Eine der köstlichsten Satiren über die Psychoanalyse findet sich im Roman "Ein Hund mit Charakter" von Sándor Márai im Kapitel "Psychoanalyse". Leider ist der Text zu lang, um hier eingefügt zu werden, aber vielleicht ein paar Tupfer: Eine mir der Familie befreundete "Psychodame" tritt auf und will klären, warum der Hund - der Puli Tschutora - Probleme macht:
.....»Er kläfft also?« erkundigt sie sich honigsüß und
nickt mit ernster Miene. Sie will damit wohl sagen: »]a, ja, natürlich kläfft
er, genau das habe ich erwartet.« Nach einer kurzen Pause wendet sie sich an
die Dame: »Hast du dich gelegentlich in seiner Gegenwart ausgezogen?« Die
Angesprochene kramt verlegen in ihrem Gedächtnis, doch da mischt sich der Herr
ein und berichtet, daß er sich öfter ausgezogen hat, wenn Tschutora im Zimmer
war. »Na also«, stellt die Analytikerin zufrieden fest. »Hat er Sie dann ... im
Schlafrock gesehen? Mehrfach? Als er noch ganz klein war? Eventuell erst ein
paar Wochen alt?« All das fragt sie leise und mit großem Ernst.
Offenbar ist jedes Detail wichtig; sie will auch
wissen, ob Tschutora nicht vielleicht im Bad war, als die Dame oder der Herr
gebadet hat? »Nicht? ... Überlegen Sie nur!« Dame und Herr beginnen
nachzudenken, wechseln verlegene Blicke und senken dann verschämt die Köpfe.
Das wäre schon möglich, entgegnet hastig der Herr, wieder anstelle der Dame,
und keinesfalls auszuschließen, die Wohnung sei klein, und der Hund schleiche
in den Zimmern herum, möglich, daß er gelegentlich unbemerkt auch ins
Badezimmer gekommen sei, wenn einer von beiden ein Bad nahm. Doch warum sie das
frage?
»Oh, eigentlich nicht so wichtig«, antwortet die
Expertin liebenswürdig und mit verständnisvollem Lächeln. » Im Schlafrock also
... der Kleine hat Sie im Schlafrock gesehen?« möchte sie dann ganz nebenbei
noch wissen. Im Schlafrock? ... Der Herr grübelt.
»Besser gesagt in Unterhosen«, sagt er dann
schuldbewußt. Um es genauer zu sagen, das Tier hatte öfter die Möglichkeit,
seinen Herrn in Unterhosen zu sehen, als ganz Kleiner und auch später, morgens
und abends, beim Anziehen und beim Ausziehen. Ja, ja, natürlich habe er ihn in
Unterhosen gesehen. »Aber hat das etwas zu bedeuten? ... «
Oh, sie hätte nur gern gewußt.................
......Die sanften, aber bestimmten Diagnosen, die sicheren
Meinungsäußerungen der Analysedame wie auch die unfehlbaren Urteile in all den
Wirrnissen kann der Herr nur staunend bewundern. Diese Kompetenz, denkt er
anerkennend, auf welch festem Fundament sie doch stehen, wieviel Routine in
einer Düsternis, in der sich selbst Schopenhauer nur schwer zurechtfand! Odium
figulinum, erinnert er sich an den Lieblingsbegriff des großen deutschen
Pessimisten, möglicherweise verhilft ihnen das zum derartig erfreulichen
selbstbewußten Zusammenhalt. Wohl die zur Zunft gehörende Mißgunst der Töpfer!
Jedenfalls packt einen der Neid, wenn jemand auf die Frage, woran ein
analysierter Mensch denn zu erkennen sei, mit sanftem Verständnis antwortet,
das wisse er nicht, aber den Nichtanalysierten erkenne man mühelos und
untrüglich an seiner Angst vor der Analyse ... Damit ist doch alles klar.
odium figulinum