anwenden? Zunächst meinen wir unwillkürlich, daß Ethik im normalen Lehrplan nichts zu suchen hat, es sei denn, man spezialisiert sich auf Philosophie oder Theologie. Diese Antwort ist jedoch übereilt, denn bei allem, was wir in irgendeinem Fach unterrichten oder schreiben, vermitteln wir stillschweigend oder sogar ausdrücklich moralische Prinzipien und Werturteile. Der größte Aberglaube unserer Zeit ist der Glaube an die Wertfreiheit der Wissenschaft. Schon das Schlagwort Wertfreiheit beinhaltet ein Programm und ein Credo.
Kein Schriftsteller oder Lehrer oder Künstler kann der Verantwortung entrinnen, andere zu beeinflussen, ob absichtlich oder nicht, ob bewußt oder nicht. Dieser Einfluß beschränkt sich nicht auf seine explizite Botschaft; er ist um so stärker und heimtückischer, als er größtenteils implizit ausgeübt wird - ein verborgener Verführer, dessen Lehren unbewußt aufgenommen werden,
A. Koestler
___________________
Jedem Kenner des Menschen ist es bekannt, wie schwer es ist, Erfahrungen so zu erzählen, daß sich in die Erzählung kein Urteil einmischt.
G. Ch. Lichtenberg
9
... weil ich unterstreichen möchte, daß man präzise neurophysiologische Daten unterschiedlich interpretieren kann. Es ist, mit anderen Worten, einfach nicht wahr, daß die von der Wissenschaft gelieferten Daten automatisch zu dem Schluß führen, das Leben sei ohne Sinn und Zweck, sei nichts als Brownsche Bewegung in den Zufallsströmungen des kosmischen Wetters. Wir sollten vielmehr sagen, daß der Zeitgeist dazu neigt, voreingenommene Schlußfolgerungen aus den Daten zu ziehen, eine Tendenz zur Entwertung der Werte und zur Eliminierung von Sinn aus der Welt um uns und in uns besitzt.
So ist es auch mit der Wissenschaft und dem Thema Klimawandel!
»Die Gefahr liegt also gar nicht darin, daß sich die Forscher spezialisieren, sondern darin, daß die Spezialisten generalisieren.«
V. Frankl
Eine Allzweckwaffe für alle,
Jörg Scheller
Moral in voller Konsequenz
zu leben, auch was den moralischen Gebrauch der Mittel betrifft, wäre die
höchste Form der Lebenskunst. Doch beim Versuch, Moral gänzlich durchzusetzen,
fallen die Mittel erfahrungsgemäss eher unmoralisch aus - es sei denn, man hat das
Menschenverachtende vorausschauend als Teil menschenfreundlicher Moral
legitimiert.
Schuldig
durch Anklage, Alexander Wendt
Aus einer Bewegung, die
angetreten war mit dem erklärten Ziel, Stigmatisierung zu beenden, ist ein Machtkomplex
geworden, dem die Stigmatisierung von anderen längst nicht genügt. Das Stigma
markiert Gegner, um sie anschliessend zu marginalisieren und schliesslich
unsichtbar zu machen.
Macht
der Maschinenmoral, Karsten Weber
Manche neigen dazu, bestimmte
Formen der ( algorithmischen) Manipulation als Nudging zu bezeichnen
-Algorithmen stupsen uns in die richtige Richtung, ob nun bei Ernährung,
Fitness oder anderen moralisch hochgradig aufgeladenen Verhaltensweisen. Doch
Nudging bleibt Manipulation, wenn auch in einem liberalen Gewand. Da kaum
jemand von uns weiss, wie Algorithmen
funktionieren und wessen (moralische) Urteile und Werthaltungen in deren
Gestaltung einfliessen, sollten wir daher ins Grübeln kommen.
Moralismus
ist der Borkenkäfer, Vera Lengsfeld
Auch als in der Coronakrise
Grenzschliessungen angeordnet wurden, ist die illegale Einwanderung davon
ausgenommen worden. Wer Asyl sagen kann, wird reingelassen, auch wenn er IS-Terrorist ist. Durchgesetzt wird das
mit einem rigiden Moralismus, der auch die leiseste Kritik als fremden- oder
gar menschenfeindlich stigmatisiert.
Der "Gell-Mann-Amnesia-Effekt"
bezieht sich auf die Medienrezeption:
Wer sich in einem Fachgebiet gut auskennt, empfindet die Berichterstattung darüber meist als verzerrt, fehlerhaft und verständnislos. Sobald die Person aber mediale Beiträge zu anderen Themen wahrnimmt, verschwindet dieser Eindruck: Das Vertrauen in die journalistische Arbeit ist wieder hergestellt ( deshalb »Amnesia«),
Herkunft
Den Effekt hat der Schriftsteller Michael Crichton in
einer Rede von 2002 zum ersten Mal beschrieben. Er bezieht sich dabei auf
seinen Freund und Physiker Murray Gell-Mann.
