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Montag, 15. März 2021

Zeichen und Bezeichnetes

Zeichen und Bezeichnetes sind nicht dasselbe. 

Das Bild ist nicht sein Gegenstand.

Aus dieser Verwechslung entsteht der meiste Streit auf der Welt und sind schon Unmengen Blut geflossen, weil es die meisten Menschen nicht ertragen, dass andere Menschen andere Metaphern für wahr halten.

https://kumpfuz.blogspot.com/2020/04/symbole.html

https://kumpfuz.blogspot.com/2018/12/alles-symbole.html

https://twitter.com/kumpfuz/status/570099726663741440?ref_src=twsrc%5Etfw%7Ctwcamp%5Etweetembed%7Ctwterm%5E570099726663741440%7Ctwgr%5E%7Ctwcon%5Es1_c10&ref_url=http%3A%2F%2Fkumpfuz.blogspot.com%2Fsearch%3Fq%3DReligion

Dienstag, 18. August 2020

Die unverstehbare Macht.

 "Über die Religion haben die Menschen seit alter Zeit im­mer menschlich gedacht; und diejenige von diesen Vorstel­lungen scheint mir noch die wahrscheinlichste und ent­schuldbarste, die in Gott eine unverstehbare Macht sieht, den Schöpfer und Bewahrer aller Dinge…

Wieviel folgsamer und lenksamer sind, sowohl auf reli­giösem wie auf politischem Gebiet, einfache Menschen ohne besonderen Wissensdrang als die Geister, die bei allen gött­lichen und menschlichen Dingen die Gründe erkennen und überwachend und erziehend in sie eingreifen wollen. Nichts, was Menschen erfunden haben, ist so wahrheitsnah und nützlich wie eine solche Hingabe: sie stellt den Men­schen nackt und leer hin, wie er ist; sie erkennt seine natür­liche Schwäche und ist deshalb bereit, von oben her eine fremde Macht auf sich einwirken zu lassen; sie ist nicht mit menschlichem Wissensdrang belastet und darum um so of­fener für göttliche Erkenntnis; sie achtet die eigene Urteils­kraft gering und gibt dadurch dem Glauben mehr Raum; sie verleitet nicht zum Unglauben und zur Bildung von Dog­men, die der üblichen Religionsübung zuwiderlaufen; sie macht demütig, gehorsam, eifrig, sie ist die geschworene Feindin jeder Häresie und infolgedessen gefeit gegen die re­spektlosen Irrlehren, die von falschen Sekten verbreitet wer­den. Sie ist wie ein weißes Blatt, auf das Gottes Finger schreiben kann, was er will. Wir werden um so vollkomme­ner, je mehr wir uns dem Willen Gottes unterstellen und uns ihm hingeben und damit auf unser Selbst Verzicht lei­sten. «Nimm«, sagt der Ecclesiasticus, «die Dinge in gutem Sinne, so wie sie sich gerade bieten, wie sie gerade heute aussehen und munden; das übrige ist für dich nicht erkenn­bar».

Der Menschengeist hat keinen Halt, wenn er sich in der Unbegrenztheit gestaltloser Gedanken bewegt: er muß sie zu bestimmten Bildern verdichten, die seiner Welt entnommen sind. So hat sich die göttliche Maje­stät in das beschränkte Bild einer körperlichen Erscheinung bannen lassen: seine unirdische Helligkeit wird durch Zei­chen angedeutet, die unserer Irdischkeit entsprechen: seine Anbetung kommt zum Ausdruck in einem Gottesdienst, den man sehen, und in Worten, die man hören kann: denn es sind Menschen, die glauben und beten; jedenfalls wird schwerlich je­mand mich überzeugen, daß nicht eine warme religiöse Stimmung, die sehr nützlich wirkt, von ihr ausgelöst wird: vom Anschauen der christlichen Kruzifixe und der Bilder der Leidensgeschichte, vom Schmuck und den rituellen Be­wegungen In unseren Kirchen, von dem andächtigen Ge­sang und überhaupt von dem sinnlichen Reiz des Gottesdienstes.

 Wie die Mohammedaner sind auch manche Christen dem Irrtum verfallen, daß sie nach der Auferstehung ein irdisches, weltliches Leben erhofften, mit allen Freuden und Annehmlichkeiten der Erde. Glauben wir, daß Plato, der doch vom Himmel etwas ahnte und der mit dem Göttlichen so vertraut war, daß dies in seinem Beinamen zum Aus­druck kam, gemeint habe, der Mensch, dieses arme Ge­schöpf, könne diese unverstehbare Macht irgendwie deu­ten und daß er geglaubt habe. unser schwaches Fassungsvermögen sei geeignet und die Kraft unserer ausreichend, um uns eine Vorstellung von der oder der ewigen Verdammnis zu ermöglichen. Im Namen der Menschenvernunft müßte man dann so zu ihm spre­chen: Wenn die Freuden, die du uns im anderen Leben versprichst, derart sind, wie ich sie hier auf Erden gefühlt habe, so haben sie nichts mit der Ewigkeit zu tun. Wenn auch meine natürlichen fünf Sinne überglücklich gemacht wür­den und meine irdische Seele alles Glück erführe, das sie hoffen und wünschen kann, so kennen wir doch ihre Be­grenzung; das wäre dann alles noch nichts; wenn noch etwas Persönliches darin ist, ist nichts Göttliches dabei; wenn alles das nichts anderes ist, als was wir auch im jetzigen Leben er­fahren können, so kann es nicht in Betracht kommen: „Alles Glück der Sterblichen ist sterblich", das Wiedersehen mit unseren Eltern, unseren Kindern und Freunden, angenom­men, es könnte in der anderen Welt uns noch berühren und beglücken, und angenommen, es läge uns dann noch etwas an dieser Freude, so bleiben wir immer im Rahmen irdi­scher und begrenzter Annehmlichkeiten. Ihrer Würde ent­sprechend können wir die Größe der göttlichen Verheißun­gen nicht erfassen, solange wir sie noch irgendwie erfassen können; wenn wir uns eine angemessene Vorstellung davon bilden wollen, muß sie unvorstellbar, unsagbar und unver­stehbar sein, jedenfalls ganz abweichend von allem, was un­sere elende Erfahrung uns lehrt."

