Leserbrief an WZ wg. Artikel am 30.7.22 mit der Überschrift: "30 Prozent der Autos müssten weg….."
(abgeschickt, aber nicht veröffentlicht).
…. gemeint sind natürlich damit die Menschen, die sie fahren und die
damit gefahren werden – nur darf man das halt so nicht sagen.
Die vielzitierte Gentrifizierung tritt in mancherlei Gestalt auf, gemeinsames Ziel ist in jedem Fall die Verdrängung der Alt-Mieter aus ihren Altbauwohnungen, wobei „alt“
hier sowohl die Mietdauer als auch des Lebensalter der Bewohner bedeutet. Im Wesentlichen gibt es zwei Methoden: Die eine ist die offene und brutale "kapitalistische", wie sie von sog. Investoren gehandhabt wird; dagegen kann man sich u. U. mit Rechtanswälten wehren, wenn man dazu das Geld hat. Gegen das andere Verfahren, ich nenne es das versteckte "ideologische", ist man wehrlos, denn wie soll man sich gegen politischen Druck wehren - außer einmal alle heiligen Zeiten an der Urne?
In
meinem konkreten Fall „sitze“ ich seit über 50 Jahren in einer ursprünglich
devastierten Wohnung im Herzen der Leopoldstadt, die im Laufe der Jahrzehnte mit viel Aufwand immer wohnlicher gemacht wurde; naturgemäß ist der Mietzins für die neuerdings "hippe" Gegend niedrig und aus Sicht der Vermieter skandalös.
Von Anfang an war ich ein eingefleischter
Öffi-Benutzer, ein sog. ‚early adopter‘ der Sparangebote
wie Jahreskarte, Vorteilskarte und jetzt Ö-Klimaticket. Daneben hielt ich
mit aber auch seit fast 50 Jahren ein Automobil, das mit den Jahren immer
kleiner – sprich kürzer – wurde und anfangs meinen nicht-beruflichen
Aktivitäten (Ferien, Urlaub) diente und jetzt, da ich am rechten Fuß der Alterspyramide
angelangt bin, meine verbliebenen sozialen und touristische Aktivitäten unterstützt;
wohlgemerkt nur jene, die öffimäßig nicht zu realisieren sind. Dafür zahle ich
natürlich seit Jahren die nicht gerade wohlfeile Parkgebühr der Gemeinde Wien,
die ich aber immer öfter als eine offene Verhöhnung empfinde - wenn ich z. B. 20 Minuten und
mehr im Grätzel um die Praterstraße herumkurven muß, um ein bescheidenes Plätzchen für mein
Minigefährt zu finden.
Das Interregnum der Grünen in der Bezirksverwaltung Leopoldstadt war zwar nur von
kurzer Dauer, aber offenbar sehr nachhaltig. Teils haben sie noch selber die Parkplätze
weggeschmolzen, teils haben sie offenbar die Bestands-Beamtenschaft unterwandert oder wirksam umerzogen. Jedenfalls wird seit dieser Zeit der Parkraum permanent und systematisch
verringert, sei es durch sehr großzügige Gewährung von Sperren zugunsten der
Baufirmen (ein Schelm, wer....) oder durch gezielte Parkraumvernichtung zugunsten aberwitziger Fahrradspuren
gegen die schmale Einbahn. Es ist mir durchaus klar, dass man der zunehmenden
Fahrrradbegeisterung Rechnung tragen muss, aber bitte nicht durch fanatische, praxiswidrige Ho-ruck-Aktionen!
Gegen die Immobilienhaie, in deren Beuteschema ich natürlich ideal passe
und die gerade in der Leopoldstadt aus historischen Gründen sehr aktiv sind,
kann ich mich mit Hilfe von Rechtsanwälten (noch) wehren, aber was soll man
gegen die Vertreibungstaktik einer Stadt- und Bezirksverwaltung machen,
die auf einer grünen Hype-Welle stimmenheischend dahinsurft und dabei die alteingesessenen Bewohner unter sich begräbt? Denn offenbar arbeiten die Kräfte der Biologie für manche zu
langsam.
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Eine "lustige" Episode an der Kreuzung Novaragasse mit der Weintraubengasse:
Ein junger E-Scooter-Fahrer fährt in der Mitte der Novaragasse gegen die Einbahn mit full-speed, obwohl es dort ausnahmsweise gar keine Fahrrad-Markierung gibt. Von der Weintraubengasse, die an und für sich Vorrang gegenüber der Novaragasse hat, kommt ein älterer Radler in der Einbahnrichtung auf einem alten Fahrrad, ganz normal und korrekt auf der rechten Seite der Straße. An der Kreuzung stossen die beiden zusammen - gottseidank ohne ernste Folgen außer einem heftigen Schimpfduell: Der E-Mensch beruft sich auf den Rechtsvorrang....
Käme die Sache vor Gericht, käme es hauptsächlich auf die "Gesinnung" der Richter*In an ...... oder ?
???
Man darf ja davon ausgehen, dass für die Propheten und Adepten der neuen Mobilitätsformen die STVO für anachronistisch gilt.