Darum verfehlt jeder einseitige, rein naturalistisch interpretierende Ansatz die Ganzheit des Lohengrin-Kosmos. Wenn ein Regisseur oder ein aufgeklärter Theatermann sagt, «der Schwan geht nicht mehr, sowas kann man heutzutage nicht mehr machen» dann ist das Argument nicht etwa klug und historisch taktvoll, sondern banausisch. Der Schwan ging, rein rational, nie: der ist nicht nur im Jahre 1990 ein unglaubliches Wunder, sondern war es auch zu Wagners Lebzeiten und sogar zu denen Heinrichs I. Wagner wollte halt das Wunderbare, das Romantische als Folie für ein differenziertes Liebesdrama und er brauchte das Historisch-Exakte als Folie für eine mythologische Tragödie. Wer also sagt, denkt oder fühlt, den Schwan nicht mehr ertragen zu können, weil der ihm zu opernhaft, zu surreal, zu unwirklich sei der kann in Wahrheit die Lohengrin-Oper nicht ertragen. Und sollte nicht etwa einen Lohengrin ohne Schwan geben, sondern auf diese Oper verzichten. …... Eine Aufführung, die für den Schwan zu schlau zu sein meint, ist in Wahrheit zu kleinmütig fürs Märchen: Die Verwandlung eines Menschen in einen Lindwurm oder in einen Schwan gehört im Siegfried wie im Lohengrin zur Sache.J. Kaiser - schon 1990. - Aber die Regisseure haben sich seither nicht geändert und die Intendanten kuschen vor dem Feuilleton.
Politische, kulturelle und politische Kommentare ; literarische Kletzen. Motto: Prudenter dubitare!
Montag, 27. Mai 2019
Schwan oder nicht Schwan
Donnerstag, 9. Mai 2019
Gutestuer
Eine gute Übersetzung für "Gutmensch"!
👼
Und hier noch ein bißchen Senf von Montaigne:
...die sich aufblähen, wenn sie etwas Nützliches oder Unschuldiges getan haben .... Es ist ihnen schwer geworden, also muss es wertvoll sein. In dem Maße, wie etwas Gutes gut wirkt, ziehe ich von seiner Gutheit den Verdacht ab, daß es mehr deshalb getan worden ist, weil es gut wirkt, als weil es gut ist: das Gute, das zur Schau gestellt wird, ist halb entwertet. Viel feiner ist es, wenn das Tun wie von selbst und ohne Lärm vom Handelnden hervorgebracht wird, und wenn es dann von einem ehrlichen Menschen anerkannt und aus dem Dunkel herausgehoben wird; es tritt dann ans Licht als das, was es selbst ist.....
Dienstag, 9. April 2019
Weg=Ziel
Auf dem Wege kommt man nie „an“. Daß man dem Ziel näher kommt, merkt man daran, daß es immer ferner rückt. Bis man begreift, daß der Weg selbst das Ziel ist, das heißt eine Verfassung, die das Weiterschreiten garantiert, das nie endende und eben darin ewig schöpferisch-erlösende Stirb und Werde.
K. Dürckheim
Sonntag, 24. März 2019
Nichts anderes als
"Entgegen allen religiösen Verheißungen sind auch wir Menschen nichts anderes als sterbliche Überlebensvehikel der Gene. Zufällig entstandene, vergängliche biochemische Roboter also, deren einziger Sinn darin besteht, die Gene, die uns erschaffen haben, an die nächste Generation weiterzugeben. Weit davon entfernt, der Höhepunkt der Schöpfung oder gar das Ebenbild Gottes zu sein, sitzen wir mit allen Lebewesen im selben Boot, mit den anderen Primaten sogar auf demselben Ast der Evolution."
Aus:
Und wiederum redet hier ein hochintelligenter Blinder von der Farbe ⇓⇓Man beachte: ⇉⇉ https://kumpfuz.blogspot.com/2018/01/buttery.html
Bedauernswert, wer solch einem Seelenmechaniker in die Hände fällt.