Briefly stated, the Gell-Mann Amnesia effect is as follows. You open a newspaper to some subject you know well....You read the article and see the journalist has absolutely no understanding of either the facts or the issues. Often, the article is so wrong, it actually presents the story backward - reversing cause and effect. I call these the "wet streets cause rain" stories. Paper's full of them.
In any case, you read with exasperation or amusement the multiple errors in a story,
and then turn the page to national or international affairs, end read as if the rest of the newspaper was somehow more accurate about Palestine than the nonsense
you just read. You turn the page, and forget what you
know.
That is the Gell-Mann-Amnesia effect. I'd point out it does not operate in other
arenas of life:. In ordinary life, if somebody consistently exaggerates or lies to you, you soon discount everything they say. In court,
there is the legal doctrine of falsus in
uno, falsus in omnibus„ which means untruthful in one pattern,
untruthful in all. But when it comes to the media,
we believe against evidence that it is probably worth our time to read other parts of the paper. When, in fact, it almost certainly isn't. The only possible
explanation for our behavior is amnesia.
Typisch dafür, wie wissenschaftliche Entdeckungen von den Medien und dem Laienpublikum aufgenommen werden, scheint zu sein. daß bestimmte, ungenau oder schlicht falsch interpretierte Begriffe oftmals das einzige sind, was auf dem Weg von der Fachzeitschrift zur Illustrierten oder zum Taschenbuch übrigbleibt. Die wichtigen Einschränkungen und Unterscheidungen, manchmal sogar die eigentliche Idee, gehen unterwegs leicht verloren. Man denke nur an den weitverbreiteten Gebrauch so beliebter Begriffe wie »Ökologie« oder »Quantensprung«, ganz zu schweigen von dem New-Age-Ausdruck »Energiefeld«. Natürlich kann man einwenden, daß Begriffe wie »Chaos« und »Energie« schon vor ihrem fachsprachlichen Gebrauch in Umlauf waren. doch werden ja gerade diese fachsprachlichen und nicht etwa die ursprünglichen Bedeutungen entstellt wiedergegeben.
Angesichts immer wirkungsvollerer schriftstellerischer Methoden, mit denen sich bestimmte nützliche Begriffe in nichtssagende Klischees verwandeln lassen, sollten wir unbedingt vermeiden, daß die verschiedenen Komyplexitätsbegriffe dasselbe Schicksal erleiden.
M. Gell-Mann.
________________Leserbrief an WZ wg. Artikel am 30.7.22 mit der Überschrift: "30 Prozent der Autos müssten weg….."
(abgeschickt, aber nicht veröffentlicht).
Die vielzitierte Gentrifizierung tritt in mancherlei Gestalt auf, gemeinsames Ziel ist in jedem Fall die Verdrängung der Alt-Mieter aus ihren Altbauwohnungen, wobei „alt“ hier sowohl die Mietdauer als auch des Lebensalter der Bewohner bedeutet. Im Wesentlichen gibt es zwei Methoden: Die eine ist die offene und brutale "kapitalistische", wie sie von sog. Investoren gehandhabt wird; dagegen kann man sich u. U. mit Rechtanswälten wehren, wenn man dazu das Geld hat. Gegen das andere Verfahren, ich nenne es das versteckte "ideologische", ist man wehrlos, denn wie soll man sich gegen politischen Druck wehren - außer einmal alle heiligen Zeiten an der Urne?
In meinem konkreten Fall „sitze“ ich seit über 50 Jahren in einer ursprünglich devastierten Wohnung im Herzen der Leopoldstadt, die im Laufe der Jahrzehnte mit viel Aufwand immer wohnlicher gemacht wurde; naturgemäß ist der Mietzins für die neuerdings "hippe" Gegend niedrig und aus Sicht der Vermieter skandalös.
Von Anfang an war ich ein eingefleischter Öffi-Benutzer, ein sog. ‚early adopter‘ der Sparangebote wie Jahreskarte, Vorteilskarte und jetzt Ö-Klimaticket. Daneben hielt ich mit aber auch seit fast 50 Jahren ein Automobil, das mit den Jahren immer kleiner – sprich kürzer – wurde und anfangs meinen nicht-beruflichen Aktivitäten (Ferien, Urlaub) diente und jetzt, da ich am rechten Fuß der Alterspyramide angelangt bin, meine verbliebenen sozialen und touristische Aktivitäten unterstützt; wohlgemerkt nur jene, die öffimäßig nicht zu realisieren sind. Dafür zahle ich natürlich seit Jahren die nicht gerade wohlfeile Parkgebühr der Gemeinde Wien, die ich aber immer öfter als eine offene Verhöhnung empfinde - wenn ich z. B. 20 Minuten und mehr im Grätzel um die Praterstraße herumkurven muß, um ein bescheidenes Plätzchen für mein Minigefährt zu finden.
