Warum haben denn keineswegs nur Aristoteles, sondern auch die meisten andern Philosophen es darauf an,gelegt, schwerverständlich zu schreiben, wenn nicht, um der Nichtigkeit des Gegenstands ein Ansehn zu geben und die Neugier unsres Geistes beschäftigt zu halten, indem sie ihm als Futter solch hohle und abgefleischte Knochen hinwerfen, auf daß er an ihnen herumnage? Kleitomachos erklärte, aus den Schriften des Karneades habe er niemals erkennen können, welcher Meinung er sei. Warum ist Epikur in seinen Werken dem Leichtverständlichen ausgewichen?
Warum tat Heraklit das gleiche (weswegen er der Dunkle genannt wurde)?
Die Schwerverständlichkeit ist ein Falschgeld, dessen sich die Gelehrten wie die Taschenspieler bedienen, damit die Nichtigkeit ihrer Kunst nicht ans Licht komme - und von
der menschlichen Dummheit wird es gern als gültiges Zahlungsmittel angenommen:
Der Ruhm des dunklen Heraklit glänzt allerorten
besonders in den hohlen Köpfen, denn sie wähnen verborgne Klarheit
hinter rätselhaften Worten.
Clarus, ob obscuram linguam, magis inter inanes, Omnia enim stolidi magis admirantur amantque Inversis quae sub verbis latitantia cernunt.
Montaigne, Essais II/12
Politische, kulturelle und politische Kommentare ; literarische Kletzen. Motto: Prudenter dubitare!
Montag, 8. März 2010
Wahrheit
Stets ist dem Wahren Unwahres beigemischt, und beide ähneln sich derart, daß es kein sicheres Kriterium für ein zustimmendes Urteil gibt.
Cicero in: Montaigne, Essais II/12
Hi sumus qui omnibus veris falsa quaedam adjuncta esse dicamus, tanta similitudine ut in iis nulla insit certe judicandi et assentiendi nota.
Nach dem umgekehrten Prinzip verfahren Politiker (und Journalisten), wenn sie der Unwahrheit stets ein Quentchen Wahrheit beimischen.
Cicero in: Montaigne, Essais II/12
Hi sumus qui omnibus veris falsa quaedam adjuncta esse dicamus, tanta similitudine ut in iis nulla insit certe judicandi et assentiendi nota.
Nach dem umgekehrten Prinzip verfahren Politiker (und Journalisten), wenn sie der Unwahrheit stets ein Quentchen Wahrheit beimischen.
Mittwoch, 3. März 2010
Brandstetter
Bisher habe ich Alois Brandstetter sehr geschätzt und ich tue es noch. Geärgert habe ich mich nur, als ich zuletzt "Almträume" las. Er entblödet sich darin nicht, ausführlich und mehrfach darüber zu berichten, daß er sein Landhaus bei Pichl einem kurdischen Asylanten überlassen hat. Schön und ehrenvoll für ihn, aber warum breitet er das seitenweise aus? Was will er uns damit sagen? Daß er nicht so ist wie wir Zöllner dahinten....?
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Und was soll das Wort "leider", wenn er über den Antisemitismus vergangener Jahrhunderte berichtet? Er selber schreibt an anderer Stelle, daß man die Vergangenheit nicht mit dem Wissen der Gegenwart beurteilen darf.
Antisemitismus war im 19. JH und früher ein Kavaliersdelikt, siehe Fontane, Wagner; deren begeistertsten Anhänge waren nicht selten selber Juden, die offensichtlich dabei nichts fanden. Wir können das heute nicht verstehen, dabei sollten wir es belassen.
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Und was soll das Wort "leider", wenn er über den Antisemitismus vergangener Jahrhunderte berichtet? Er selber schreibt an anderer Stelle, daß man die Vergangenheit nicht mit dem Wissen der Gegenwart beurteilen darf.
Antisemitismus war im 19. JH und früher ein Kavaliersdelikt, siehe Fontane, Wagner; deren begeistertsten Anhänge waren nicht selten selber Juden, die offensichtlich dabei nichts fanden. Wir können das heute nicht verstehen, dabei sollten wir es belassen.
Empathie
Empathie hat Saison. Es ist süß und ehrenvoll, den ganzen Schmerz der Welt mit-zu-erleiden. In diesem Zusammenhang einige Beobachtungen, ohne daß ich einen kausalen Zusammenhang postulieren will.
- Es scheint, daß die Empathie stärker wird mit der Distanz zum Objekt.
- Häufig konnte ich beobachten, daß sie durchaus konform gehen kann mit rüder Behandlung der Nahestehenden, die man vielleicht als Teil seiner selbst sieht und spürt; vielleicht lieben die Empathiker insgeheim sich selbst nicht so sehr; aber lieben muss man ja.
- Gerne wird bei der tätigen Ausübung der Empathie auf die Ressourcen von anderen zurückgegriffen, besonders gerne auf jene von Partnern, ob diese die empathischen Gefühle teilen oder nicht.