Zufällig fiel mir vor einigen Tagen das alte Psychologie-Standardwerk von Rohracher in die Hände. Ich habe ihn selbst auf der Uni noch gehört. In Erinnerung ist mir geblieben: "Ich habe schon viele Gehirne seziert, auf eine Seele bin ich nie gestoßen"
⇉⇛ https://kumpfuz.blogspot.com/2014/12/differenzieren.html
Freitag, 15. März 2019
Die Unmenschen sind die Feinde
»… die Juden sollten reif genug sein, um das Recht auf jüdische Schufte in der Literatur zu fordern. Ich jedenfalls fordere das Recht, eine Figur namens Weinstein einen Dieb zu nennen, ohne daß man mich beschuldigt, ich würde alle Juden Diebe nennen.«R. Chandler
....diejenigen, die auf der Suche nach Antisemiten sind, sollen sich nicht um solche Leute kümmern, »die einen Juden einen Juden nennen und jüdische Figuren in ihre Bücher aufnehmen, weil es in ihrem Leben viele Juden gibt - alle interessant und alle unterschiedlich, manche vortrefflich und manche ziemlich mies, wie andere Menschen auch. Ihre Feinde sollten sie lieber bei den Unmenschen (die leicht zu erkennen sind) und unter den Snobs suchen, die von Juden überhaupt nicht sprechen. «
»Was sie zu verübeln scheinen, ist das Gefühl, daß der Jude ein besonderer rassischer Typus ist, daß er sich durch sein Gesicht, den Tonfall seiner Stimme, und nur allzu oft durch sein Benehmen von anderen unterscheidet. Sie bekennen sich zu allen möglichen Religionen und zu keiner. Wenn man jemanden einen Juden nennt, denkt man nicht an seine Religion, sondern an bestimmte persönliche Merkmale im Äußeren oder im Verhalten, und das mögen die Juden nicht, weil sie wissen, daß es das ist, was man meint. Sie wollen sein wie jeder andere, nicht zu unterscheiden von anderen, nur daß sie unter Juden Juden sein wollen, damit sie Nichtjuden Gojim nennen können. Aber nicht einmal dann sind sie glücklich, da sie sehr wohl wissen, daß man jemanden nicht dadurch beleidigen kann, daß man ihn einen Goi nennt, ihn aber durchaus beleidigen kann, wenn man ihn einen Juden nennt. Solange das so ist, weiß ich nicht, wie man von Juden erwarten kann, nicht überempfindlich zu sein, sehe dabei aber auch nicht ein, warum ich auf diese Überempfindlichkeit soviel unnatürliche Rücksicht nehmen soll, daß ich das Wort Jude nie in den Mund nehme. Manchmal glaube ich wirklich, die Juden verlangen zuviel von uns. Sie sind wie jemand, der darauf besteht, namenlos und ohne Adresse zu sein, aber dennoch unbedingt zu den besten Parties eingeladen sein will. «
Genossenliebe
"…mit dem von einigen Moralisten erdachten Gegensatz von »Egoismus« und »Altruismus« darf dieser nicht verwechselt werden. Ich kenne Leute, die in der »sozialen Tätigkeit« aufgehen und nie mit einem Mitmenschen von Wesen zu Wesen geredet haben; und andere, die keine persönlichen Beziehungen außer zu ihren Feinden haben, zu ihnen aber so stehen, daß es nur noch an denen liegt, wenn das Verhältnis nicht zum dialogischen gedeiht.
Ich weiß niemand in den Zeiten, der es fertiggebracht hätte, alle Menschen, denen er begegnete, zu lieben. Auch Jesus liebte unter den »Sündern« offenbar nur die lockeren, liebenswürdigen, die gegen das Gesetz, nicht auch die dichten, erbgutstreuen, die gegen ihn und seine Botschaft sündigten; doch er stand zu diesen wie zu jenen unmittelbar.Martin Buber
Was hier gesagt wird, ist das eigentliche Gegenteil des in Zeitalterdämmerungen zuweilen vernehmbaren Schreis nach universaler Rückhaltlosigkeit. Wer zu jedem Passanten rückhaltlos sein kann, hat keine Substanz zu verlieren; aber wer nicht zu jedem ihm Begegnenden unmittelbar sein kann, dessen Fülle ist eitel. Zu Unrecht hat Luther das hebräische »Genosse« (aus dem schon die Siebzig einen Nahen, einen Nachbarn gemacht hatten) in einen »Nächsten«, verwandelt. Wenn alles Konkrete gleich nah, gleich nächst ist, hat das Leben mit der Welt nicht Gliederung und Bau, nicht menschhaften Sinn mehr. "
Filterblasen
Nicht dem ersten Eindruck nachgeben!B. Gracian
Einige vermählen sich gleichsam mit dem ersten Bericht, der ihnen zu Ohren kommt, so daß alle folgenden nur noch Konkubinen werden können. Da nun aber die Lüge allzeit vorauseilt, so findet nachher die Wahrheit keinen Raum. Weder darf unseren Willen der erste Gegenstand, noch unseren Verstand der erste Bericht einnehmen, das wäre Geisteskleinheit. Manche sind wie neue Gefäße, welche von der ersten Flüssigkeit, sei sie gut oder schlecht, den Geruch behalten. Wird diese Kleinheit des Geistes nun gar bekannt, so ist sie verhängnisvoll, denn jetzt wird sie zum Ziel boshafter Absichtlichkeit. Schlechtgesinnte beeilen sich, den Leichtgläubigen mit ihrer Farbe zu erfüllen. Immer soll Raum bleiben für eine zweite Untersuchung. Es bleibe Raum für den zweiten und auch für den dritten Bericht. Das leichte Annehmen des Eindrucks zeugt von geringer Urteilsfähigkeit und ist nicht fern von der Leidenschaftlichkeit.
Der gute Mann hat schon im 16. Jhdt. die moderne Medienwelt vorhergesehen!
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