Dienstag, 20. Februar 2018

Innviertler Zechen

Wie mir meine Mutter berichtet hat, haben mein Vater und seine Brüder als Söhne eines großen Innviertler Bauern bei ihrer Zeche, den sog. "Stoabömlern" eine bedeutende aktive Rolle gespielt.

Dazu 2 Texte:

(1) Alois Brandstetter, aus "Überwindung der Blitzangst."
"Früher spielten im Leben der Innviertler die sogenannten Zechen eine wichtige Rolle. Es handelte sich bei den Zechen um Vereinigungen junger, heiratsfähiger Männer nach Art alter Blutsbruderschaften, Schutz- und Trutzbünden, deren Mitglieder einander durch Abstammung oder Ausübung desselben Berufes nahestanden, und die sich darüber hinaus durch einen Treueschwur fest zusammenschlossen.
Die Zechen traten vor allem auf Festen in Erscheinung, deren Verlauf sie in ihrer Art gestalteten. Es genügte, wenn ein Angehöriger einer fremden Zeche einem Einheimischen ein unrechtes Wort sagte oder auch nur ein Mädchen, über das eine andere Zeche die Hand hielt, um den Tanz bat, daß die Ehre der einen Zeche als verletzt galt und nach Genugtuung verlangte. Was dann zu geschehen pflegte, beschäftigte jahrein, jahraus die Bezirksgerichte von Ried im Innkreis, Braunau und Schärding. Wegen der Häufigkeit entsprechender Schlägereien und Händel warteten die Richter nicht selten die Rache einer unterlegenen Zeche auf dem nächsten Kirchweihfest ab, um mehrere Einzelaktionen zusammenfassen und im Zusammenhang verhandeln zu können. Waren die Urteile schließlich gesprochen, setzten die streitenden Parteien ihren Kampf oft gleich auf der Straße vor dem Gerichtsgebäude fort oder begannen ihn aufs neue, vor den Augen der Justiz. Von einem abgeschlossenen Verfahren oder einem beigelegten Streit konnte man unter diesen Umständen kaum sprechen. Vielmehr liefen Kampf und Rechtsprechung nebeneinander her, wobei wechselweise eins das andere hervorrief und weitertrieb. ·
Die Zechen kämpften im freien Stil miteinander. Es gab keine Konventionen, was das Arsenal der benützten Waffen betraf, wenn sich auch einzelne Zechen auf den Gebrauch bestimmter Instrumente und Praktiken spezialisiert hatten. So waren beispielsweise die Brüder der Zeche von Kopfing für den geschickten Umgang mit dem Krückerl, dem Kurzgeweih junger Rehe, bekannt und gefürchtet. Ihre Opfer sahen besonders übel aus. Bei anderen Zechen wieder stand das Schnappmesser, Veitel genannt, in Ansehen. Auch Schlagringe, ja selbst Dolche und Krummsäbel fanden Verwendung. Einige dieser Geräte konnten auf eine lange Tradition zurückblicken. und spielten bereits im Dreißigjährigen Krieg und in den Bauernkriegen eine Rolle im Brauchtum des Landes. Wenn der Kampf dem Höhepunkt zustrebte, wurde in der Regel alles eingesetzt, was gerade greifbar war, auch Geschirr, Bratpfannen, ausgehängte Fenster, abgeschlagene Henkel von Bierkrügen, der Handlauf des Stiegengeländers, Ofenrohre, Stuhlbeine, die Instrumente der Musikkapelle, Lampenschirme und Kruzifixe.
Ähnlich wie die Fehden der germanischen Männerbünde hatten auch die Schlägereien der Innviertler Zechen sakralen Charakter. Das fand nicht zuletzt seinen Ausdruck darin, daß die Tätlichkeiten von Flüchen’ und Verwünschungen· der Kontrahenten sowie von Seufzern und Stoßgebeten der zusehenden Mädchen begleitet wurden. Immer wieder wurden Jesus, Maria, Joseph und alle Heiligen angerufen, zwischendrein auch die Namen der im Kampf Liegenden. Wer jemals Zeuge dieser herzhaften bajuwarischen Liturgie war, der weiß, was die Theologen meinen, wenn sie von einer leidenden, einer streitenden und einer triumphierenden Kirche sprechen. Bis hin zum Zweiten Weltkrieg gestalteten die Zechen das gesellschaftliche Leben des Innviertels. Damals übertrug ein Sohn diese Landes ihren Stil auf die hohe Politik, womit er kein geringes Aufsehen in der Welt erregte." 
Nach dem zweiten Weltkrieg, also in meiner Kindheit, gab es noch Versuche, das Zechenwesen wieder aufleben zu lassen, aber es reichte dann eigentlich nur mehr zu Wirtshausraufereien. Ich kann mich noch erinnern, dass manchmal nach großen Bauernhochzeiten einige junge Männer in der Umgebung mit verbundenen Köpfen herumliefen. Übrigens hat Brandstetter eine der wichtigsten Waffen nicht erwähnt: Steinerne Bier- bzw. Maßkrüge.
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(2) Aus den OÖN weitere nette Details dazu:


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