Freitag, 14. Mai 2021

ICH KAM IN DIESE WELT HEREIN

ICH KAM IN DIESE WELT HEREIN,
Mich baß zu amüsieren,
Ich wollte gern was Rechtes sein
Und mußte mich immer genieren.
Oft war ich hoffnungsvoll und froh,
Und später kam es doch nicht so.

Nun lauf ich manchen lieben Tag
Hienieden schon herummer,
Wie ich mich drehn und wenden mag,
's ist immer der alte Kummer.
Bald klopft vor Schmerz und bald vor Lust
Das rote Ding in meiner Brust.

Wilhelm Busch 

Auch ein Seelenverwandter.....

Und hier noch mehr von ihm:

 Lebensgang

So sind wir nun: kriechen heraus, hantieren hier oben eine Zeitlang scheinbar selbständig hin und her und legen uns dann ganz still wieder unter die Kruste.


Wie andre, ohne viel zu fragen,
Ob man hier oben mich gebraucht,
So bin auch ich zu Lust und Plagen
Im Strom der Dinge aufgetaucht.
Geduld! In wenigen Minuten
Versink' ich wieder in den Fluten.


Lebenskreislauf

Mein Lebenslauf ist bald erzählt. - 
In stiller Ewigkeit verloren
Schlief ich, und nichts hat mir gefehlt, 
Bis daß ich sichtbar ward geboren.
Was aber nun? -Auf schwachen Krücken, 
Ein leichtes Bündel auf dem Rücken,
Bin ich getrost dahingeholpert,
Bin über manchen Stein gestolpert,
Mituntergrad, mitunter krumm,
Und schließlich mußt' ich mich verschnaufen.
Bedenklich rieb ich meine Glatze
Und sah mich in der Gegend um.
0 weh! Ich war im Kreis gelaufen,
Stand wiederum am alten Platze,
Und vor mir dehnt sich lang und breit,
Wie ehedem, die Ewigkeit.

Relativierung

Sehr verständig war der Mann, 
Der das Wort »vielleicht« ersann.

Relativität

Die sogenannten Wahrheiten habe ich doch ein wenig im Verdacht der Unbeständigkeit.

Und weiter, aus seinen Briefen:

 ...Leben: überall derselbe, der einzige; im Himmel und auf Erden; in Felsen, Wasser, Sternen, Schweinen, wie in unsrer Brust. Er schafft und füllt und drängt, was ist. Im Oberstübchen sitzt der Intellekt und schaut dem Treiben zu. Er sagt zum Willen: »Alter! laß das sein! Es gibt Verdruß!« Aber er hört nicht. Enttäuschung; kurze Lust und lange Sorge; Alter, Krankheit, Tod, sie machen ihn nicht mürbe; er macht so fort. Und treibt es ihn auch tausend Mal aus seiner Haut, er findet eine neue, dies büßen muß. - Und dieser Wille, das bin ich. Ich bin mein Vater, meine Mutter, ich bin Sie und alles. Darum gibt es Mitleid, darum gibts Gerechtigkeit.

Natur und Lehre sind verschieden, Natur ist stärker als die Lehre - sagen Sie. Natürlich und gewiß! Der Wille ist der Starke, Böse, Wirkungsvolle, Erste; der Intellekt ist No. 2. - Nichtwollen, Ruhe wär' das beste. - Wie soll das kommen ?- Da steckts Mysterium.

Schopenhauer hat jedenfalls die ernstliche Absicht, deutlich zu sein, sonst wäre seine Schreibweise nicht so bündig, wie sichs ein Mathematiker nur wünschen könnte. Zudem ist er, mein' ich, immer interessant, obgleich er stets dasselbe Thema variiert; denn dieses Thema ist ja unser Fleisch und Blut. Freilich Kant wird vorausgesetzt. - Den Intellekt darf man nicht als etwas Apartes, Losgetrenntes ansehn, sondern als ein Produkt des Willens, dem es in seiner Dunkelheit unheimlich geworden. Der Intellekt ist ein Organ. Er bringt die Motive in Wechselwirkung, er schließt; aber der Wille beschließt. - Wie oft folgen wir, der reiflichsten Überlegung zum Trotz, im entscheidenden Momente dem dunklen Drange, dem plötzlichen Impuls! - Der Wille ist Kraft; der Intellekt ist Form. - Der Intellekt ist sterblich; der Wille lebt, solang er will.