- Die meisten beschränken sich auf Gute Worte und fordern von anderen die Guten Werke
- In der Öffentlichkeit ist es gang und gäbe, daß man unausgesprochen die Mithilfe von anderen für die Mildtätigkeit verlangt, die man selber gerne ausüben will.
- Soweit gut, wenn man selber auch was dazu beiträgt und nicht nur die anderen in die Pflicht nimmt.
Demokratie
"Es ist ein Unglück, so weit gekommen zu sein, daß als der beste Prüfstein der Wahrheit die Menge der Gläubigen gilt, in einem Gewimmel, in dem die Zahl der Narren die der Weisen um ein so Vielfaches übertrifft. "
Montaigne
Montaigne
Freitag, 12. Februar 2010
Radfahrer
Lustiges Erlebnis: Gestern gehe ich in Richtung Fußgängerübergang Praterstern, als ein Radfahrer in voller Schußfahrt auf der Schneefahrbahn um die Ecke Heinestrasse biegt, sodaß ihm nur Ausweichen oder Bremsen übrig geblieben wären - was er aber nicht will oder kann. Beiderseitige Schrecksekunde, durch abruptes Stehenbleiben meinerseits kann gerade noch eine Kollision vermieden werden. Der Radfahrer schreit mir wütend zu: "Ein bißl mehr Rücksicht, ein bißl mehr Rücksicht!".
Ich bin überzeugt, daß ihm und seinen Gesinnungsgenossen die Ironie der Situation gar nicht bewußt ist - und auch nicht bewußt zu machen ist.
Sie sind halt immer im Recht.
Ich bin überzeugt, daß ihm und seinen Gesinnungsgenossen die Ironie der Situation gar nicht bewußt ist - und auch nicht bewußt zu machen ist.
Sie sind halt immer im Recht.
Sonntag, 7. Februar 2010
Othello-Mist
Gestern abend im Akademietheater die neue Inszenierung von Othello: Ein unglaublicher Mist wird da auf der Bühne produziert, sowohl im buchstäblichen wie übertragenen Sinn. Das Interessanteste war noch die Pause, in der eine Putzkolonne den Dreck wegschaffte, der in den ersten 3 Akten anfiel. Allein die unglaublich affektierte Sprechweise des Protagonisten Meyerhoff war penetrant, sollte wohl den Sprachduktus eines Schwarzen imitieren ?
Und wieder der deutsche Slang (wie auch bei M. Maertens). Wieso sind diese Herren bei uns Stars und nicht zuhause? Dabei gibt es genügend deutsche Schauspieler, die ganz ausgezeichnet sprechen können.
Shakespeare wird vom Regietheater anscheinend nur mehr als content engine mißbraucht, weil die Zeitgenossen nicht instande sind, packende Plots zu liefern. Daß sich dieser dubiose Regisseur auch gleich eine eigene Übersetzung gegönnt hat, hat natürlich nichts mit den Tantiemen zu tun! Dabei sehe ich schon ein, daß die Schlegel/Tieck-Übersetzungen auch ein falsches Bild ergeben: Da wurde der Eindruck erweckt, als sei Sh. ein deutscher Klassiker. Aber deutschen TV-Soap-Slang brauche ich wirklich nicht auf unseren Bühnen.
Ich wünsche mir eine "Originalklang"-Bewegung im Theater!
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Erheiternd: M. war am ganzen Körper schwarz geschminkt, hat aber dabei wohl vergessen, die Farbe auch unter der Vorhaut aufzutragen. Als er dann gegen Ende stückbedingt sich in Erregung steigerte, schimmerte es weiß von der dunklen Bühne...
Und wieder der deutsche Slang (wie auch bei M. Maertens). Wieso sind diese Herren bei uns Stars und nicht zuhause? Dabei gibt es genügend deutsche Schauspieler, die ganz ausgezeichnet sprechen können.
Shakespeare wird vom Regietheater anscheinend nur mehr als content engine mißbraucht, weil die Zeitgenossen nicht instande sind, packende Plots zu liefern. Daß sich dieser dubiose Regisseur auch gleich eine eigene Übersetzung gegönnt hat, hat natürlich nichts mit den Tantiemen zu tun! Dabei sehe ich schon ein, daß die Schlegel/Tieck-Übersetzungen auch ein falsches Bild ergeben: Da wurde der Eindruck erweckt, als sei Sh. ein deutscher Klassiker. Aber deutschen TV-Soap-Slang brauche ich wirklich nicht auf unseren Bühnen.
Ich wünsche mir eine "Originalklang"-Bewegung im Theater!
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Erheiternd: M. war am ganzen Körper schwarz geschminkt, hat aber dabei wohl vergessen, die Farbe auch unter der Vorhaut aufzutragen. Als er dann gegen Ende stückbedingt sich in Erregung steigerte, schimmerte es weiß von der dunklen Bühne...
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