Mein von
Neugier getriebener erster Besuch am frühen Sonntag-Vormittag des 9.12. bescherte mir
gleich dreifachen Ärger:
- Wieso man der U1-Station "Südtiroler
Platz" den Zusatz "Hauptbahnhof" verpasst hat,
ist mir völlig schleierhaft, ist sie doch bestenfalls der Ausgangspunkt
für eine längere Expedition zu den weit entfernten Geleisen des neuen
Bahnhofs. Obwohl das nach den Plänen zu erwarten war, hat mich doch
überrascht, wie lange man in Wirklichkeit vom U-Bahnsteig zu den
Regional-Bahnsteigen braucht. Selbst ein Olympionike ohne Gepäck schafft
das kaum unter 10 Minuten. Dass es nur lebende Wegweiser gab, will ich gar
nicht so sehr kritisieren, hätte man doch früher auch noch auf diese
verzichtet. Die auf den Plänen angegebenen Wegzeiten grenzen an eine
bewusste Irreführung. Aber es sind
ja 2 verschiedene Verkehrsunternehmen, die sich - auch historisch gesehen
- niemals nahe standen. Wer nun von der Ostseite via Linie-D
ankommt, findet außer ein paar Automaten und (nur aufwärts führenden)
Rolltreppen und Aufzügen keinerlei Infrastruktur vor. Immerhin, das
Taxigewerbe wird sich über das stadtabgewandte
Eingangs-Portal freuen.
- Mancher liebt zwar Züge, aber nicht unbedingt
den Zug: Man hat den Eindruck, dass die beschwingte Architektur den Wind
noch zusätzlich maximal einfängt. Tatsache ist, dass dieser Bahnhof
derzeit nach allen Seiten hin in einer Weise offen ist, wie das
sonst nur auf vernachlässigten, entlegenen Provinz-Haltestellen zu finden
ist. Aber da die ÖBB für sich ohnehin Schweizer Pünktlichkeit reklamieren,
brauchen die Kunden eh immer nur ganz kurz dort zu warten, nicht wahr! Und
natürlich wird er später im Vollausbau von jenen hohen, windabweisenden
Gebäuden umgeben sein, die ja wohl den Hauptzweck diesen neuen Bahnhof-Quartiers
darstellen. Und Schneestürme gibt es ja nur selten in Wien!
- Zugegeben: In Zeiten, wo auch im Burgtheater längst der sprachliche Anschluss vollzogen ist, sollte man sich über den betont nordischen Zungenschlag des Ansage-Computers nicht mehr aufregen. In Salzburg-Hbf. glaubte ich noch, das sei der Tatsache geschuldet, dass dies zur Hälfte ein Bahnhof der DB ist. Aber muss das wirklich beim "Hauptbahnhof-Wien" auch so sein? - Man glaubt sich auf den Bahnhof Norddeich-Mole versetzt - nur dass es dort nicht so zugig ist. Andererseits: Die Privat-TV-gewohnten Ohren der meisten Besucher hören wahrscheinlich gar nicht mehr den Unterschied und die Nordlichter, die zu uns aus Besuchs- oder Job-Gründen kommen, fühlen sich sofort heimisch! Und vor dem Migrationshintergrund klingt sowieso alles gleich.
Insgesamt
finde ich die Bezeichnung "Hauptbahnhof"
für dieses Provisorium irreführend und reichlich vollmundig - wie überhaupt bei den ÖBB die Devise gilt: Mehr scheinen als sein! Gefährlich wird es immer dann, wenn eine Firma ihre eigenen Werbesprüche glaubt.
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