Montaigne

Siehe auch:  https://kumpfuz.blogspot.com/2018/12/alles-symbole.html

Mittwoch, 1. April 2020

Symbole II

„Situationen sind oft symbolisch; es ist die Schwäche der jetzigen Menschen, daß sie sie analytisch behandeln und dadurch das Zauberische auflösen.“ 
H. v. Hofmannsthal
"Ich glaube, daß die Elite und beste Lebenskraft des Christentums immer bei denen liegt, denen das Formulierte schal zu werden droht, und daß trotzdem die ersehnten neuen Ordnungen nur die alten sind, und daß die alten Formulierungen in dem Maß ihren lebendigen Zauber wiedergewinnen, als der Suchende bereit ist, die Formel als Symbol anzunehmen."
H. Hesse

"....die ungeheuerliche Tatsache, daß die Sphäre des Absoluten nur durch ihre Fleischwerdung im Banalen faßbar wird"
G. Henniger

Mittwoch, 7. August 2019

Signale aus der Nacht

Christen fragen oft, warum Gott nicht zu ihnen spreche, wie er es in früheren Zeiten getan haben soll. Wenn ich solche Fragen höre, denke ich immer an den Rabbi, der gefragt wurde, wie es käme, dass Gott sich früher den Menschen so oft gezeigt habe, heutzutage aber niemand ihn mehr zu sehen bekomme. Der Rabbi antwortete: «Heutzutage gibt es niemanden mehr, der sich tief genug bücken kann.»
Diese Antwort trifft den Nagel auf den Kopf. Wir sind von unserem subjektiven Bewusstsein so gefangen und eingewickelt, dass wir die jahrhundertealte Tatsache vergessen haben, dass Gott hauptsächlich in Träumen und Visionen spricht. Der Buddhist tut die Welt der unbewussten Phantasien als nutzlose Illusion ab; der Christ stellt seine Kirche und seine Bibel zwischen sich und sein Unbewusstes, und der rational denkende Intellektuelle weiß noch nicht, dass sein Bewusstsein nicht seine ganze Psyche ist. Die Ignoranz besteht immer noch, trotz der Tatsache, dass seit über siebzig Jahren das Unbewusste ein grundlegendes wissenschaftliches Konzept darstellt, das für jede ernsthafte psychologische Forschung unerlässlich ist.
Wir dürfen uns nicht länger zu gottähnlichen Richtern über Verdienste und Fehler natürlicher Erscheinungen aufwerfen. Wir gründen unsere Botanik nicht auf die altmodische Einteilung in nützliche und nutzlose Pflanzen oder unsere Zoologie auf die naive Unterscheidung zwischen harmlosen und gefährlichen Tieren. Aber immer noch behaupten wir, nur Bewusstsein sei sinnvoll, das Unbewusste dagegen Unsinn. In der Naturwissenschaft wäre eine derartige Behauptung lächerlich. Haben zum Beispiel Mikroben einen Sinn, oder sind sie Unsinn?
Was auch immer das Unbewusste sonst noch sein mag, es ist eine Naturerscheinung, die Symbole produziert, welche sich als bedeutsam erweisen. Wir können von einem Menschen, der noch nie durch ein Mikroskop geschaut hat, nicht erwarten, dass er eine Autorität auf dem Gebiet der Mikroben ist; ebenso kann man niemanden, der natürliche Symbole noch nicht ernsthaft untersucht hat, als kompetenten Richter in dieser Sache ansehen.
Obgleich die katholische Kirche das Vorkommen von somnia a Deo missa  zugibt, machen die meisten ihrer Denker  keinen ernsthaften Versuch, Träume zu verstehen. Ich bezweifle, dass es eine protestantische Abhandlung oder Lehre gibt, die sich so weit herablässt, die Möglichkeit zuzugeben, man könnte die vox Dei im Traum wahrnehmen. Wenn aber ein Theologe wirklich an Gott glaubt, wie kann kann er dann annehmen, Gott sei nicht imstande, durch Träume zu sprechen?
In einer Periode der menschlichen Geschichte, da alle verfügbare Energie auf die Erforschung der Natur verwandt wird, untersucht man zwar die bewussten Funktionen des Menschen, aber der wirklich komplizierte Teil des Geistes, der die Symbole hervorbringt, ist immer noch weitgehend unerforscht. Es scheint fast unglaublich, dass, obwohl wir jede Nacht von dort Signale empfangen, eine Entzifferung dieser Mitteilungen den meisten Menschen zu lästig erscheint. Das bedeutendste Instrument des Menschen, seine Psyche, wird kaum beachtet, oft sogar mit Misstrauen und Verachtung angesehen. «Das ist bloß psychologisch» heißt sehr häufig: Es bedeutet gar nichts.
Woher kommt dieses immense Vorurteil? Wir  sind offenbar so sehr mit der Frage beschäftigt, was wir selber denken, dass wir ganz vergessen zu fragen, was die unbewusste Psyche eigentlich über uns denkt.
C.G. Jung