"Was tut eine Katze? Sie frißt, sie jagt, sie tobt herum, sie lauert. Sie denkt nicht. Natürlich geht in ihrem Gehirn etwas vor, aber wir täuschen uns, wenn wir meinen, sie denke. Sie denkt nicht, denn sie hat keine Begriffe. Denken heißt: Instinkte in Begriffe verwandeln. (Der Denkansatz bei der Entschlüsselung der artificial intelligence, der die Entschlüsselung der natürlichen Intelligenz vorausgehen muß, also die Antwort auf die Frage: haben Computer eine Intelligenz?, ist falsch, weil er an der Begriffseite beginnt; er müßte an der Instinktseite anfangen.) Ein Bein und der Schwanz hängen übers Fensterbrett herunter. Über die Silhouette erhebt sich nur ein Ohr. Wenn sie weder frißt, jagt, tobt und so fort, schläft sie.
Wecken
hieße: sie ein klein wenig töten. Nicht nur die Katze, jedes Lebewesen. Ein
gewaltsames oder auch nur durch unberechenbare äußere Einflüsse herbeigeführtes
Ende einmal beiseite gelassen, hat jedes Lebewesen, vermute ich, ein
zugewiesenes Maß an Lebenskraft, das sich im Lauf seines Lebens verbraucht; und
dann erlischt es, das Leben. Wenn das Lebewesen schläft, verbraucht es keine
Lebenskraft oder vielleicht nur ganz, ganz wenig. Was es schläft, lebt es
länger. Mozart hat so wenig geschlafen, heißt es. Wenn er mehr geschlafen
hätte, hätte er vielleicht länger gelebt, aber mehr geschrieben hätte er auch
nicht, denn im Schlaf hat er nicht geschrieben, das nicht; unter allen
möglichen Umständen hat er geschrieben, aber im Schlaf nicht.
Langgestreckt,
schwarz, seidig glänzendes Fell, tief atmend, draußen der leichte Nebel auf der
herbstlichen Wiese. Nicht wecken: sie verlängert grad ihr Leben."
H. Rosendorfer
Muezza (arabisch معزة) war nach der Überlieferung die Katze des islamischen Religionsstifters Mohammed. Über sie existieren einige Legenden: Um das in seinem Arm schlafende Tier nicht zu wecken, soll Mohammed ohne Zögern den Ärmel seines Gewandes abgeschnitten haben, als er zum Gebet gerufen wurde.
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