Samstag, 29. Juni 2019

Möglichkeitsform

Der Konjunktiv (präzis der K. II) hat keine Konjunktur. In unserer total medienverseuchten Gedanken- und Vorstellungswelt gilt nur mehr Hopp oder Tropp. Es zählen nur mehr Superlative, positiv oder negativ. Zwischenwerte sind uninteressant.
Welche Verarmung!

Donnerstag, 27. Juni 2019

Nach allen Seiten offen

„Das Sein bleibt für uns ungeschlossen; es zieht uns nach allen Seiten ins Unbegrenzte“ 
K. Jaspers

Sonntag, 23. Juni 2019

Feuerfest

Als die oberste Regel aller Lebensweisheit sehe ich einen Satz an, den Aristoteles beiläufig ausgesprochen hat: Nicht dem Vergnügen, der Schmerzlosigkeit geht der Vernünftige nach.“
Kommt zu einem schmerzlosen Zustand noch die Abwesenheit der Langeweile, so ist das irdische Glück im wesentlichen erreicht: denn das übrige ist Schimäre.
Es ist wirklich die größte Verkehrtheit, diesen Schauplatz des Jammers in einen Lustort verwandeln zu wollen und, statt der möglichsten Schmerzlosigkeit, Genüsse und Freuden sich zum Ziele zu stecken, wie doch so viele tun. Viel weniger irrt, wer, mit zu finsterm Blicke, diese Welt als eine Hölle ansieht und demnach nur darauf bedacht ist, sich in derselben eine feuerfeste Stube zu verschaffen. 
A. Schopenhauer

Freitag, 21. Juni 2019

Todsicherheit

Das einzige, was wir über den Tod mit Sicherheit wissen, ist, dass wir aus der Zeit fallen. Ob wir ins Nichts fallen oder in die Ewigkeit, wissen wir nicht, auch nicht, ob das nicht dasselbe ist. Die Frage ist: Gibt es das Nichts nicht, weil es für uns nicht denkbar ist?

"Doch Sterben ist nur Zeitverlust."
J. Ringelnatz

Dienstag, 18. Juni 2019

Wer beherrscht wen?

 "Meine intuitive Erkenntnis bestand in der plötzlichen und unerwarteten Einsicht, dass mein Traum mich meinte, mein Leben und meine Welt, meine ganze Realität gegen eine theoretische Struktur, die von einem fremden Verstand aus dessen eigenen Gründen und für dessen eigene Zwecke errichtet war. Es war nicht Freuds Traum, sondern mein eigener; und auf einmal verstand ich auch, was mein Traum bedeutete.
Dieser Konflikt veranschaulicht einen wichtigen Punkt in der Traumanalyse. Sie ist weniger eine  erlernbare Technik als vielmehr ein dialektischer Austausch zwischen zwei Personen. Behandelt man sie als mechanische Technik, dann geht die individuelle psychische Persönlichkeit des Träumers verloren, und das therapeutische Problem  wird auf die Frage reduziert: Wer von beiden,  der Analytiker oder der Träumer wird den anderen beherrschen? Ich wollte meinen Willen nicht anderen Menschen aufzwingen, sondern die Heilungsprozesse aus der eigenen Persönlichkeit des Patienten wachsen lassen, ohne die Würde und Freiheit des betreffenden Menschen einzuschränken."
 Was hier C. G. JUNG anhand der Traumdeutung während einer Lehranalyse bei Freud beschreibt, ist mein Grundproblem mit der Psychoanalyse nach Freud.

Im übrigen haben das Jung und seine Schüler auch nicht anders gehandhabt: Die Träume der Patienten dienten auch dort dem »fremden Verstand« als "Symbole" oder "Archetypen".

Montag, 27. Mai 2019

Schwan oder nicht Schwan

Darum verfehlt jeder einseitige, rein naturalistisch interpretierende Ansatz die Ganzheit des Lohengrin-Kosmos. Wenn ein Regisseur oder ein aufgeklärter Theatermann sagt, «der Schwan geht nicht mehr, sowas kann man heutzutage nicht mehr machen» dann ist das Argument nicht etwa klug und historisch taktvoll, sondern banausisch. Der Schwan ging, rein rational, nie: der ist nicht nur im Jahre 1990 ein unglaubliches Wunder, sondern war es auch zu Wagners Lebzeiten und sogar zu denen Heinrichs I. Wagner wollte halt das Wunderbare, das Romantische als Folie für ein differenziertes Liebesdrama und er brauchte das Historisch-Exakte als Folie für eine mythologische Tragödie. Wer also sagt, denkt oder fühlt, den Schwan nicht mehr ertragen zu können, weil der ihm zu opernhaft, zu surreal, zu unwirklich sei der kann in Wahrheit die Lohengrin-Oper nicht ertragen. Und sollte nicht etwa einen Lohengrin ohne Schwan geben, sondern auf diese Oper verzichten. …... Eine Aufführung, die für den Schwan zu schlau zu sein meint, ist in Wahrheit zu kleinmütig fürs Märchen: Die Verwandlung eines Menschen in einen Lindwurm oder in einen Schwan gehört im Siegfried wie im Lohengrin zur Sache.
J. Kaiser - schon 1990. - Aber die Regisseure haben sich seither nicht geändert und die Intendanten kuschen vor dem Feuilleton. 

Donnerstag, 9. Mai 2019

Gutestuer

Eine gute Übersetzung für "Gutmensch"!
👼

Und hier noch ein bißchen Senf von Montaigne:

...die sich aufblähen, wenn sie etwas Nützliches oder Unschuldiges getan haben .... Es ist ihnen schwer geworden, also muss es wertvoll sein. In dem Maße, wie etwas Gutes gut wirkt, ziehe ich von seiner Gutheit den Verdacht ab, daß es mehr deshalb getan worden ist, weil es gut wirkt, als weil es gut ist: das Gute, das zur Schau gestellt wird, ist halb entwertet. Viel feiner ist es, wenn das Tun wie von selbst und ohne Lärm vom Handelnden hervorgebracht wird, und wenn es dann von einem ehrlichen Menschen anerkannt und aus dem Dunkel herausgehoben wird; es tritt dann ans Licht als das, was es selbst ist.....

Dienstag, 9. April 2019

Weg=Ziel

Auf dem Wege kommt man nie „an“. Daß man dem Ziel näher kommt, merkt man daran, daß es immer ferner rückt. Bis man begreift, daß der Weg selbst das Ziel ist, das heißt eine Verfassung, die das Weiterschreiten garantiert, das nie endende und eben darin ewig schöpferisch-erlösende Stirb und Werde.
K. Dürckheim