Unser Dasein besteht aus Wollen. Wollen ist Wün­schen. Wünschen setzt Mangel voraus. Mangel ist Schmerz. Wir leiden Schmerzen, weil wir so sind. Wir sind so, weil unsere Erzeuger so waren und deren Erzeuger und so zurück und immer zurück. Kinder, Eltern, Geschlechter; Familie, Volk, Menschheit sind intellektuelle Teilungen eines Ganzen; d. h., unser Intel­lekt sieht alles durch das Medium von Raum und Zeit. In Wahrheit ist ein Wille, eine Schuld, ein Leiden. Ein Stück davon sitzt auch in meiner Brust. So nahe wie möglich.

Willensfreiheit

Der freie Wille: Vor der Vernunft ist er nicht zu erweisen, aber doch muß man ihn fordern, sonst hört alle Selbstverantwortung auf. 



Mittwoch, 12. Mai 2021

Liebeserklärung

 Freiwillige Abhängigkeit ist der schönste Zustand,
und wie wäre der möglich ohne Liebe!


J. W. v. Goethe 

Geschäfte

 Wohl dem, der ruhig zu Hause sitzen und sich weiter regieren lassen kann. 

Dies Geschäft selbst in die Hand zu nehmen, dieser Ehrgeiz liegt mir fern.


Th. Fontane

Lösung

 Die Welt ist voller Rätsel, ja die Welt selbst, also unser Sein, ist ein einziges Rätsel. Unzählige große oder weniger große Geister haben versucht, das Rätsel zu entschlüsseln und manche behaupten sogar, dass sie es geschafft haben und sammeln Gläubige hinter sich. Aber erst im Tod wird die Lösung verraten - oder auch nicht. Und vielleicht ist sie ganz banal. 

Auf jeden Fall ein Er-Lösung.

Ich hoffe, dass das Sein- und Welträtsel im Tod gelöst wird. Aber es ist nur eine Hoffnung - und womöglich ist die Lösung wirklich ganz banal!

Freitag, 23. April 2021

Legendäres

 Jede Zeit und jede Gesellschaft braucht ihre Legenden und nur jene politischen Bewegungen, die diese Legenden bedienen können, haben Chancen auf Erfolg sprich Mehrheiten. Legenden  - heute nennt man sie auch gerne "Narrative"  -  gründen auf Hoffnungen oder Ängsten, häufig auf beiden. Die alten Bedrohungs-Szenarien  wie Kriegsgefahr oder Höllenfeuer wirken hierzulande nicht mehr richtig, also sind auch Patriotismus und Kirchenhörigkeit außer Mode. Ebensowenig locken die appetitanregenden Verheißungen einer gerechteren Verteilung  der ökonomischen Kuchenstücke die saturierte Arbeiterschaft hinter dem Ofen hervor. Letzteres ist das Grundproblem der heutigen Sozialdemokratie. Die aktuellen politischen Erfolgsgeschichten gründen auf Ängsten und den dazu angepriesenen Lösungs- und Schutzversprechen: Die einen geloben, den Planeten zu retten und die anderen, die autochthone Bevölkerung vor der Migrantenflut zu beschützen. Ein realer Kern der Legende ist immer notwendig, aber die Ausschmückungen machen erst das große Geschäft.

Meine Erkenntnis ist: Es hat gar keinen Sinn, gegen diese Legenden oder "Erzählungen" anzukämpfen, auch wenn man sie als Märchen identifiziert hat. Speziell für Publizisten und Künstler ist es nicht ratsam, gegen den Hauptstrom zu schwimmen, will man sich nicht in einer echolosen Schallkammer wiederfinden.

In Ängsten findet manches statt, Was sonst nicht stattgefunden hat.

Wilhelm Busch 

https://kumpfuz.blogspot.com/2015/04/feind-nummer-eins-der-politiker-und.html


Samstag, 27. März 2021

Zeit und Ewigkeit

 Die unendliche Streitfrage um ein Leben "nach dem Tode" ist schon im Ansatz falsch. Nach meiner Ansicht erlischt mit dem Zeitpunkt des Todes auch die "Illusion der Zeit" (Einstein), "vor" und "nach" haben keine Bedeutung mehr. 