Das Interregnum der Grünen in der Bezirksverwaltung Leopoldstadt war zwar nur von
kurzer Dauer, aber offenbar sehr nachhaltig. Teils haben sie noch selber die Parkplätze
weggeschmolzen, teils haben sie offenbar die Bestands-Beamtenschaft unterwandert oder wirksam umerzogen. Jedenfalls wird seit dieser Zeit der Parkraum permanent und systematisch
verringert, sei es durch sehr großzügige Gewährung von Sperren zugunsten der
Baufirmen (ein Schelm, wer....) oder durch gezielte Parkraumvernichtung zugunsten aberwitziger Fahrradspuren
gegen die schmale Einbahn. Es ist mir durchaus klar, dass man der zunehmenden
Fahrrradbegeisterung Rechnung tragen muss, aber bitte nicht durch fanatische, praxiswidrige Ho-ruck-Aktionen!
Gegen die Immobilienhaie, in deren Beuteschema ich natürlich ideal passe und die gerade in der Leopoldstadt aus historischen Gründen sehr aktiv sind, kann ich mich mit Hilfe von Rechtsanwälten (noch) wehren, aber was soll man gegen die Vertreibungstaktik einer Stadt- und Bezirksverwaltung machen, die auf einer grünen Hype-Welle stimmenheischend dahinsurft und dabei die alteingesessenen Bewohner unter sich begräbt? Denn offenbar arbeiten die Kräfte der Biologie für manche zu langsam.
--------------------------------------------
Eine "lustige" Episode an der Kreuzung Novaragasse mit der Weintraubengasse:
Ein junger E-Scooter-Fahrer fährt in der Mitte der Novaragasse gegen die Einbahn mit full-speed, obwohl es dort ausnahmsweise gar keine Fahrrad-Markierung gibt. Von der Weintraubengasse, die an und für sich Vorrang gegenüber der Novaragasse hat, kommt ein älterer Radler in der Einbahnrichtung auf einem alten Fahrrad, ganz normal und korrekt auf der rechten Seite der Straße. An der Kreuzung stossen die beiden zusammen - gottseidank ohne ernste Folgen außer einem heftigen Schimpfduell: Der E-Mensch beruft sich auf den Rechtsvorrang....
Käme die Sache vor Gericht, käme es hauptsächlich auf die "Gesinnung" der Richter*In an ...... oder ?
???
Man darf ja davon ausgehen, dass für die Propheten und Adepten der neuen Mobilitätsformen die STVO für anachronistisch gilt.
....dass ich keine positive Idee des Unendlichen haben kann, weil ich selbst ein sehr endliches Wesen bin.
...dass ich keine Substanz erkennen kann, weil ich bloß eine Idee von ihren Eigenschaften haben kann, und weil tausend Eigenschaften einer Sache mir noch nicht die Erkenntnis der Sache selbst verschaffen können, und welche überdies noch zehntausend andere unbekannte Qualitäten haben kann.There is, perhaps, no more dangerous man in the world than the man with the sensibilities of an artist but without creative talent. With luck such men make wonderful theatrical impresarios and interior decorators, or else they become mass murderers or critics.
Barry Humphries
Denn das ist nichts Neues bei den Weisen, uns die Dinge so zu predigen, wie sie nützlich, nicht, wie sie wirklich sind. Die Wahrheit hat ihre Hindernisse, Unbequemlichkeiten und Unvereinbarkeiten für uns. Man muß uns oft täuschen, damit wir uns nicht selber täuschen, und unsere Augen verbinden, unsern Verstand betäuben, um sie zu bilden und zu bessern. »Die Unerfahrenen unterfangen sich zu urteilen; man muß sie daher oft betrügen, damit sie nicht irregehen.« (Quintilian, Inst., II, 17) Wenn sie uns befehlen, drei, vier, fünfzig Kategorien von Dingen mehr als uns selbst zu lieben, so machen sie es wie die Bogenschützen, die, um ins Ziel zu treffen, sehr hoch darüber zielen.
Montaigne
I am fond of pigs. Dogs look up to us. Cats look down on us. Pigs treat us as equal.
W. Churchill
Für Leute, die nur Vergangenheit und Zukunft kennen und nicht in jedem Momente der Gegenwart eine Ewigkeit leben können, ja für solche muß der Tod schrecklich sein! Wenn ihnen die beiden Krücken Raum und Zeit entfallen, dann sinken sie ins ewige Nichts.
H. Heine
Von Georg Biron, geboren 1958, lebt als Schriftsteller, Reporter, Regisseur und Schauspieler in Wien.
Zur Natur-, Kultur- und Mediengeschichte des sagenumwobenen, einzelgängerischen Pelztiers.WZ vom 04.09.2021, 08:00 Uhr I Update: 04.09.2021, 08:11 Uhr
Die geheimnisvolle Katze ist aber nicht nur auf der Musicalbühne zu
finden, sondern in fast jeder Kultur, und schon früh wurde sie als Vermittlerin
zwischen den Welten bewundert.
Die Katze begleitet die Götter auf leisen Pfoten, sie wandelt als
Botschafterin zwischen Heiligen und Menschen umher, sie streift durch die
gespenstischen Landschaften unserer Träume und schützt uns vor den Mächten des
Bösen. Sie hütet die alten Geheimnisse der Natur, und manchmal kann sie sogar
Tote wieder zum Leben erwecken. Ganz nebenbei tragen Katzen die Weisheiten
aller großen Philosophien in sich.
