Der NEUE MERKER:
Wiener
Staatsoper : PACKENDE
TOSCA-VORSTELLUNG MIT EMILY MAGEE UND FALK STRUCKMANN (16.11.2012)
Die Papierform verhieß
Außerordentliches –und die 554. Reprise in der unverwüstlichen Inszenierung von
Margarethe Wallmann (Ausstattung Nicola Benois) wurde tatsächlich eine packende
Puccini-Vorstellung – trotz Absage von Startenor Neil Shicoff! Aber im Zentrum
des Stückes steht ja der Konflikt zwischen Scarpia und Tosca. Und die waren
beide exzellent besetzt. Mit dem grandiosen Falk Struckmann, der einen machtlüsternen, virilen Polizeichefs
von Rom porträtierte und stimmlich aus dem Vollen schöpfte. Wirklich großartig
war auch das Debüt von Emily
Magee in der Titelrolle. Die hochgewachsene US-Sopranistin
bietet für die Primadonnen-Rolle alles, was man als Opernfreund hören will:
Lyrik und Dramatik, große Theatralik und hingebungsvolles Schmachten im Gebet;
strahlende Höhen und pastose Töne in der Tiefe – sie gibt eine noch junge
Tosca, die im dritten Akt zur Höchstform aufläuft. Und die sich in den Kostümen
bestens ausnimmt, die einst von einer Tebaldi, Rysanek, Price oder Nilsson
getragen wurden. Jedenfalls kann man sich nach dieser Tosca auf die
Ariadne-Premiere freuen – für Puccinis Primadonnen sind die Ansprüche der
Richard Strauss-Partituren offenbar ideal.
Als kompetenter Repertoire-Dirigent
erwies sich übrigens Philippe
Auguin, der einst bei Karajan und Solti „in
die Lehre“ ging. Dritter im Bunde war der Tenor-Einspringer Aquiles Machado. Der junge Mann stammt aus Venezuela und hat schon
1996 als Sänger im Rosenkavalier im Haus am Ring debütiert. Er schien sehr
nervös, stieß im zweiten Akt an seine dramatischen und im dritten Akt an seine
lyrischen Grenzen. Wohlwollendes Gesamturteil: ein sympathischer Tenor mit
Entwicklungspotential. Als Typ ein glaubhafter „latin lover“, als Sänger ein
noch uneingelöstes Versprechen. Positiv aufgefallen sind auch Janusz Monarcha als seriöser Cesare Angelotti, Alfred Sramek als köstlicher Mesner und Benedikt Kobel als übereifriger Spoletta.
Der Staatsopern-Chor lieferte ein exzellentes 1.Akt-Finale, das Staatsopern-Orchester hielt sich an die Protagonisten und steigerte sich
von Akt zu Akt. Zuletzt relativ kurzer, aber ehrlicher Jubel!
FK: Na ja, die Russen zog es
halt alle schon heftig zu ihrem Wodka ………Hr. Machado fand ich nicht so
schlecht, aber er ist auch gehandicapt durch sein Aussehen: Klein, mit großem
Kopf und tief sitzenden, großen Ohren, deswegen gefiel er den beiden Damen neben mir wohl nicht so besonders! ;=)
Nun zur TRAVIATA, 17.11.12 - Auch hier wieder die MERKER-Kritik:
… Es ist
müßig jetzt noch zu fragen, warum diese langweilige und uninspirierte
Inszenierung – ein richtiger Noteinkauf aus einem Sommerfestival der
französischen Provinz – unserem Repertoire eine derartige Qualitätslast sein
muß. Für das Jubeljahr hätte der angestaubte Schenk´sche Plüschzauber auch noch
gereicht, in dem war wenigstens auch noch die Traviata enthalten. Natürlich
muss unser Direktor immer wieder beteuern, dass er an dieser Arbeit von Jean-Francoise
Sivadier Gefallen
findet, wie sonst sollte er diesen Einkauf auch verteidigen.
Die Staatsoper konnte
früher aus dem Ensemble locker einen Alfredo besetzen, der mit der Weltklasse
mithalten konnte. Der Name Giuseppe Zampieri stand da z.B. für eine solche
Qualität, sein Einsatz als Ersatz für Größen wie etwa für einen di Stefano oder
einen Corelli bot keinen allzu großen Qualitätsverlust für den Abend. Jetzt hat
man einen Francesco Demuro für den Alfred und dieser hätte für
seine gesangliche Leistung früher die Bezeichnung “Krawatteltenor” erhalten und
genau so klingt er auch – und das zu unserem Leidwesen, weil in Zeiten, in
welchen in den Direktionen dem Gesang, aus Unkenntnis oder Unvermögen, wie auch
immer, offensichtlich weniger Bedeutung beigemessen wird, als etwa dem
Einfluss des Regisseurs. Nun, Letzterem wurde mit einem schönen, entblößten
Oberkörper des Tenors wohl genüge getan.
Wenigstens konnten die Titelrollenträgerin und auch noch der
Einspringer des Abends mit ihren Leistungen reüssieren. Ermonela
Jaho benötigte
etwas länger, um ihren breit geführten, dunklen Sopran vom gaumigen Beiklang zu
befreien und ausdrucksstark zum klingen zu bringen und sie überzeugte auch,
soweit das die Inszenierung zuließ darstellerisch. Giorgio
Meoni, bekannter Gast als Kavaliersbariton in den meisten
europäischen Opernhäusern konnte mit seiner kräftigen, gut geführten und
höhensicheren, allerdings wenig farbigen Stimme überzeugen. Dass er im letzten
Bild mit dem selben Anzug herumrennen muß wie beim Fest Floras ist ein falscher
Spargedanke am Haus, oder soll das ganze doch nur eine miserable Opernprobe
darstellen, deren Schlußszene einer Parodie entstammen könnte, in welcher statt
des Zusammenbruchs Violettas plötzlich hinter ihr Annina zu Boden plumpst?
(FK: Nicht einmal ein Bett zum Sterben gönnte dieser „Regisseur“
der armen Violetta. Wie erbärmlich und armselig diese Inzenierungen, keinerlei
Phantasie, und wenn, dann nur für ablenkende Mätzchen! –- Fr. Jaho fand ich
ziemlich gut!)
Die
Wiener Philharmoniker, überhaupt der weiche Klang ihrer Celli, überzeugten
ebenso wie der Chor unter Thomas Lang, alle unter der routinierten Leitung von Bertrand
de Billy. Im Graben, da findet noch Verdi statt.
FK: Und noch mehr
Russen! Man sollte vor der Vorstellung den Handy-etc.-Hinweis statt auf Japanisch
besser auf Russisch abspielen, denn die Japaner, die nach Wien kommen, können
eher Englisch als die neureichen Russen!