Montag, 15. September 2014

Rusalka

Nachtrag zur "RUSALKA"-Aufführung am 10.9.14:
http://www.wiener-staatsoper.at/Content.Node/home/spielplan/Spielplandetail.php?eventid=1400482

Eine sehr schöne Aufführung mit herrlicher und herrlich ausgeführter Musik. Herausragend Pjotr Beczala als Prinz und Günter Groisböck als Wassermann. Dirigent Tomas Netopil ein Newcomer, aber recht gut.
Die Regie von S-E. Bechtolf im Ganzen akzeptabel, in Details fragwürdig. Dass er vom Burgtheater kommt, merkt man auch daran, dass er immer, wo es geht, die Protagonistin barfüßig und im Hemdchen herumhüpfen lässt; das ist dort äußerst beliebt, nur sind die Schauspielerinnen dort auch noch magersüchtig (rachitisch darf man ja nicht mehr sagen); nun, das ist bei Opernsängerinnen nur ganz selten der Fall. Wie immer bei ihm der Bühnenbildner Rolf Glittenberg, von dem ich schön langsam den Eindruck gewinne, er ist farbenblind oder zumindest farbuntüchtig.


Provinzialität der Zeit

Es gibt "eine Provinzialität nicht des Raumes, sondern der Zeit; eine Provinzlerhaftigkeit, für die die Geschichte nichts weiter ist als eine Chronik menschlicher Planungen, die der Reihe nach ihre Schuldigkeit getan haben und dann zum alten Eisen geworfen worden sind; eine Provinzlergesinnung, der zufolge die Welt ausschließlich den Lebenden angehört, während die Toten keinen Anteil an ihr haben. Das Gefährliche an dieser Art Provinzialität besteht darin, dass wir alle zusammen, sämtliche Völker des Erdballs, zu Provinzlern werden können."
(T.S.Eliot)
Es gibt also Provinzler des und Provinzler der Zeit. Die meisten Journalisten gehören zu den letzteren, die meisten Jugendlichen sowieso, aber denen kann man keinen Vorwurf daraus machen. Sie waren zwar schon "überall" auf der Welt, aber ihr Horizont hat sich nicht verändert, d. h. sie bleiben auch Provinzler des Raumes.

https://www.youtube.com/watch?v=YWB2SGgz3vc

Samstag, 13. September 2014

Möst

Zu Franz Welser-Möst's Rücktritt:
In allen mir zugänglichen Print- und Online-Medien wird FWM nur mit der Aussage zitiert, dass es bzgl. der Auswahl von Sängern und Dirigenten Differenzen gegeben habe. Punktum. Dabei kann man ihm durchaus folgen, auch wenn man kein Fan von ihm ist (davon hat er ja nicht allzu viele). Das Feuilleton (Standard, KURIER, WZ...) münzt diese Aussage flugs  in eine Kritik an der Inszenierungs-Strategie Dominique Meyers um. Entweder wissen die die Kulturkritiker mehr als wir armen Endverbraucher oder aber sie wollen uns wieder einmal in ihrem Sinne manipulieren. Für die Mehrheit der - zahlenden - Staats-Opernbesucher sind die "konventionellen" Regiearbeiten noch das kleinste Problem in diesem Hause.

Montag, 1. September 2014

Dinge

Die Widerspenstigkeit der Dinge.
Ihr unaufhaltsamer Verfall.
Ihre unaufhörliche Erneuerung.
Und immerzu
Staubt alles zu.

Sonntag, 31. August 2014

Gegenwart

"Alle Erinnerung ist Gegenwart".

Novalis

Samstag, 30. August 2014

Naturwunder

"Die Zeit wird kommen, wo unsere Nachkommen sich wundern, daß wir so offenbare Dinge nicht gewußt haben".
"Die Natur offenbart ihre Wunder nicht alle auf einmal. Wir halten uns für Eingeweihte - und weilen noch in ihrem Vorhofe".

Seneca, naturales quaestiones

Mittwoch, 27. August 2014

Der ewige Jude

Weil mich der leichtfertige und missbräuchliche Umgang mit dem Schlagwort "Antisemitismus" in den Medien (WZ, ORF etc.) über die Maßen ärgert, lese ich momentan das Buch "Der ewige Jude" von Hellmut Andics über die "Geschichte des Antisemitismus", ein Buch aus dem Jahre 1965, das bei mir schon lange im Regal schlummerte...

