Mittwoch, 22. November 2017

Katzenträume

»Indem ich«, sprach Kreisler, »diesen klugen Kater betrachte, fällt es mir wieder schwer aufs Herz, in welchen engen Kreis unsere Erkenntnis gebannt ist. - Wer kann es sagen, wer nur ahnen, wie weit das Geistesvermögen der Tiere geht! Wenn uns etwas oder vielmehr alles in der Natur unerforschlich bleibt, so sind wir gleich mit Namen bei der Hand und brüsten uns mit unserer albernen Schulweisheit, die eben nicht viel weiter reicht als unsere Nase. So haben wir denn auch das ganze geistige Vermögen der Tiere, das sich oft auf die wunderbarste Art äußert, mit der Bezeichnung Instinkt abgefertigt. Ich möchte aber nur die einzige Frage beantwortet haben, ob mit der Idee des Instinkts, des blinden willkürlosen Triebes, die Fähigkeit zu träumen vereinbar sei. Daß aber z. B. Hunde mit der größten Lebhaftigkeit träumen, weiß jeder, der einen schlafenden Jagdhund beobachtet hat, dem im Traum die ganze Jagd aufgegangen. Er sucht, er schnuppert, er bewegt die Füße, als sei er im vollen Rennen, er keucht, er schwitzt. - Von träumenden Katern weiß ich zur Zeit nichts.« 
»Der Kater Murr«, unterbrach Meister Abraham den Freund, »träumt nicht allein sehr lebendig, sondern er gerät auch, wie deutlich zu bemerken, häufig in jene sanfte Reverien, in das träumerische Hinbrüten, in das somnambule Delirieren, kurz, in jenen seltsamen Zustand zwischen Schlafen und Wachen, der poetischen Gemütern für die Zeit des eigentlichen Empfanges genialer Gedanken gilt. In diesem Zustande stöhnt und ächzt er seit kurzer Zeit ganz ungemein, so, daß ich glauben muß, daß er entweder in Liebe ist oder an einer Tragödie arbeitet.« 
E. T. A. Hoffmann, Kater Murr.

Also, unsere Katzen haben immer geträumt und auch im Schlaf "gesprochen". Was gäbe ich drum, wenn ich wüsste, worüber!
Katze im Café 
"Am Bahnhof bemerkte er, daß er noch eine Stunde Zeit hatte. Er rief sich ins Gedächtnis, daß es in einem Café auf der Calle Brazil eine riesige Katze gab, die sich streicheln ließ als sei sie eine verachtende Gottheit. Er betrat das Café. Da war die Katze und schlief. Er bestellte eine Tasse Kaffee, rührte um, schlürfte sie langsam und dachte, als er den schwarzen Mantel der Katze glättete, daß dieser Kontakt eine Illusion sei, daß diese beiden Existenzen, Mensch und Katze, wie durch eine Glasscheibe getrennt sind, denn der Mensch lebt in der Zeit, in der Abfolge, während das magische Tier in der Gegenwart lebt, in der Ewigkeit des Augenblicks." 
Aus: J.L.Borges, Ficciones 

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