Grass würde es nicht gerne hören, aber die ganze Aufregung um sein Israelgedicht erinnert mich an Thilo Sarrazin: Hier wie dort hat einer eine Meinung artikuliert, welche die eher unklaren Gedanken vieler, wahrscheinlich der meisten Bürger wiedergibt - und wird unverzüglich und unisono von den "Meinungsführern" niedergebrüllt.
Führer, die brüllen müssen, sind schlechte Führer. Wovor haben sie Angst?
Vor ihren "Untergebenen" oder ihren "Vorgesetzten", wahrscheinlich vor beiden.
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Oder verstehen sie sich ohnehin mehr als "Meinungsmacher"?
Das ist auch zeitgemäß, denn:
Alles, was ihr braucht zum Leben,
Kauft ihr fertig vom Regal.
Geradeso bezieht ihr eben
Auch Werte, Meinung und Moral.
So so - dummdreist sind also und Gedicht und Mann, weil sie ausdrücken, dass die Mehrheit der Bürger mehr Angst vor Israel als vor Iran haben. Sie wissen's halt nicht besser, aber dafür haben wir ja die Eliten. Für die ist wohl die Demokratie ganz was Schreckliches! Was tun, wenn das Volk den Meinungsführern nicht folgt? Dann ist allemal das Volk schuld, nicht wahr?
Als "dummdreist" und "undicht" im Sinne von "inkontinent" empfinde ich eher den Kolumnisten. War er es nicht, der unerschrocken für das Frühjahr den Zusammenbruch des Finanzsystems prophezeit hat. Nun, viel Zeit ist nicht mehr. Vielleicht wirft er sich deswegen nun auf politisch-historische Themen.