Ein bemerkenswertes sachliches und unparteiisches Buch, das in dieser Form wahrscheinlich heute gar nicht mehr geschrieben und verlegt werden könnte. Allein der Satz: "Das Judentum, das nach den bitteren Erfahrungen der Hitlerzeit überall Antisemitismus witterte, ging von der Forderung nach Gleichberechtigung zur Forderung nach Bevorrechtung über" würde heute schon unter Antisemitismus eingereiht. Dabei ist genau das die Problematik: Wenn es auch noch so berechtigt und verständlich ist - es funktioniert auf Dauer in der Gesellschaft einfach nicht und facht nur die Glut immer wieder auf's neue an. Dass in diesem Buch auch die Ursachen auf jüdischer Seite nicht verschwiegen, aber, wo notwendig, relativiert werden, macht es so glaubwürdig. Auch das ist heute nicht mehr möglich.

"Schon die nüchterne Darstellung der Fakten [der Nazi-Greuel] gerät in den Verdacht, eine Pardonierung zu sein. Wer die Judenfeindschaft nicht ungeprüft als Ungeist verdammt, sondern nach Erklärungen sucht, kommt sehr schnell in den Geruch, selbst Antisemit zu sein. Um die Wiederholung der KZ-Greuel für alle Zeiten zu verhindern, scheint jedes Mittel geeignet, vor allem Schweigen. Dass diese Methode nicht zum Erfolg führt, zeigt das Wiedererwachen des Antisemitismus schon wenige Jahre nach dem Ende des 2. Weltkrieges." 

"Das Image des Juden in der Zeit nach 1945 bekam neue Konturen. Der Jude wurde zum Repräsentanten des Siegers und in noch stärkerem Maße als nach 1918 zum Nutznießer des allgemeinen Elends. Die Beherrscher des schwarzen Marktes kamen aus den Flüchtlingslagern. Während die Bevölkerung hungerte, kam aus den Lagern eine Flut von Lebensmitteln.
Die Behörden, die sich in Deutschland und ebenso in Österreich neu etablierten, versuchten ihre noch taufrische demokratische und humanitäre Grundhaltung durch eine mehr oder minder umfangreiche Wiedergutmachung an den Juden zu beweisen. Das alles war eigentlich folgerichtig; aber in der verhängnisvollen Geschichte des Antisemitismus ist immer alles logisch und selbstverständlich, was dann zuletzt doch nur dazu führte, daß die Judenfeindschaft aufflackert. Hunderttausende Kriegsversehrte mußten sich mit kleinen Renten zufriedengeben, Millionen Bombengeschädigte warteten jahrelang vergeblich auf irgendwelche Entschädigungen, Besatzungsopfer konnten keinen Ersatz für Plünderungen, Demontagen, Beschlagnahmen erhalten. Nur die Juden bekamen Geld. Viel Geld.
Dem kleinen Geschäft auf dem schwarzen Markt folgte sehr bald das große Schiebergeschäft. Jetzt kamen die Sardinen waggonweise, die Zigaretten in Wagenladungen, das Mehl zu Tonnen. Daß eine Zeit des allgemeinen Hungers die Großschieber auf den Plan rufen mußte, war klar. Daß die Juden in dieses Geschäft einstiegen - einzelne Juden, versteht sich, aber für die anderen waren es eben „die Juden" -, ist ebenso erklärlich: Die Juden hatten als die klassischen Opfer des NS-Regimes von vornherein bei den Alliierten offene Türen; und die alliierten Kontakte waren nötig, um die großen Coups zu landen. Ihre Partner waren oft die Umerzieher in alliierter Uniform selbst. Und diese hatten auch keine Bedenken."

Ein Beispiel für die Objektivierung mancher  gängiger Vorurteile bietet folgende Text-Passage:
"Um die Jahrhundertwende [1800/1900] befanden sich sämtliche Wiener Großbanken und 76 Prozent der österreichischen Industrie in jüdischem Besitz. Weil Wien solcherart der stärkste wirtschaftliche Stützpunkt des Judentums in Europa war, wurde es auch zum stärksten Ausgangspunkt des Antisemitismus. In dieser Atmosphäre formte sich der arbeitslose Adolf Hitler sein Weltbild."
Also ist es nicht die der "Österreichischen Seele" innewohnende Niederträchtigkeit, wie die sich links gebende Journailleria und einige darin  eingebettete Wissenschaftler uns glauben machen wollen.
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Hier noch eine Passage über Adolf Eichmann:

