Sonntag, 11. Juni 2023

Buschworte

 Gewißheit gibt allein die Mathematik. Aber leider streift sie nur den Oberrock der Dinge. Wer je ein gründliches Erstaunen über die Welt empfunden, will mehr. Er philosophiert - und was er auch sagen mag - er glaubt. - In meinem elften Jahr verblüffte mich der Widerspruch zwischen der Allwissenheit Gottes und dem freien Willen des Menschen; mit 15 Jahren zweifelte ich am ganzen Katechismus. Seit ich Kant in die Hände kriegte, scheint mir die Idealität von Zeit und Raum ein unwiderstehliches Axiom.

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 Werden wir jemals die Wahrheit in Worten fangen? - Nie! — Unsere Philosophie nach dem dreißigsten Jahr heißt Glaube.

 

WBusch



Kausalität vs Wahrscheinlichkeit

 Alle scheinbare Kausalität im Seelenleben stammt aus der Neigung vieler Psychologen, ihre Dogmen in einer mechanistischen oder physikalischen Verkleidung zu produzieren. Bald dient zum Vergleich ein Pumpwerk, das auf und nieder geht, bald ein Magnet mit polaren Enden, bald ein arg bedrängtes Tier, das um die Befriedigung seiner elementaren Bedürfnisse kämpft. In solcher Sicht ist freilich wenig von fundamentalen Verschiedenheiten zu sehen, wie sie das menschliche Seelenleben aufweist.

 Seit sogar die Physik ihnen den Boden der Kausalität entzogen hat, um statt dessen einer statistischen Wahrscheinlichkeit im Ablauf des Geschehens das Wort zu reden, dürfen wohl auch Angriffe auf die Individualpsychologie wegen ihrer Leugnung der Kausalität im seelischen Geschehen nicht mehr ernst genommen werden.

Alfred Adler

Donnerstag, 8. Juni 2023

Geschichte

 Es ist bedauerlich, daß die meisten Leute, die heute Geschichte machen, keine Ahnung von Geschichte haben.


Freitag, 17. März 2023

Selfies

  • Freundlicher Misanthrop
  • Resilientes Weichei
  • Differenzierender Skeptiker
  • Nüchterner Romantiker
  • Starker Mann mit schwachen Nerven

"Ambivalent" nennen das die Gesellschaftsschiedrichter, "unsicherer Kantonist" die Politiker. Mit solchen Leuten wie mir ist keine Partei zu machen und somit auch kein Staat.


Was die Einschätzung der Mitmenschen angeht, so halte ich es mit Schopenhauer - ausgenommen seine Äußerungen über die Frauen. Allerdings gehe ich ganz perfide vor: Ich begegne ihnen von Haus aus nicht mürrisch, sondern freundlich. Damit unterlaufe ich ihre Möglichkeit, an mir ihre Aggression auszuleben.

Montag, 6. Februar 2023

Wollen und Können

Und doch will ich zu Ehren der Frömmigkeit unserer Könige lieber glauben, daß sie, 

weil sie nicht konnten, was sie wollten, 

so getan haben, 

als wollten sie, was sie konnten.


Montaigne

Was wir heute Wahrheit nennen

 Was wir heute Wahrheit nennen, ist nicht, was wahr ist, sondern was man andern einreden kann: so wie wir Geld nicht nur die gesetzmäßig geschlagene Münze nennen, sondern auch die falsche, die mit umläuft.

Montaigne

Ziele und Fiktionen

 Hinter allen unseren Handlungen finden wir Pläne, Ziele, Erwartungen und Entscheidungen, die uns zu unserem Verhalten veranlassen, deren wir selbst aber nicht gewahr sind. Die meisten unserer Handlungen sind die Konsequenzen von Denkprozessen, deren wir uns nicht bewußt sind, die wir nicht erkennen und oft nicht kennen wollen. Sie haben aber den entscheidenden Einfluß auf unser Handeln. Alle diese Denkprozesse, die niemals zur Schwelle des Bewußtseins kommen, können als private Logik angesehen werden. Wenn immer wir anders handeln, als unser Gewissen es uns vorschreibt, dann handeln wir im Sinne unserer »privaten« Logik. Dies trifft aber nicht nur zu, wenn wir uns den Geboten der Situation entziehen wollen; im täglichen Leben beziehen wir uns nicht auf tatsächliche Gegebenheiten, sondern stehen unter dem Eindruck von einer Welt, die nicht immer der Realität entspricht. Wir nennen diese subjektive Beurteilung der Gegebenheiten das »phänomenologische Feld«, auf dem jeder Mensch sich bewegt und das nur für ihn allein gültig ist. Wir können niemals »Tatsachen« als solche erkennen; wir haben nur mehr oder weniger akkurate Eindrücke und Vorstellungen von ihnen. Diese aber bestimmen unsere Handlungen, unsere Einstellung und unsere Ziele. 

Wenn jemand wirklich objektiv sein könnte und alle Gegebenheiten objektiv erkennen könnte, dann würde er kaum an dem Prozeß der sozialen Entwicklung teilnehmen können, denn jedes Für hat auch ein Wider. Subjektivität ist notwendig, um eine bestimmte Richtung einzuhalten und eine andere aufzugehen. Jeder muß ständig wählen, vorziehen oder zurückweisen, im Rahmen seiner eigenen Einstellung, in dem dialektischen Prozeß, der allein zu Fortschritt und Entwicklung führt

Was sind nun die Gedankenvorgänge, die kognitiven Prozesse, die sich unterhalb der Schwelle des Bewußtseins abspielen und für unsere Handlungen ausschlaggebend sind? Wir können hier eine Hierarchie von Zielen feststellen, die nur das eine gemeinsam haben, daß sich der Mensch ihrer nicht gewahr ist. Da sind zuerst die weitgehenden und grundsätzlichen Ziele des Lebensstils. Jeder Mensch bildet sich, wie wir schon gesehen haben, in seinen ersten Entwicklungsjahren eine Vorstellung über sich, über die anderen und über das ganze Lehen. Das sind die Fiktionen, nach denen er handelt. Niemand ist sich aber seiner grundsätzlichen Einstellung bewußt. Verschiedene Faktoren tragen zu dieser bemerkenswerten Lage bei. Erstens werden diese grundsätzlichen Vorstellungen zu einer Zeit gebildet, wo das Kind kaum bewußt erfassen kann, was in ihm und um es herum vorgeht. Es folgt seinen »Eingebungen«, seinen momentanen Impulsen, ohne sich Gedanken über deren Bedeutung machen zu können. Der andere, viel tiefere Grund, warum wir die allbedeutenden Ziele des Lebensstiles nicht kennen können, ist die Notwendigkeit der subjektiven Einstellung. Jeder muß so handeln, »als ob« seine Beurteilung die einzig mögliche und absolut richtige sei. 


R. Dreikurs

Kult

Der Kult des Vegetarismus ist eine Art minderer Religion, eine falsche Askese, eine niedrige und auf gemeine Weise hypokritische Moral.

E. Ionesco

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Gegen Vegetarismus als solchen ist nichts einzuwenden, aber  "Kult" macht aus allem, auch aus Sinnhaften, Verzweckung.

Dabei kannte er noch gar nicht den Veganismus, der eine reine Kopfgeburt übersättigter, frustrierter Liberaler ist.