Schopenhauer-Metaphysik
Die
kosmogonischen Betrachtungen geben uns zunächst zu zwei metaphysischen Anlaß.
Erstlich, daß im Wesen aller Dinge eine Zusammenstimmung begründet ist, vermöge
welcher die uranfänglichsten, blinden, rohen, niedrigsten Naturkräfte, von der
starrsten Gesetzlichkeit geleitet, nichts Geringeres zustande bringen als das
Grundgerüst einer Welt, mit bewunderungswürdiger Zweckmäßigkeit zum
Entstehungsort und Aufenthalt lebender Wesen eingerichtet, in der
Vollkommenheit, wie es die besonnenste Überlegung, unter Leitung des
durchdringendsten Verstandes und der schärfsten Berechnung, nur irgend vermocht
hätte. Die zweite durch jene Kosmogonie veranlaßte metaphysische Betrachtung
ist eben, daß selbst eine so beträchtlich weit reichende physische Erklärung
der Entstehung der Welt dennoch nie das Verlangen nach einer meta physischen
aufheben, oder die Stelle derselben einnehmen kann. Im Gegenteil, je weiter man
der Erscheinung auf die Spur gekommen ist, desto deutlicher merkt man, daß man
es nur mit einer solchen und nicht mit dem Wesen der Dinge an sich selbst zu
tun hat. Damit meldet sich denn das Bedürfnis einer Metaphysik.
Vielmehr
werden die größten Fortschritte der Physik das Bedürfnis einer Metaphysik immer
fühlbarer machen.
Die Physik vermag nicht auf eigenen Füßen zu
stehen, sondern bedarf einer Metaphysik, sich darauf zu stützen, so vornehm sie
auch gegen diese tun mag.
A. Schopenhauer
Heute müsste man das Wort "vornehm" wohl durch "überheblich" ersetzen.