Der amerikanische Poet Dilys Bennett Laing berichtet von einem Gespräch mit seiner Vertrauten: "Ich ließ das Buch ,Die Bedeutung des Zen' sinken und sah die Katze in ihr Fell lächeln, während sie es sorgsam mit ihrer rosa Zunge kämmte. ,Katze, ich würde dir dieses Buch zum Lernen leihen, aber es scheint, als hättest du es schon gelesen.' Sie hob ihren Kopf und sah mich direkt an: ,Sei nicht albern', schnurrte sie, 'ich habe es geschrieben'.
Es ist wie mit den Beatles und den Rolling Stones. Wie mit Georg Danzer
und Wolfgang Ambros. Wie mit Austria und Rapid. Oder wie mit Hund und Katz'. Es
sind unterschiedliche Weltanschauungen, die die Menschen in zwei Gruppen teilen
- und am Ende doch ein Ganzes ergeben. "Ein Hund ist Prosa", sagt ein
Sprichwort, "eine Katze Poesie." Jedenfalls teilen diese rätselhaften
pelzigen Wesen seit vielen Jahrtausenden mit uns Haus und Hof - und doch wissen
wir relativ wenig über diese einzelgängerischen Tiere.
Meine Kätzchen lieben mich. Sie stammen von einem steirischen Bauernhof,
heißen Che und Chica und haben eine neue Qualität in mein Leben
gebracht. Katzen sind perfekte Partner für einen lebenslustigen, verspielten
Schriftsteller und dienen als sinnlich- luxuriöse Musen und emotionale
Energiespender gegen Mangelerscheinungen des modernen Lebens. Kollegin Eva
Demski hat einmal notiert: "Katzen sind das fellgewordene Lob der Geduld,
der Ruhe und der Einkehr. Sie sind die besten Genossen, wenn man allein ist und
nicht allein sein will."
....ihre Liebe beschämt mich an manchen Tagen. Ich habe diese Zuneigung nicht verdient, denke ich - und stehe augenblicklich in ihrer Schuld. Beschämt eile ich zum Kühlschrank, gefolgt von Che und Chica, um ihnen Essen und Trinken zu servieren, und als Zeichen ihrer Zuneigung und Liebe kommen sie nachts zu mir ins Bett und legen mir ihre Pfötchen auf die Schultern.
"Auf
Katzenpfaden"
Viele Frauen werden auch heute noch mit dem Vergleich mit einer Katze
konfrontiert - nicht nur in Österreich, wo der Ausdruck ''klasse Katz" erotisches Verlangen in
die Augen mancher Männer zaubert.
Auch die schöne Carmen aus Spanien soll viel von einer stolzen Katze an sich gehabt haben, die niemals kommt, wenn man(n) nach ihr ruft, sondern sich nur dann nähert, wenn sie selbst es will. Und natürlich ist Carmen in der Vorstellung von Frauenhassern falsch und treulos, wie eine Katze eben, die sich an ein und demselben Tag mehreren Katern lustvoll hingibt.
In der männlichen Phantasie ist die Katze eben mehr als nur ein
schmeichlerisches Wesen mit exzentrischem Sexualtrieb. Die Katze erscheint dann
als die Frau schlechthin. Und in der Geschichte ist sie oft auch die
Begleiterin von sehr eigenständigen Frauen, die ihren Willen nicht von Männern,
sei's Geliebter oder Vater, brechen lassen wollen. Schöne Feen, tapfere
Göttinnen und verfluchte Hexen treiben sich mit Katzen herum - Frauen eben, die
sich nicht so leicht besitzen lassen.
Die Kulturgeschichte der Miezen ist auch Religionsgeschichte. Buddhisten
beispielsweise sind davon überzeugt: "Indem man das Wesen einer Katze
meditiert, vermag man die Erleuchtung zu erlangen." Zu sehr sollte man
sich in Katzen aber nicht verlieben, weil eine solche Liebe vom Nirwana
ablenkt. Deshalb hat der Dalai Lama vor kurzem eine kleine Katze weggegeben,
die ihm zu sehr ans Herz gewachsen ist.
Die alten Ägypter sahen in den Veränderungen an der Pupille im
Katzenauge das Zunehmen und Abnehmen des Mondes. Auch die Inder, die schon vor
mehr als 5.000 Jahren die pelzwangigen Raubtiere zu schätzen wussten, brachten
sie mit dem Mond in Verbindung, den sie sich als weiße schlafende Katze
vorstellten. Weil sich Katzen beim Schlafen zusammenrollen, gelten die kleinen
heiligen Tiere als Symbol des Lebensflusses schlechthin, als Verbindung
zwischen Ende und Anfang. Und natürlich auch als nützliche Hausgeister, die
plündernde Nagetiere von gefüllten Vorratskammern fernhalten.