Ewig bedeutet also "zeitlos".                  = Ø >>>time-out<<<

Und so bekommt auch der alte Spruch von Solon

NEMO ANTE MORTEM BEATUS

seinen Sinn. Vielleicht liegt in der Zeitlosigkeit die Glückseligkeit - auch die himmlische. Und nicht im imaginären NICHTS.

🌞

Und diesen bemerkenswerten Satz fand ich bei K. P.  Liessmann:

Wobei Ewigkeit in diesem Zusammenhang ncht als unendliche Dauer missverstanden werden darf. Ewigkeit bedeutet, aus der Zeit hinausgefallen zu sein, bedeutet reine Gegenwärtigkeit.

und diese Passage bei Eugène Ionesco:

Warnende oder prophetische Träume kennen die Psychologen seit jeher. Wir in der westlichen Welt wollen nicht daran glauben, weil sich für uns die Ereignisse in der Zeit abspielen. Tatsächlich denken wir kausal. Es gibt ein Vorher ınd ein Nachher, das zweite ist für uns die Wirkung des ersten. Vorher, nachher, Kausalität, Zeit. Die Orientalen werden von uns Okzidentalen nicht verstanden, denn die Orientalen sehen die Dinge innerhalb einer Gesamtheit von Wechselbeziehungen und Bedeutungen. Das ıst natürlich eine andere Art, sich die Welt zu erklären. denn jede Wahrheit ist nur die Erklärung, die wir für eine Sache oder für die Dinge finden. Um diese Phänomene, die uns ungewöhnlich oder absurd scheinen, zu begreifen, müßten wir einfach unser historisches, kausales Denken durch ein räumliches ersetzen. Eine Raumvorstellung statt einer Zeitvorstellung. Könnten wir uns entschließen, weder historisch noch räumlich zu denken, wären wir sogar freier, denn dann hätten wir eine andere Vorstellung von der Welt, oder vielmehr, da jede bildliche Vorstellung ım Raum ist, eine nicht-bildliche Erklärung der Welt. 

Und Alois Brandstetter: "Ewigkeit ist nicht die endlose Fortsetzung von Zeit." 

Siehe auch:

 https://kumpfuz.blogspot.com/2019/06/todliche-sicherheit.html 

https://kumpfuz.blogspot.com/2018/07/zeitverlust.html

https://kumpfuz.blogspot.com/2017/05/zeit-leben.html

😖 Und Schopenhauer darf, kann, muß auch noch seinen Senf dazugeben:

Jeder ist nur als Erscheinung vergänglich, hingegen als Ding an sich zeitlos, also auch endlos. Als Ding an sich ist er der Wille, der in allem erscheint, und der Tod hebt die Täuschung auf, die sein Bewußtsein von dem der übrigen trennt: dies ist die Fortdauer.

Kein Stäubchen, kein Atom Materie kann zu nichts werden, - und des Menschen Geist ängstigt sich damit, daß der Tod die Vernichtung seines Wesens sei!

Du, als Individuum, endest mit dem Tode. Allein das Individuum ist nicht dein wahres und letztes Wesen, vielmehr eine bloße Äußerung desselben: es ist nicht das Ding an sich selbst, sondern nur dessen Erscheinung, welche in der Form der Zeit sich darstellt und demgemäß Anfang und Ende hat. Dein Wesen an sich selbst hingegen kennt weder Zeit, noch Anfang, noch Ende. 


Montag, 15. März 2021

Zeichen und Bezeichnetes

Zeichen und Bezeichnetes sind nicht dasselbe. 

Das Bild ist nicht sein Gegenstand.

Aus dieser Verwechslung entsteht der meiste Streit auf der Welt und sind schon Unmengen Blut geflossen, weil es die meisten Menschen nicht ertragen, dass andere Menschen andere Metaphern für wahr halten.

https://kumpfuz.blogspot.com/2020/04/symbole.html

https://kumpfuz.blogspot.com/2018/12/alles-symbole.html

https://twitter.com/kumpfuz/status/570099726663741440?ref_src=twsrc%5Etfw%7Ctwcamp%5Etweetembed%7Ctwterm%5E570099726663741440%7Ctwgr%5E%7Ctwcon%5Es1_c10&ref_url=http%3A%2F%2Fkumpfuz.blogspot.com%2Fsearch%3Fq%3DReligion

Übel Übel

 Alles läßt sich nicht zwingen, und die Kunst des Lebens läuft darauf hinaus, von zwei Übeln das kleinere zu wählen. 

Th. Fontane