"Das System wurde durch Adolf Eichmann repräsentiert. Es wäre jedoch irrig, sich diesen Mann als eine Bestie in Menschengestalt vorzustellen. Adolf Eichmann wurde zur Personifikation einer Maschinerie, und stellvertretend für diese Maschinerie wurde er in Israel vor Gericht gestellt und justifiziert. Um einen derartigen Mechanismus der Massentötung in Betrieb zu setzen, mußten zahlreiche Räder ineinandergreifen. Eichmann war eines davon; als die Maschinerie abgeurteilt wurde, standen die übrigen - Hitler, Himmler, Heydrich, Gestapo-Müller und Kripo-Nebe - nicht mehr zur Verfügung. Nur Eichmann blieb übrig als Repräsentant eines Kollektivs.

Die Maschinerie konnte nur in einem System funktionieren, das das Einzelwesen zum absoluten Nullwert degradierte. In einem solchen System ist der nächste logische Schritt die Erkenntnis, daß das Leben nur dann von Wert sei, wenn es dem Staate diene, und daß daher „unwertes“ Leben ausgeschaltet werden müsse. Diese Ausschaltung begann im Staat des Nationalsozialismus mit dem Befehl zur Euthanasie bei Einzelpersönlichkeiten, zum Beispiel bei unheilbar Geisteskranken, und endete mit der Liquidation ganzer Gruppen von „Reichsfeinden“ - also der Juden. 

War ein solches System erst einmal grundsätzlich konstituiert, dann benötigte es nicht mehr den herkömmlichen Typ des Verbrechers als Massenmörder, sondern konnte sich mit dem Verwaltungsbeamten als Exekutor begnügen. Es zeigte sich auch prompt in zahlreichen Fällen, daß die KZ-Bestie ein durchaus bürgerlicher Mensch war. Neben den brutalen Gewaltmenschen, bei denen die sich bietende legale Gelegenheit die Bestie zum Durchbruch kommen ließ, gab es ebenso Männer, die die seelische Beanspruchung durch das System nicht durchhielten."

Montag, 25. August 2014

Minister-Rochaden

Bures->Stöger>>>>  Heuchlerische Verwunderung in den Medien.

In England, immer wieder als Mutterland der europäischen Demokratie bezeichnet, ist sowas durchaus üblich, allerdings mit einem kleinen Unterschied: Wenn dort in seinem Ressort etwas „passiert“, wofür der Minister „eigentlich nichts kann“, ist er trotzdem sofort weg. Aber bei uns in Bagdad? 

Der Gedanke dahinter ist klar: Wichtiger als spezielle Sachkenntnis ist die Fähigkeit, eine komplexe Organisation optimal funktionieren zu lassen, Zusammenhänge zu durchschauen, die Spezialisten in der Spur  zu halten und vor allem, eine gute Hand und einen sicheren Blick für „Leute“ zu haben.

Generell zur "Nachwuchspflege" der SPÖ: Wenn ich mir die "Jungen Sozialisten" so anschaue, haben sie nur das Potential, erst einmal 50% der potentiellen Wähler zu verscheuchen. Gelingt ihnen trotzdem der "Weg durch die Institutionen", so vertreiben sie auch noch den Rest. Die Misere ist nicht neu, ich habe selbst in meiner Laufbahn auf der Uni und dann  im politik-nahen Wissenschaftsbereich nur zu oft erlebt, wie die einstigen Revoluzzer (allesamt höhere S……ähh…. Töchter und Söhne) sich konsequent  und zielsicher an die Futtertröge der Republik heranmachten, aber durchaus nicht primär zum Wohl dieser Institutionen. Das wäre an und für sich nichts Außergewöhnliches, wenn frühe Theorie und späte Praxis nicht gar so weit auseinanderklaffen würden.

So droht der SPÖ eine ähnliche Entwicklung wie der ÖVP, die ja schon lange keine Volkspartei mehr ist, seit durch das Wirken Schüssels & Co. das „Volk“ darauf gekommen ist, dass diese Partei nun wirklich nicht seine Interessen vertritt. Eine Elite-Partei, ganz gleich, ob in finanzieller oder ideologischer Hinsicht, wird in Zukunft keine Mehrheiten mehr zustande bringen. Und da haben dann jene Parteien leichtes Spiel, die vorgeben, sich um die ignorierten Interessen der „Nicht-Eliten“ zu kümmern.