Der Maler Hieronymus Bosch, Schöpfer üppiger, wilder Welten auf
Leinwand, zeigt uns im Garten Eden die Katze als gnadenlose Jägerin von
Ungeziefer. Und auch Albrecht Dürer lässt zwischen Adam und Eva in
paradiesischer Ruhe eine Katze schlummern.
In den dunklen Zeiten der Hexenverbrennungen warf man Millionen von
Katzen auf die Scheiterhaufen, um die Verbündeten der ''Teufelsweiber"
auch gleich mit auszurotten. Der "Ketzer" und die "Katze",
das klang für die katholischen Inquisitoren verdächtig ähnlich. Verschont wurden
nur Tiere, deren Fellzeichnung auf der Stirn ein "M" zeigte - "M"
wie Maria, die heilige Jungfrau. Die anderen Katzen waren durch die
Gottesmutter nicht geschützt: Sie starben in den Flammen, gemeinsam mit den
Hexen.
"Darum spielen die Katzen in den Hexensagen eine so wichtige Rolle.
Entweder sie bilden das Gespann der Hexen, oder die Hexen nehmen die Gestalt
dieser Tiere an", meinte der tschechische Forscher Friedrich Nork. Die
Verfolgung der Hexen und ihrer heiligen Katzen war nur der schreckliche und
sichtbare Ausdruck für das Zurückdrängen einer Seite des menschlichen Wesens.
Diese wurde von Priesterinnen, Sippenmüttern, Heilkundigen und Hebammen bis ins
Mittelalter vertreten. Die "heilige Hatz auf die Katz" ist heute zwar
vorbei, der Volksmund weiß aber immer noch Bescheid über den sagenhaft
unheilvollen Zusammenhang zwischen Katze und Frau: "Auch die kleinste
Katze kratzt!" und: "Erst leckt die Katze, dann krallt sie!"
"Unter sämtlichen Geschöpfen gibt es nur eines, das nicht zum
Sklaven der Peitsche gemacht werden kann", notierte der Literat Mark
Twain. "Dieses Geschöpf ist die Katze. Wenn der Mensch mit der Katze
gekreuzt werden könnte, dann würde der Mensch wohl verbessert, die Katze aber
verschlechtert werden."
Noch nie gab es in Österreich so viele Haustiere wie heute: mehr als
vier Millionen. Ein gutes Drittel davon sind Katzen. Allein in Wien lebt in
fast jedem dritten Haushalt eine Katze, und fast jedes zweite goldene
Wienerherz ist davon überzeugt, dass ein Tier mehr Wert hat als ein Mensch.
Wer im Alltag mit vielen Menschen zu tun hat, wendet sich in seiner Freizeit oftmals Tieren zu - und fühlt sich dort weitaus besser verstanden als in menschlicher Gesellschaft. Katzenliebhaber sind vielleicht sogar zärtlichere Menschen. Sie sind kühne Abenteurer im Geiste und sind fasziniert vom weltumspannenden Freiheitsgedanken.
"Selbst die kleinste Katze ist ein Wunderwerk", bemerkte
Leonardo da Vinci voller Ehrfurcht. Sie sind empfindliche Tiere, sehen sechsmal
besser als der Mensch und hören auch mit den Augen, weil sie beim Schauen
bestimmte Frequenzen spüren, die außerhalb unserer Wahrnehmung liegen. Bei
Dunkelheit sehen sie ihre Umgebung wie mit einer Infrarotbrille. Außerdem
können sie ihre Ohren wie Antennen einstellen und damit mehr Laute wahrnehmen
als der Mensch. Und in der Nasenspitze sind 19 Millionen Nervenenden - beim
Mensch nur fünf Millionen.
Immer wieder werden Katzen auch als therapeutische Heilmittel eingesetzt
- mit erstaunlichen Erfolgen. Kranke Menschen, die eine Katze an ihrer Seite
haben, so berichtete das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel", werden
nachweislicher schneller gesund, und deshalb empfehlen 75 Prozent der Ärzte
ihren Patienten in erster Linie Katzen als Haustiere. Das Katzenfell ist eine
Art Mikrowellenstrahler, der in einem für Pflanzen, Tiere und Menschen
besonders günstigen Frequenzbereich von 1,5 bis 6 Gigahertz wirkt. Fühlen wir
uns gerade deshalb in Gesellschaft von Katzen so wohl?
"Die Katze wird als ein Kunstwerk der ganzen Schöpfung erlebt,
deren Schönheit sogar Götter und Feen begeistert", weiß Sergius Golowin,
der über die "Göttin Katze" ein beeindruckendes Buch geschrieben hat.
Tausende Sagen und Märchen hat Golowin gelesen, um die Seele der Katze zu
erforschen. Bis zu seinem Tod vor 15 Jahren hat er sich mit den kleinen
"Glückssternen auf der Erde" befasst - und konnte ihr Geheimnis doch
nicht lüften: "Bei all den schönen Überlieferungen und Regeln darf man
niemals vergessen: Meistens sind es gar nicht wir, die die Katze unseres Lebens
finden. Sie findet uns! Auf einmal haben wir sie, obwohl sie oft gar nicht so
aussieht, wie wir es uns vorher gewünscht haben."
-----------------
Und hier Beiträge von mir:
UNTERSCHIED.
Dem Herrchen parieren:
Oberste Hundepflicht!
Derlei Manieren
Braucht mein Kater nicht.
oder aus meinem Twitter:
https://twitter.com/kumpfuz/status/1507754155301027847?s=20&t=MX34hL-rpt-T3qsW10bbGw
Heinz Friedrich
(anläßlich eines lang zurückliegenden Theaterskandals in Stuttgart durch Neuenfels 🕀 )
……….. Die Feuilletonisten brannten Brillantfeuerwerke fortschrittlich-kulturrevolutionärer Schlagworte ab, um für die bedrohte künstlerische Freiheit zu demonstrieren und das repressive Verhalten eines verstockten Kulturestablishments zu brandmarken.………….. Auseinandersetzungen dieser Art gab es beim Theater schon immer - und sie werden auch in Zukunft nicht ausbleiben. Sich deshalb ideologisch zu verausgaben erscheint müßig. Aber Sachlichkeit und vernünftige Gelassenheit ist offenbar nicht das Gebot der feuilletonistischen Stunde. Jede Andeutung eines Skandals wird gern und willig aufgegriffen, um die tierisch-ernste Streiterpose des Gerechtigkeitsfanatikers einzunehmen und meinungsöffentliche Gardinenpredigten vom Stapel zu lassen.
Neuenfels aber, auf theatralische Aggression versessen…… terrorisiert auch die Phantasie des Zuschauers, indem er ihr die
vordergründigste und gemeinste Interpretation des Stoffes agitatorisch
aufzwingt. ……………. oder zumindest zu einem Stichwortgeber für unkontrollierbaren
Theaterzirkus herabwürdigt. Denn schließlich soll und muß sich der
Theaterregisseur (wie jeder Interpret) am Beginn seiner schöpferischen
Auseinandersetzung mit einem vorgegebenen Stoff die Frage stellen, welchen
Absichten den Autor gefolgt sei. Die Antwort auf diese Frage läßt ohnehin schon
Spielraum genug für künstlerische Mißverständnisse, Fehlleistungen und
Eigenmächtigkeiten, die nicht mit dem Urheberrecht in der Hand geahndet werden
können. Wird dieser Spielraum durch die ideologische Willkür des Regisseurs
jedoch noch zusätzlich ausgenutzt, so steigert sich die Interpretation zur
brutalen Vergewaltigung.
Allerdings
ist das Stuttgarter Theatermißgeschick kein Einzelfall, sondern es
veranschaulicht im Gegenteil nur ein Symptom gegenwärtiger Theaterpraxis: Vergewaltigungen dieser und
ähnlicher Art ereignen sich nämlich allenthalben auf unseren Bühnen; nur kann
sich die Mehrzahl der Autoren…., nicht
mehr wehren, weil sie längst unter der Erde modert und auch kein finanziell
interessierter Sachwalter und kein Urheberrecht für ihre postumen Interessen
eintritt - wir meinen die Klassiker, die mehr und mehr dem ideologischen
Regietheater zum Opfer fallen. In der ebenso flachen wie irrigen Meinung, die Klassiker
seien gesellschaftlich überholt oder repräsentierten gar den Höhepunkt
bürgerlicher Repression, kühlen zahlreiche Jung-Regisseure ihr szenisches
Mütchen an den Uropas der Schaubühne. ….. Schließlich
stellt man gotische Madonnen ja auch nicht in öffentlichen Bedürfnisanstalten
aus, um auf ihre Kritisierbarkeit aufmerksam zu machen ...
Gewiß:
Kunstwerke sind keine starren Denkmalgrößen, die unreflektierte Bewunderung
erheischen. Sie müssen sich, wollen sie lebendiger Wirkung nicht entraten,
späteren Generationen stets erneut zur Auseinandersetzung stellen. Aber es ist
immerhin ein Unterschied, ob diese Auseinandersetzung auf gleichrangigem Niveau
oder in Form gemeiner Notzucht erfolgt. Politisch-tendenziöse Verfälschung
eines Kunstwerkes aber ist Notzucht, weil sie die freie Meinungsäußerung
des Autors manipuliert oder gar verhindert (ob der Autor längst tot ist oder
noch unter den Lebenden weilt, spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle).
Steht es den kultur- und sozialrevolutionären Provokateuren doch frei, sich
ihre Stücke selbst zusammenzuzimmern oder sie zusammen mit einem
gleichgesinnten Autorenteam zu erarbeiten. Niemand wird sie daran hindern, dann
von ihrer so mimosenhaft verteidigten Gedankenfreiheit praktischen Gebrauch zu
machen und ihre szenischen Visionen in dem geistigen Parterre vorzuführen, das
ihnen gemäß erscheint.
Um so nachdrücklicher aber scheint angesichts solcher
Toleranz Achtung vor den Werken anderer Autoren geboten; denn wie soll
Diskussion entstehen, wenn alle Texte über den gleichen ideologischen
Theaterleisten manipuliert werden? Nur
die Werktreue garantiert die geistige Auseinandersetzung, weil sie dem
Autor ohne selbstherrliches Dreinreden das entscheidende Wort läßt. In diesem
Sinn ist Werktreue kein leerer oder gar repressiver Wahn, sondern ein
Gebot, durch dessen Nichtachtung künstlerische Interpretation sich selbst
stranguliert………... Oder sollte gar zutreffen, daß künstlerische Freiheit nur
dem zusteht, der sich modisch-progressiv gebärdet? Dann allerdings wären wir bald
an dem Punkt angelangt, an dem die Freiheit, die solche Fortschrittler meinen,
ihre repressiven, terroristischen Züge zynisch enthüllt nach dem Motto: Willst du nicht meiner Meinung sein, so
schlag ich dir den Schädel ein.
Heinz Friedrich: Weitere Zitate zum "modernen" Theater:
... selbstgefällig projizieren sie ihre eigenen Hirngespinste an das Zeltdach und behaupteten keck, dies sei die Wirklichkeit. Nun aber, da diese Wirklichkeit nicht standhält und die Trapeze über leeren Sitzreihen schaukeln, predigen sie Besinnung und begeben sich ins Parterre, um den verachteten Brüdern die Hand zu reichen und der engagierten Subkultur das Wort zu reden. So geraten sie von einem Extrem ins andere. Denn sowenig die Kunst im luftleeren Raum über den Köpfen der Gesellschaft sich etablieren kann, so wenig sollte sie sich unmittelbar mit der Gesellschaft gemein machen und mit ihr auf die Barrikaden der alltäglichen Bedürfnisse (oder auch nur Scheinbedürfnisse) steigen. Kunst manifestiert sich nämlich weitaus häufiger in einem Spannungsverhältnis zur Gesellschaft als in Übereinstimmung mit ihr. Das liegt nicht zuletzt in der anthropologischen Tatsache begründet, daß der täterische Mensch geschichtlich bestimmender auf die Gesellschaft und ihre Bedürfnisse einwirkt als der schöpferisch reflektive, dessen geistiger Einfluß sich in der Regel nur allmählich (und oft erst über Generationen hinweg) durchsetzt.
Viele
Parnass-Wanderer litten an ihren Zeitgenossen, die für sie nur die Qual der
Ignoranz bereithielten. Genies sind gesellschaftlich unbequem. Seit den Tagen
der Renaissance, als sich die Künstler ihrer schöpferischen Individualität
bewußt wurden, kämpfen die Dichter, Komponisten und Maler nicht nur um ihr
Publikum, sondern meist auch gegen ihr Publikum. Wer nicht bereit ist, sich der
Tagesrhetorik zu unterwerfen und dem Für und Wider der Meinungen zu huldigen,
kurzum: wer sich gesellschaftsideologisch nicht integrieren läßt, dem wird
erbarmungslos die Außenseiterrolle zugewiesen; um den Preis der Einsamkeit und
Verkennung muß er sein Werk schaffen.
Denn große
Kunst strebt, und zwar auch dort, wo sie sich zu engagieren scheint, stets nach
Ausdruck überzeitlicher Sachverhalte; die Bindung an das Zeitliche widerstrebt
ihrem innersten Antrieb und Auftrag. Aus dem Sieg über die Zeit bezieht sie
ihre Faszination und ihre Dauer über den Tag hinaus. Wäre die Schilderung
gesellschaftlicher Verhältnisse das Hauptmerkmal Shakespearescher Trauerspiele,
so würden uns heute kaum noch die Schicksale Hamlets, Othellos oder Romeos
erschüttern - ganz zu schweigen von den Inhalten der antiken Tragödie, die mit
unserer modernen Gesellschaftsstruktur ebensowenig oder ebensoviel gemein haben
wie ein Überschallflugzeug mit dem Schneider von Ulm. Auch der Apoll von
Belvedere, auf seine gesellschaftliche Aussagekraft beschränkt, erschiene uns
lediglich als kunstfertig gerundeter Marmor und nicht als Inkarnation
vergöttlichter und zum geistig-sinnlichen Leitbild erhobener Menschengestalt.
Es sind
also kaum die gesellschaftlichen Konstellationen vergangener Epochen, die uns
in den überlieferten Kunstwerken ergreifen. Ebensowenig aber ist
bildungsbürgerliche Kulturheuchelei für die Präsenz künstlerischer
Überlieferung verantwortlich: musealer Kunstgenuß, zum Statussymbol erhoben,
würde unweigerlich in interesseloser Langeweile versanden, falls ihm nicht eine
aktivierende Kraft antwortete.
Was
vielmehr aus den Kunstwerken der Vergangenheit in die Gegenwart hineinspricht,
das ist ihr überzeitlicher Gehalt an menschlicher Wahrheit - einer Wahrheit,
die, in welcher gesellschaftlichen Konstellation auch immer, seit den Tagen, in
denen der Mensch seinen geschichtlichen Weg antrat, die gleiche geblieben ist:
das tragische Bewußtsein der zeitlichen Existenz und damit die individuelle
Absonderung von dem universalen Gang des Weltganzen.
Dieser Einsicht freilich widersetzten sich die
Verfechter der totalen Gesellschaft mit dialektischer Leidenschaft. Verstrickt
in die Utopie zukünftiger Sozialparadiese und überzeugt von dem
spätkapitalistisch-repressiven Charakter der Kultur, erblicken sie im
überzeitlichen Wahrheitsanspruch der Kunst einen Feind des Fortschritts. Größe
ist ihnen als Ausdruck autoritären Machtanspruchs verdächtig, und das
Ergreifende oder Erschütternde bietet sich ihnen nur dar als Manipulation der Gefühle
zum Zweck gesellschaftlicher Unterdrückung.
Ich wollte Mißtrauen erwecken gegen jene transzendente Ventriloquenz, wodurch mancher glauben gemacht wird, etwas das auf Erden gesprochen ist, käme vom Himmel; Ich wollte hindern, daß, da grober Aberglaube aus der feineren Welt verbannt ist, sich nicht ein klügelnder an dessen Statt einschliche, der eben durch dıe Maske der Vernunft, die er trägt, gefahrlicher wırd, als der grobe.
Lichtenberg
Lichtenberg:
Eine große Rede läßt sich leicht auswendig lernen und noch leichter ein großes Gedicht. Wie schwer würde es nicht halten, eben so viel ohne allen Sinn verbundene Wörter, oder eine Rede in einer fremden Sprache zu memorieren. Also Sinn und Verstand kömmt dem Gedächtnis zu Hülfe. Sinn ist Ordnung und Ordnung ist doch am Ende Übereinstimmung mit unserer Natur. Wenn wir vernünftig sprechen, sprechen wir nur immer unser Wesen und unsere Natur. Um unserm Gedächtnisse etwas einzuverleiben suchen wir daher immer einen Sinn hineinzubringen oder eine andere Art von Ordnung. Daher Genera und Species bei Pflanzen und Tieren, Ähnlichkeiten bis auf den Reim hinaus. Eben dahin gehören auch unsere Hypothesen, wir müssen welche haben, weil wir sonst die Dinge nicht behalten können. Dies ist schon längst gesagt, man kömmt aber von allen Seiten wieder darauf. So suchen wir Sinn in die Körperwelt zu bringen. Die Frage aber ist, ob alles für uns lesbar ist. Gewiß aber läßt sich durch vielen Probieren, und Nachsinnen auch eine Bedeutung in etwas bringen was nicht für uns oder gar nicht lesbar ist. So sieht man im Sand Gesichter, Landschaften usw. die sicherlich nicht die Absichten dieser Lagen sind. Symmetrie gehört auch hieher. Silhouette im Dintenfleck pp. Auch die Stufenleiter in der Reihe der Geschöpfe, alles das ist nicht in den Dingen, sondern in uns. Überhaupt kann man nicht genug bedenken, daß wir nur immer uns beobachten, wenn wir die Natur und zumal unsere Ordnungen beobachten.
Erich Fromm:
Unsere bewußten Motivationen,
Ideen und Überzeugungen sind eine Mischung aus falschen Informationen,
Vorurteilen, irrationalen Leidenschaften, Rationalisierungen und
Voreingenommenheit, in der einige Brocken Wahrheit schwimmen, die uns die (freilich
falsche) Gewißheit geben, daß die ganze Mischung real und wahr sei. Unser
Denkprozeß ist bestrebt, diesen ganzen Pfuhl voller Illusionen nach den
Gesetzen der Logik und Plausibilität zu organisieren….
Bedacht im Erkundigen B. Gracian
– (Schopenh Übs.)
Man lebt
hauptsächlich auf Erkundigung. Das Wenigste ist, was wir sehn; wir leben auf
Treu und Glauben. Nun ist aber das Ohr die Nebentüre der Wahrheit, die
Haupttüre der Lüge. Die Wahrheit wird meistens gesehn, nur ausnahmsweise
gehört. Selten gelangt sie rein und unverfälscht zu uns, am wenigsten, wenn sie
von weitem kommt: da hat sie immer eine Beimischung von den Affekten, durch die
sie ging. Die Leidenschaft färbt alles, was sie berührt, mit ihren Farben, bald
günstig, bald ungünstig. Sie bezweckt immer irgendeinen Eindruck.
Erich Fromm:
Die Bereitschaft zu schenken manifestiert sich in jedem, der wirklich
liebt. »Falsche Liebe«, das heißt Egoismus zu zweit, macht die Menschen noch
selbstsüchtiger (und das ist oft genug der Fall). Wahre Liebe vermehrt die
Fähigkeit, zu lieben und anderen etwas zu geben. In der Liebe zu einem bestimmten Menschen liebt der wahre Liebende die
ganze Welt.
Karl Kraus: